Kann man gegen Vitamin B12 allergisch sein?
Wenn Patienten mit Hautausschlägen in die Apotheke kommen, gilt es auch an Kontaktallergien zu denken. Häufige Auslöser für Kontaktallergien sind Metalle wie Nickel und Kobalt, Latex, Klebstoffe beispielsweise in Pflastern, Duftstoffe und ätherische Öle, Reinigungs- und Lösungsmittel, aber auch Arzneimittel, die auf die Haut aufgetragen werden.
Friseure beispielsweise sind durch Metallwerkzeuge einem erhöhten Risiko für Nickel- und Kobalt-Allergien ausgesetzt. In einer Studie litten 11,4 Prozent von 70 befragten Friseuren an einer Nickel-Allergie und 2,9 Prozent zusätzlich an einer Kobalt-Allergie.
Während es also bei einem Hautausschlag zunächst gilt, der Ursache auf den Grund zu gehen, dürfte für PTA zusätzlich interessant sein, dass eine bekannte Kobalt-Allergie auch bei der Abgabe von Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln relevant sein kann.
Vitamin B12: Bei Hautausschlag zum Arzt
So wies die britische Arzneimittelbehörde MHRA (Medicines and Healthcare products Regulatory Agency) Ende letzten Jahres darauf hin, dass Präparate, die zur Behandlung eines Vitamin-B12-Mangels eingesetzt werden, genauso wie endogenes Vitamin B12 eine Kobalt-Komponente enthalten. Gemeint sind Präparate mit den Inhaltsstoffen Cyanocobalamin oder Hydroxocobalamin.
Ein bis drei Prozent der Allgemeinbevölkerung seien schätzungsweise von einer Kobalt-Allergie betroffen. Deshalb rät die MHRA, bei Entwicklung eines Hautausschlags oder von Nesselsucht unter Vitamin-B12-Supplementation einen Arzt aufzusuchen. Die Überempfindlichkeitsreaktion könne sofort oder mit einer Verzögerung von zwölf bis 72 Stunden nach Exposition auftreten.
Die Warnung der MHRA basiert auf drei Fallberichten sowie Hinweisen aus der Literatur.
Zur Erinnerung: Was ist Vitamin B12?
Vitamin B12 ist der Sammelbegriff für eine Reihe von Verbindungen, die als Cobalamine bezeichnet werden. Die für den Menschen wichtigsten Cobalamine sind Cyanocobalamin und Hydroxocobalamin, zwei Vorstufen, die in der Leber zu den aktiven Coenzymen Adenosyl- und Methylcobalamin umgewandelt werden.
Bei Allergie Supplementation mit B12 abwägen
Tritt nur ein Hautausschlag auf, ist das angesichts der Wichtigkeit der Versorgung mit Vitamin B12 laut MHRA allerdings keine Kontraindikation für die Supplementation.
Trat jedoch bei Menschen mit Kobalt-Allergie eine schwere allergische Reaktion in der Vergangenheit auf, gilt es Nutzen und Risiken einer Behandlung gut abzuwägen – wenn beispielsweise von einer ausreichenden Vitamin-B12-Versorgung über die Nahrung auszugehen ist.
Außerdem kommen Hydroxocobalamin-Produkte auch bei Cyanid-Vergiftungen zum Einsatz, wobei eine Kobaltallergie offensichtlich auch keine Kontraindikation wäre.
Künftig sollen die Produktinformationen in Großbritannien darauf hinweisen, dass in Vitamin B12 Kobalt enthalten ist. Literatur
www.gesundheitsinformation.de/kontaktallergie.html
www.nachrichten.idw-online.de/2021/08/27/nickel-und-kobaltallergie-im-friseurhandwerk-neue-studie-an-der-universitaet-osnabrueck
www.gov.uk/drug-safety-update/vitamin-b12-hydroxocobalamin-cyanocobalamin-advise-patients-with-known-cobalt-allergy-to-be-vigilant-for-sensitivity-reactions
www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-b12/
www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7689651/
Zur Erinnerung: Wann ist eine Vitamin-B12-Supplementation sinnvoll?
„Da Vitamin B12 ausschließlich in tierischen Lebensmitteln vorkommt, ist die adäquate Versorgung vegan lebender Personen besonders kritisch und ohne die Einnahme eines Supplements oder den Verzehr angereicherter Lebensmittel nicht möglich. Auch Ovo-Lacto-Vegetarier sind häufig nicht ausreichend versorgt.
Die Dosierung eines Supplements zur Prophylaxe eines Vitamin-B12-Mangels sollte sich bei fehlender alimentärer Aufnahme an den Zufuhrempfehlungen der DGE orientieren. Bei Senioren sind je nach Ausprägung einer zugrundeliegenden atrophischen Gastritis auch höhere orale Dosierungen nötig.
Bei bereits klinisch manifesten Mangelzuständen sind die notwendigen Dosierungen wesentlich höher. Ein schweres Vitamin-B12-Defizit mit manifesten neurologischen und/oder hämatologischen Symptomen wird zunächst vier Wochen lang mit intramuskulärer Gabe von 1.000 µg Cyano- oder Hydroxocobalamin therapiert, anschließend erfolgt eine orale Gabe von 500 µg bis 1.000 µg Vitamin B12 pro Tag.“ Quelle: Podlogar J, Smollich M. Vitamin-B₁₂ -Mangel oft unterschätzt. DAZ 2018, Nr. 26, S. 38