Was ist eigentlich die Sozialwahl?
Seit 70 Jahren ist die Sozialwahl ein wichtiger Bestandteil der deutschen Demokratie. Rund 52 Millionen Menschen dürfen bis zum 31. Mai 2023 ihre Stimme zu wichtigen Themen wie Gesundheit und Rente abgeben. Doch wer oder was wird dabei überhaupt gewählt?
Was ist die Sozialwahl?
Die Sozialwahl ist die drittgrößte Wahl in Deutschland – nach der Bundestagswahl und der Europawahl. Sie findet alle sechs Jahre statt. Wahlberechtigt sind alle Versicherten der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Unfallversicherungen. Sie wählen Vertreter, die dann in den Selbstverwaltungsgremien der Versicherungen tätig sind. Bei den Krankenkassen ist dieses Gremium der Verwaltungsrat, bei den anderen Sozialversicherungen die Vertreterversammlung.
Was tun die so gewählten Sozialparlamente?
Die Versichertenparlamente stellen den Haushalt auf, wählen Vorstand und Geschäftsführung. Sie entscheiden auch über
- Leistungen der Krankenkassen,
- die Qualität von Reha-Angeboten,
- Bonusprogramme,
- Wahltarife oder
- die Aufnahme neuer Früherkennungsuntersuchungen.
Wer darf bei der Sozialwahl abstimmen?
Rund 52 Millionen Menschen sind in Deutschland wahlberechtigt. Abstimmen können Mitglieder der fünf Ersatzkassen (Techniker Krankenkasse, DAK-Gesundheit, Barmer, KKH und Handelskrankenkasse HKK) sowie der Deutschen Rentenversicherung Bund. Wer sowohl bei der Rentenversicherung als auch bei einer der Krankenkassen Beiträge einzahlt, darf sogar zweimal abstimmen – sofern er mindestens seit drei Monaten versichert ist.
Auch junge Menschen ab 16 Jahren dürfen wählen, wenn sie eigenständig versichert sind – zum Beispiel während ihrer Berufsausbildung. Anders als bei anderen Wahlen spielt die Staatsangehörigkeit bei der Sozialwahl keine Rolle. Also dürfen auch Menschen ohne deutschen Pass ihre Stimme abgeben, sofern sie in Deutschland leben und gesetzlich versichert sind.
Wie funktioniert die Online-Wahl?
Bei den Ersatzkassen können Versicherte in einem Modellversuch erstmals auch online wählen. Auf den Wahlunterlagen finden sie einen QR-Code. Ihre Identität können Wähler per Versichertennummer auf der Gesundheitskarte nachweisen (benötigt hierfür aber das Wahlkennzeichen aus den Wahlunterlagen) oder mit dem Personalausweis, sofern die Online-Funktion aktiviert ist. Ansonsten kann man auch einen Stimmzettel ankreuzen und in dem roten und bereits frankierten Umschlag zurückschicken.
Der Bundesbeauftragte für die Sozialwahlen, Peter Weiß, erhofft sich von der Online-Wahlmöglichkeit eine etwas höhere Wahlbeteiligung als bei der Sozialwahl 2017, als die Wahlbeteiligung bei nur etwa einem Drittel lag. Vor allem jüngere Menschen sollen verstärkt erreicht werden.
Wer kann gewählt werden?
Zur Wahl stehen keine politischen Parteien, sondern Listen. Auf dem Wahlzettel stehen keine Personen sondern Organisationen, die Kandidaten in die Selbstverwaltung entsenden wollen. Das sind in der Regel Gewerkschaften, aber auch kirchliche Arbeitnehmerorganisationen oder zugelassene Gemeinschaften, in denen sich Versicherte organisiert haben. Bei den Krankenkassen gibt es in der Regel vier bis sechs Listen. Die Wähler haben eine Stimme, mit der sie eine Liste ankreuzen können. Im Juni sollen die Ergebnisse der Wahl vorliegen.
Novum ist diesmal eine Frauenquote von 40 Prozent auf den Wahllisten der Krankenkassen. Bei den anderen Zweigen der Sozialversicherung gilt die 40-Prozent-Quote nur als Empfehlung. „Frauen werden anders krank, haben andere Bedürfnisse“, sagte Doris Barnett, stellvertretende Bundeswahlbeauftragte für die Sozialversicherungswahlen. „Deshalb ist es gut, dass wir die Geschlechterquote eingeführt haben.“
Warum ist die Sozialwahl wichtig?
Die Sozialwahl ist wichtig, weil sie den Versicherten die Möglichkeit gibt, ihre Interessen zu vertreten und durch die gewählten Frauen und Männer Einfluss auf die Entscheidungen ihrer Versicherung zu nehmen. Konkret wird es für Versicherte etwa dann, wenn es darum geht, gegen irgendetwas Widerspruch einzulegen oder beispielsweise Erwerbsminderungsrenten zu beantragen.
Die Selbstverwaltung allein in der Krankenversicherung verwaltet hierfür jährlich ein Budget von rund 300 Milliarden Euro. Der Kurs der Kasse wird also über die Selbstverwaltung bestimmt.Quelle: dpa/cn