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Erster RSV-Impfstoff für Babys zugelassen

Schwanger schaut auf Impfpflaster an ihrem Arm
Ein neuer RSV-Impfstoff soll Neugeborene ab Geburt schützen. | Bild: Graphicroyalty / AdobeStock

Wie die EU-Kommission mitteilt, hat sie kürzlich den Impfstoff Abrysvo zugelassen. Es handelt sich dabei um einen Impfstoff zum Schutz von Säuglingen bis zu einem Alter von sechs Monaten sowie von älteren Erwachsenen vor Erkrankungen der unteren Atemwege, die durch das Respiratorische Synzytialvirus (RSV) verursacht werden.

EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides weist in einer Mitteilung der Kommission darauf hin, dass dies der erste in der EU zugelassene RSV-Impfstoff ist, der nicht nur ältere Erwachsene, sondern auch Kleinkinder bereits ab der Geburt schützt. 

RSV sei eine der häufigsten Ursachen für Krankenhausaufenthalte in der EU. Gerade im vergangenen Winter hatten RSV-Infektionen zugenommen und die Hoffnung auf den Impfstoff war daher groß.  

Zur Erinnerung: Was ist das RS-Virus?

Das RS-Virus (Respiratorisches Synzytialvirus) ist einer der wichtigsten Erreger von Atemwegserkrankungen bei Säuglingen und Frühgeborenen

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass RSV für jährlich mehr als 30 Millionen Infektionen der unteren Atemwege bei Kleinkindern verantwortlich ist, wovon drei Millionen Kinder schwer erkranken (Krankenhausbehandlung). RSV sei die häufigste Ursache für Krankenhausaufenthalte bei Kindern unter fünf Jahren. 

Die Ansteckung erfolgt über Tröpfcheninfektion, die Inkubationszeit beträgt zwei bis acht Tage. Nach Infektion vermehren sich die Viren sodann in den Schleimhäuten der Atemwege. 

Eine wichtige Rolle für das Krankheitsgeschehen von RSV spielt dabei das Fusionsprotein (F-Protein), das in die Lipidhülle des Virus eingelagert ist. Das F-Protein schädigt die Zellen der Atemwege – Synzytienbildung –, indem es die zilientragenden Epithelzellen miteinander verschmilzt. 

Die Folge: Immunzellen werden angelockt, Zelltrümmer und Schleim entstehen, die die Atemwege verlegen. Die Schädigung der Atemwegszellen ist jedoch reversibel, sodass sich die Epithelzellen innerhalb von vier bis acht Wochen wieder erholen. /cb

Die Zulassung erfolgte im Rahmen des beschleunigten Bewertungsverfahrens der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA). Die Kommission setzt darauf, dass der nun EU-weit zugelassene Impfstoff dazu beitragen wird, die Immunreaktion gegen das Virus zu stärken.

Im vergangenen Mai hatte die EU-Kommission bereits grünes Licht für Arexvy von GlaxoSmithKline gegeben – den ersten RSV-Impfstoff, der aber nur für Personen ab einem Alter von 60 Jahren zugelassen ist. 

Abrysvo: bivalenter RSV-Impfstoff

Kommt der neue RSV-Impfstoff in der EU bald tatsächlich auf den Markt, wird er unter dem Handelsnamen Abrysvo nicht Säuglingen verabreicht, sondern deren Müttern während der Schwangerschaft. Denn werden durch den Impfstoff neutralisierende Antikörper gebildet, passieren diese die Plazenta und bieten dem Säugling bis zu sechs Monate nach der Geburt einen Nestschutz.

Abrysvo ist ein bivalenter Subunit-Impfstoff, der aus zwei rekombinanten RSV-Fusionsoberflächen-Glykoproteinen besteht. So soll der Impfstoff sowohl gegen RSV-A- als auch RSV-B-Stämme schützen. Ihre Zulassungsempfehlung stützte die EMA auf zwei randomisierte Placebo-kontrollierte Zulassungsstudien – eine für den Schutz der Kinder und eine für Erwachsene.

Zum Schutz der Kinder wurden in einer Studie 3.695 Schwangere in der 24. bis 36. Schwangerschaftswoche mit Abrysvo geimpft. 3.697 Schwangere erhielten ein Placebo. Im Ergebnis reduzierte der Impfstoff bei den anschließend geborenen Kindern wirksam 180 Tage lang (schwere) Erkrankungen der unteren Atemwege. Quelle: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/07/24/rsv-impfstoff-fuer-schwangere-zur-zulassung-empfohlen 

Gut zu wissen: Weitere RSV-Impfstoffe in Arbeit

Bislang stand für einen medikamentösen RSV-Schutz für Kinder nur der passive Impfstoff Synagis® mit dem Antikörper Palivizumab (AstraZeneca) zur Verfügung. Bei einer passiven Impfung werden die Antikörper direkt gespritzt. Das hat den Nachteil, dass, wenn die Antikörper im Körper nach einer gewissen Zeit abgebaut werden, der Impfschutz erneuert werden muss.

Im Herbst letzten Jahres wurde in Europa ein zweiter Antikörper, Nirsevimab, zugelassen. Unter dem Handelsnamen Beyfortus® ist er als einmalige Injektion indiziert, und zwar zur Vorbeugung von RSV-Infektionen bei Neugeborenen und Säuglingen während der ersten RSV-Saison. Eine Empfehlung von der Ständigen Impfkommission (STIKO) gibt es hierzu jedoch noch nicht.

Neben Pfizer forschen derzeit auch GSK, Novavax, Moderna und Janssen an einem aktiven RSV-Impfstoff. /mia