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Ab 1. Januar 2024: Cannabis: Verordnungen bald ohne BtM-Rezept

Zwei Dosen mit Cannabis stehen auf dem Tisch
Ab 1. Januar 2024 unterliegt Medizinalcannabis voraussichtlich nicht mehr dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG). | Bild: Africa Studio / AdobeStock

Am 6. November befasste sich der Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages mit dem Cannabisgesetz, und stellte Experten und Verbänden dazu seine Fragen. Genauer gesagt ging es um Säule eins des Gesetzes „zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften“. Durch das Gesetz soll unter anderem der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis straffrei werden. Es wird möglich, zu nicht kommerziellen Zwecken Marihuana entweder in Eigenregie oder in Anbauvereinen zu züchten.

In der Anhörung befürworteten Drogenforscher, Suchtmediziner und Psychotherapeuten die Entkriminalisierung. Denn bislang beschränkte sich das „Hilfsangebot“ der Politik für Konsumierende auf die Strafverfolgung der Betroffenen. Nun kann die Suchthilfe gezielt eingreifen, zudem können anders als auf dem Schwarzmarkt Konsumenten aufgeklärt und die Sicherheit der Produkte kontrolliert werden.

Kritik an der Cannabis-Legalisierung

ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening hingegen lehnte das Gesetz im Einklang mit Bundesärztekammer-Chef Klaus Reinhardt ab. „Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass die Legalisierung die Prävalenz von Cannabiskonsumstörungen deutlich zunehmen lässt“, sagte Overwiening. Die Erfahrungen stammen etwa aus den USA.  

In Washington State, wo Cannabis seit 2012 aus kommerziellen Lieferketten legal ist, nehmen Freizeitkonsum und Konsumstörungen einer Umfrage zufolge zu. Doch eine solche Legalisierung wäre ohnehin erst in Säule zwei des Cannabisgesetzes vorgesehen. Und auch dort nur in Regionen, die sich für Modellvorhaben bereiterklären. Einen Gesetzesentwurf dafür legte die Bundesregierung noch nicht vor.

Doch die Säule eins steht auf der Zielgeraden. Hält die Regierung an ihrem Zeitplan fest, könnte das Gesetz noch Ende November verabschiedet werden und zum 1. Januar 2024 in Kraft treten.

BtM-Dokumentation endet für Apotheken

Mit Inkrafttreten des Gesetzes wird Medizinalcannabis nicht mehr dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) unterliegen. Weder die BtM-Dokumentation ist dann vorgeschrieben noch die Lagerung im Tresor. Das spart Apotheken Zeit.  

Die Bundesregierung schätzte im Kabinettsentwurf des Gesetzes, dass pro Verordnung fünf Minuten weniger Bearbeitungszeit nötig seien. Das würde Apotheken bundesweit jährlich über zwei Millionen Euro an Personalkosten sparen.

Christiane Neubaur, Geschäftsführerin des Verbands Cannabisversorgender Apotheken (VCA) hält diese Einschätzung für realistisch. „Dass das Medizinalcannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz fällt, erleichtert vieles“, sagt sie.

Deutlich einfacher wird die Arbeit mit Cannabis dadurch aber nicht. „Da müssten wir an die Identitätsprüfung ran – etwa validierte Schnelltests statt der Dünnschichtchromatografie. Hier bräuchten wir eine bundesweite Lösung“, sagt die VCA-Geschäftsführerin.  

In Deutschland variieren die Anforderungen, die Pharmazieräte zur Identitätsprüfung von Cannabisblüten vorsehen, teilweise von Landkreis zu Landkreis. In einigen Orten genügt die Prüfung mittels Infrarotspektrometer oder Schnelltests. Andernorts, in Berlin etwa, ist für jede gelieferte Blüten-Charge eine DC-Prüfung vorzunehmen.

Mehr Verordnungen von Cannabis?

Wenn Cannabis aus dem BtMG fällt, bedeutet das nicht nur eine Erleichterung für Apotheken, sondern auch für verschreibende Ärzte. Daher vermutet ein Teil der Cannabis-Branche, dass sich die Zahl der Cannabisverordnungen in Deutschland sogar vervierfachen könnte.

Auf eine so hohe Schätzung möchte sich Neubaur nicht festlegen. Doch auch sie sagt: „Die Anzahl der Privatrezepte wird sich auf jeden Fall erhöhen.“ Die Verordnung für Ärzte werde leichter. Das betreffe auch viele Online-Arzt-Dienste, die für Patienten mit einfachen Cannabis-Privatverordnungen werben.

Hinzu kommt: Apotheken haben hinsichtlich Cannabis einen Preisvorteil, der zukünftig legales Cannabis oder eine Mitgliedschaft in einem Anbauverein übertrumpfen könnte. „Bei den Medizinalcannabis-Blüten stellen wir einen Preisverfall fest“, sagt die Geschäftsführerin vom VCA. „Wir liegen mittlerweile unter dem Schwarzmarktpreis.“

Dieses günstige Medizinalcannabis wird auch nach Inkrafttreten des Cannabisgesetzes offiziell nur Patienten zur Verfügung stehen, nicht den Freizeitkonsumenten. „Ich hoffe, diese Rezepte landen in der Apotheke vor Ort“, sagt Christiane Neubaur. „Doch dafür braucht es viel mehr Apotheken, die sich der Versorgung annehmen. Wir wollen mehr Apotheken dazu ermuntern, sich mit dem Thema zu beschäftigen.“