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Erstattungsfähig: Melatonin bei Kindern mit ADHS

Mädchen schaut schlaflos im Bett auf ihren Wecker
Haben andere Maßnahmen nicht funktioniert, kann Kindern mit ADHS, die an Schlafstörungen leiden, Melatonin verschrieben werden. | Bild: Daisy Daisy / AdobeStock

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 9. Januar 2024 eine grundlegende Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AMR) hinsichtlich des Wirkstoffs Melatonin beschlossen. Die Neuerungen betreffen Kinder und Jugendliche, die an einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) leiden.

Melatonin bei ADHS: Erstattung über die GKV

In der überarbeiteten Anlage 2, welche sich mit Verordnungsausschlüssen von Lifestyle-Medikamenten beschäftigt, wurde unter dem Punkt „Durch die Lebensführung bedingte, kurzzeitige nichtorganische Störungen des Schlaf-wach-Rhythmus“ bei dem Wirkstoff Melatonin eine neue Ausnahme hinzugefügt. 

Diese ermöglicht es, Melatonin zur Behandlung von ADHS-Patienten im Alter von 6–17 Jahren zulasten der gesetzlichen Krankenkasse zu verordnen. Die AMR Anlage 2 wurde diesbezüglich zuletzt in 2009 überarbeitet.

Zur Erinnerung: Was ist Melatonin?

Melatonin ist ein körpereigenes Hormon, das den Schlaf-wach-Rhythmus steuert und somit unsere innere Uhr – den zirkadianen Rhythmus. Hauptsächlich wird das Hormon in der Zirbeldrüse – einem Teil des Zwischenhirns – produziert, und zwar dann, wenn es dunkel ist. Durch den Anstieg des Schlafhormons sinkt die Körpertemperatur und wir werden müde.

Regelmäßige Arztkontrollen unter Melatonin-Therapie

In der Anlage 3 werden die Bedingungen für die Erstattungsfähigkeit konkretisiert. Hierbei ist entscheidend, dass andere Maßnahmen wie Schlafhygiene und die Umstellung einer bereits bestehenden ADHS-Medikation mit Psychostimulantien wie Methylphenidat (Concerta®, Equasym®, Medikinet®) erfolglos waren.

Nach den ersten drei Monaten sollte ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt erfolgen, um über eine Therapieweiterführung zu sprechen. Diese ist erst dann sinnvoll, wenn ein erster Behandlungserfolg festgestellt werden konnte. Anschließend sind regelmäßige Kontrollen, mindestens alle sechs Monate, erforderlich. So wird sichergestellt, dass der Wirkstoff Melatonin langfristig die am besten geeignete Behandlungsmethode darstellt.

Wenn bereits Medikamente gegen ADHS eingenommen werden, sollte eine Dosisanpassung oder ein Wechsel der Medikation in Betracht gezogen werden, insbesondere wenn die Schlafstörungen erstmals während der laufenden ADHS-Behandlung aufgetreten sind. Die Neuerungen in der Anlage 3 sind unter dem Punkt 32 „Verordnungsfähigkeit von Hypnotika und Sedativa“ zu finden.

Gut zu wissen: Wirkung und Nebenwirkung von Melatonin

  • Wirkung: Melatonin verbessert vor allem das Einschlafen, wobei die positive Wirkung bereits nach wenigen Tagen eintreten kann. Neben verbessertem Schlaf können positive Veränderungen im Verhalten und der Stimmung beobachtet werden. Außerdem zeigen sich positive Effekte auf die nächtliche Schlafdauer bei Kindern mit anderen Erkrankungen wie einer Autismus-Spektrum-Störung.
  • Wirkweise: Melatonin ist ein Agonist am Melatoninrezeptor 1 und 2. Es besitzt Radikalfängereigenschaften in den Mitochondrien und fördert die Bildung antioxidativer Enzyme.
  • Nebenwirkungen sind u. a. morgendliche Müdigkeit, häufiges Einnässen, Kopfschmerzen und Durchfall
  • Wechselwirkungen und Kontraindikationen sind bei Kindern fast irrelevant. Sie werden bedingt durch die Verstoffwechslung des Wirkstoffs über das CYP1A-Enzymsystem.

Melatonin Vitabalans mit geeigneter Zulassung

Die Grundlage für die Änderung der Arzneimittel-Richtlinie bildet das Fertigarzneimittel Melatonin Vitabalans. Es ist derzeit für die Therapie von Einschlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen zwischen sechs und 17 Jahren mit ADHS zugelassen, wenn Maßnahmen zur Schlafhygiene nicht ausreichend waren. *Anmerkung der Redaktion: Eine Erstattungsfähigkeit von Vitabalans ist noch nicht geregelt.

Melatonin Vitabalans ist in Tablettenform mit 3 mg und 5 mg erhältlich. Ziel der Therapie ist es, die Lebensqualität von Betroffenen deutlich zu erhöhen.

Gut zu wissen: Nahrungsergänzungsmittel mit Melatonin

Zubereitungen und Arzneimittel mit Melatonin sind in Deutschland verschreibungspflichtig, trotzdem sind die Regale in Drogerie- und Supermärkten voll von Melatonin-Präparaten. Wie kann das sein? 

Bei diesen freiverkäuflichen Präparaten handelt es sich um Nahrungsergänzungsmittel. Für die Marktrücknahme von Nahrungsergänzungsmitteln sind nicht Bundesbehörden wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zuständig, sondern die Lebensmittelüberwachungsbehörden der einzelnen Bundesländer. 

Um ein entsprechendes Nahrungsergänzungsmittel vom Markt zu nehmen, müssen die jeweiligen Präparate von der Arzneimittelüberwachungsbehörde des Bundeslandes, in dem der Hersteller seinen Sitz hat, als Arzneimittel eingestuft werden. Zunächst muss also ein Gericht entscheiden, ob das Präparat eine pharmakologische Wirkung aufweist und es sich damit um ein Arzneimittel handelt. 

Eine getroffene Entscheidung ist nur für das konkrete Produkt bindend und bis zur endgültigen Klärung darf das Präparat weiter verkauft werden. /ab