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Erythropoetische Protoporphyrie: Was ist eigentlich die Schattenspringer-Krankheit?

Asiatischer Mensch mit Sonnenhut schaut aus Fenster, Schatten im Gesicht
Bereits wenige Minuten direkte Sonnenstrahlung sind für Menschen mit Erythropoetischer Protoporphyrie sehr schmerzhaft. | Bild: THESHOTS.CO / AdobeStock

Will man als gesunder Mensch den sommerlichen Aufenthalt im Freien unbeschadet genießen, greift man zur Sonnencreme. Für Menschen mit Erythropoetischer Protoporphyrie (EPP) – auch Schattenspringer-Krankheit genannt – ist diese UV-Schutzmaßnahme aber nahezu wirkungslos. Bei ihnen führt Licht verschiedener Wellenlängen an allen unbedeckten Körperstellen zu schweren Symptomen. 

Symptome der Schattenspringer-Krankheit

Bereits wenige Minuten Lichteinstrahlung lösen bei Menschen mit Erythropoetischer Protoporphyrie schmerzhafte Reaktionen aus: Die Haut – vor allem im Gesicht und an den Handrücken – brennt stark und juckt. Der Schmerz kann sich ins Unerträgliche steigern, wenn die Lichtexposition weiter besteht. 

Meist sind zunächst äußerlich gar keine Hautveränderungen erkennbar („unsichtbarer Sonnenbrand“). Betroffene werden mit ihren Beschwerden daher mitunter nicht ernst genommen. Nach Stunden oder Tagen kann sich allerdings ein sichtbares Erythem entwickeln.  

Selbst bei bewölktem Himmel oder durch Fensterscheiben hindurch entwickeln die Betroffenen Beschwerden. Und sogar starke künstliche Lichtquellen wie LED-Lampen werden als Auslöser beschrieben.

Gendefekt als Ursache der Erythropoetischen Protoporphyrie

Die EPP ist nicht mit einer Sonnenallergie (Polymorphe Lichtdermatose) zu verwechseln. Denn die extreme Lichtempfindlichkeit beruht bei dieser Erkrankung auf einem Gendefekt.

Aufgrund dessen wird zu wenig Ferrochelatase gebildet. Dieses Enzym ist dafür zuständig, dass Eisen in das Molekül Häm – also den Farbstoffanteil im Hämoglobin – eingebaut wird. Der Ferrochelatase-Mangel führt nun dazu, dass die Häm-Vorstufe Protoporphyrin nicht zum Häm metabolisiert werden kann. 

Dadurch reichert sich das phototoxische Protoporphyrin in den Erythrozyten und im Blutplasma an. Es nimmt die Lichtenergie auf, überträgt sie ans umgebende Gewebe und löst dort Verbrennungen aus. Die Verbrennung wandert gleichsam von innen zu den äußeren Schichten der Haut. 

Erste Anzeichen von EPP bereits in der Kindheit

In der Regel prägt sich die Erythropoetische Protoporphyrie bereits im frühen Kindesalter aus. Oft wird sie aber erst spät richtig diagnostiziert, auch weil sie so selten ist. So tritt die autosomal dominant vererbte Erkrankung nur bei etwa einem von 100.000 Menschen auf. 

Die Betroffenen sind aber massiv in ihrer Lebensqualität eingeschränkt. Manche können nur mit dichten Textilien bekleidet oder erst bei Dunkelheit ins Freie. Langfristig kann es durch die zu hohe Konzentration an Protoporphyrin auch zu Schäden an Organen kommen, insbesondere zu Leberschäden. 

Symptomatische Therapiemöglichkeit bei EPP

Wer an der Schattenspringer-Krankheit leidet, muss sich lebenslang vor Lichtexposition schützen. Seit einigen Jahren kann das Medikament Afamelanotid (Scenesse®) bei erwachsenen Patienten eingesetzt werden. Dieser Wirkstoff, der in Form eines Implantats subkutan verabreicht wird, regt die hauteigene Melanin-Produktion unabhängig vom Sonnenlicht an. Es kommt zu einer verstärkten Hautpigmentierung, welche einen natürlichen Lichtschutz bietet. Die Patienten können sich damit längere Zeit beschwerdefrei im Freien aufhalten.  

Zudem arbeitet die Forschung noch an einer genetischen Therapiemöglichkeit: Neu entwickelte kurze RNA-Moleküle sollen sich in Körperzellen an die RNA-Abschrift des veränderten Ferrochelatase-Gens anlagern und dessen Funktion verändern. Dadurch sollen die negativen Auswirkungen der Genmutationen ausgeglichen werden. Quellen: Ars Medici 9/2015; Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich); DocCheck; www.eucerin.de 

Erythropoetische Protoporphyrie in Kürze

  • Umgangssprachlich als Schattenspringer-Krankheit bezeichnet; seltene genetisch bedingte Erkrankung, die zu starker Lichtunverträglichkeit führt; manifestiert sich schon im frühen Kindesalter.  
  • Häufigkeit: 1:100.000
  • Genmutation betrifft Hämoglobin-Synthese: Durch Mangel am Enzym Ferrochelatase reichert sich die Häm-Vorstufe Protoporphyrin in Blut und Geweben an. Dieses löst unter Lichteinfluss an nicht bedeckten Körperstellen starke, brennende Schmerzen aus („unsichtbarer Sonnenbrand“), evtl. gefolgt von erythematösen Hautveränderungen; langfristig Leberschädigung möglich.      
  • Therapie: physikalischer Lichtschutz (Kleidung, Schatten); medikamentös durch Hautbräunung induzierendes subkutanes Implantat mit Wirkstoff Afamelanotid; Forschung an Gentherapie