Vorhofflimmern bei Präparaten mit Omega-3-Fettsäuren?
Bereits vergangenes Jahr hatte eine Metaanalyse gezeigt, dass die Substitution von Omega-3-Fettsäuren – bei täglichen Dosierungen über einem Gramm – das Risiko für Vorhofflimmern erhöhen kann. Das erste hoch dosierte und chemisch modifizierte Omega-3-Fettsäure-Präparat Vazkepa® der Firma Amarin war in Deutschland nur kurz bis August 2022 im Handel. Laut dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gab es keine klare Evidenz für den Nutzen von Vazkepa®.
Angesichts von fraglicher Wirksamkeit, aber auch potenziellen Nebenwirkungen, sind Omega-3-Fettsäuren zuletzt also immer mehr ins Kreuzfeuer geraten. Jetzt warnt sogar ein Rote-Hand-Brief vor einem dosisabhängig erhöhten Risiko für Vorhofflimmern durch Omega-3-Fettsäure-haltige Arzneimittel – bei Patienten mit etablierten kardiovaskulären Erkrankungen oder kardiovaskulären Risikofaktoren.
Darin weist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zudem darauf hin, dass auch „Omega-3-Fettsäure-haltige Nahrungsergänzungsmittel (z. B. „Fischöl-Kapseln“) auf dem deutschen Markt erhältlich sind, u. a. zur Aufrechterhaltung einer normalen Herzfunktion“.
Fachinformation warnte vor Vorhofflimmern
Als das Arzneimittel Vazkepa® von Amarin in Deutschland noch im Handel war, warnte dessen Fachinformation bereits vor Vorhofflimmern:
„In einer doppelblinden, placebokontrollierten Studie war Icosapent-Ethyl mit einem erhöhten Risiko für Vorhofflimmern oder Vorhofflattern mit der Notwendigkeit einer Hospitalisierung assoziiert. Die Inzidenz von Vorhofflattern war bei Patienten mit einer Vorgeschichte von Vorhofflimmern oder Vorhofflattern größer (siehe Abschnitt 4.8). Die Patienten sollten auf klinische Anzeichen für Vorhofflimmern oder Vorhofflattern (z. B. Dyspnoe, Palpitationen, Synkope/Schwindelgefühl, Brustkorbbeschwerden, Blutdruckänderung oder unregelmäßiger Puls) beobachtet werden. Dies gilt insbesondere für Patienten mit einer relevanten medizinischen Vorgeschichte. Wenn klinisch indiziert, sollte eine elektrokardiografische Beurteilung erfolgen.“
Der aktuelle Rote-Hand-Brief stammt nun aber nicht von Amarin, sondern von den Firmen BASF, axicorp, Baxter, CC Pharma, Emra-Med, EurimPharm, Kohlpharma und Med Pharma Service. Diese Zulassungsinhaber von Omega-3-Fettsäure-haltigen Arzneimitteln bitten nun Angehörige der Gesundheitsberufe darum, Patienten zum Arztbesuch zu raten, wenn diese Symptome von Vorhofflimmern haben. Dazu zählen:
- Benommenheit
- Asthenie (Kraftlosigkeit, Schwäche)
- Herzklopfen
- Kurzatmigkeit
Das beobachtete Risiko für Vorhofflimmern sei bei einer Dosis von 4 g/Tag am höchsten. Die Behandlung mit Omega-3-Fettsäure-haltigen Arzneimitteln sollte dauerhaft abgesetzt werden, wenn Vorhofflimmern entsteht.
Der Rote-Hand-Brief basiert auf einer aktuellen Risikobewertung durch den Pharmakovigilanzausschuss (PRAC) der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA). Auf welche Präparate bezieht sich der Rote-Hand-Brief nun konkret?
Präparate mit Omega-3-Fettsäure-reichem Fischöl oder Triglyceriden
Die EMA empfahl zunächst nur, die Produktinformationen von Omega-3-Fettsäure-Ethylester-haltigen Arzneimitteln hinsichtlich des Risikos von Vorhofflimmern zu aktualisieren. Diese sind zur Senkung des Triglyceridspiegels (Hypertriglyceridämie) indiziert, wenn sich das Ansprechen auf Diät und andere nichtpharmakologische Maßnahmen als unzureichend erwiesen hat.
Das BfArM empfahl zudem, „auch die Produktinformationen von weiteren Omega-3-Fettsäure-haltigen Arzneimitteln entsprechend zu aktualisieren“. Solche sind einerseits ebenso zur Senkung des Triglyceridspiegels zugelassen, aber auch für die parenterale Ernährung. Sie enthalten Omega-3-Fettsäuren, z. B. als Omega-3-Fettsäuren-reiches Fischöl oder in Form von Triglyceriden.
Eine Suche in der Lauer-Taxe nach „Omega-3-Säure“ verknüpft „Fischöl, Omega-3-Säuren-reich“ mit einer Vielzahl an Präparaten, wie etwa „CentroVision Makula Omega 3“ (Nahrungsergänzungsmittel, NEM), „Diben-Drinks“ von Fresubin (Diätetikum), aber auch Elevit-, Femibion- oder Orthomol-Präparate. „Omega-3-Säurentriglyceride“ werden hingegen mit Lipidem- und Nutriflex-Omega-Infusionen von Braun Melsungen verknüpft (verschreibungspflichtige Arzneimittel).
Präparate mit Omega-3-Säurenethylester 90
Laut Rote-Hand-Brief enthalten Omega-3-Fettsäure-haltige Arzneimittel „vorwiegend die mehrfach ungesättigten Fettsäuren (PUFAs) Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DPA)“. Omega-3-Säure-Ethylester 60 und 90 Ph. Eur. seien Ethylester von PUFAs mit EPA und DHA als Hauptbestandteil des Wirkstoffs.
Mit „Omega-3-Säurenethylester“ wird in der Lauer-Taxe nur ein einziges deutsches Präparat verknüpft: „Mantra Fischöl Omega-3“ (NEM) von MantraPharm.
Omega-3-Säurenethylester 60 soll aktuell nicht in Fertigarzneimitteln enthalten sein, während „Omega-3-Säurenethylester 90“ vor allem in „Omacor 1.000 mg“ (apothekenpflichtiges Arzneimittel), aber auch in „Omega-3 biomo 1.000 mg“ (NEM), „Pur 3“ (NEM) und „Zodin Omega-3 1.000 mg“ (apothekenpflichtiges Arzneimittel) gelistet wird.
Für die beiden letztgenannten Arzneimittel beträgt die Dosierung zu Behandlungsbeginn zwei Kapseln täglich. Im Falle einer unzureichenden Wirkung kann die tägliche Dosis auf vier Kapseln pro Tag erhöht werden. Beispielsweise bei der Abgabe dieser Arzneimittel sollten Apothekenmitarbeitende also für das Risiko von Vorhofflimmern sensibilisiert sein. Quellen:
- Rote-Hand-Brief zu Omega-3-Fettsäure-haltigen Arzneimitteln: Dosisabhängig erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern bei Patienten mit etablierten kardiovaskulären Erkrankungen oder kardiovaskulären Risikofaktoren
- Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte 16.11.2023, www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Pharmakovigilanz/DE/RHB/2023/rhb-omega-3-fettsaeure.html
- Lauer-Taxe, Suche in Pharm. Stoffliste nach „Omega-3-Säure“ am 16.11.2023