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Beratung in der Apotheke: Mehr Vertrauen durch Musik?

Notenblatt mit Arzneimitteln dauf
 High-Trust-Musik kann das Vertrauen in die pharmazeutische Beratung möglicherweise verstärken. | Bild: CURAphotography / AdobeStock

Sehen, fühlen und vielleicht auch riechen und schmecken – diese Sinneswahrnehmungen erscheinen uns vermutlich schlüssig, wenn es um Einkaufserlebnisse geht. Aber hören? Professorin Monika Imschloß von der Leuphana Universität Lüneburg ging der Frage nach, wie Musik das Kaufverhalten beeinflussen kann.  

Musik im Supermarkt beeinflusst das Kaufverhalten

In einer Studie konnte sie nachweisen, dass sich Kunden länger in der Weinabteilung eines Supermarktes aufhalten, wenn dort langsame Musik gespielt wird. „Das kann bedeuten, dass sich viele bei langsamer Musik wohler fühlen oder relaxter“, meint die Forscherin. Bereits eine Studie aus den 1980er-Jahren habe gezeigt, dass Konsumenten bei schneller Hintergrundmusik auch schneller durch einen Supermarkt laufen als bei langsameren Tönen.

Doch nicht nur das Tempo der Musik hat offenbar Einfluss auf unser Kaufverhalten. Will man die Aufmerksamkeit der Kundschaft auf bestimmte, zum Beispiel länderspezifische Produkte lenken, sollte man für dieses Land typische Musik erklingen lassen: Spielt man also im Supermarkt etwa italienische oder französische Musik, richten Kunden ihren Blick häufiger zuerst auf Produkte aus diesen Ländern.

Dennoch glaubten die meisten Menschen, berichtet Imschloß, sie seien zu rational, als dass Musik auf sie wirke. „Wenn wir glauben, dass wir nicht beeinflusst werden, wehren wir uns nicht“, sagt sie.  

Musik in Apotheken: Mehr Vertrauen in die Beratung

Wie Musik neben unserem Verhalten auch die Gefühle beeinflussen kann, konnte Imschloß in einer Studie mit Apotheken zeigen: Kunden hatten noch etwas mehr Vertrauen in die Beratung durch das Personal, wenn dort sogenannte High-Trust-Musik gespielt wurde. Das sind von spezialisierten Musikanbietern komponierte Klangwelten, entstanden aus Befragungen dazu, wie Vertrauen klingen könnte.

Studie: High-Trust-Musik schafft Vertrauen

Um herauszufinden, welche Klänge möglicherweise das Vertrauen in die Beratung in der Apotheke stärken, befragten Professor Imschloß und ihr Team 15 Freiwillige, wie sich Vertrauen in ihrer Vorstellung anfühlt und wie sie den Klang von Vertrauen anhand von Adjektiven beschreiben würden. Daraus wurde ein Klangkonzept entwickelt. 

Diese sogenannte High-Trust-Musik testeten die Forscher über mehrere Tage hinweg in vier Apotheken. Dazu stellten sie die Musik in stundenweisen Blöcken an beziehungsweise aus, um Verzerrungen durch Tageszeit- und Wettereinflüsse zu minimieren. Kunden, die beraten worden waren, fragten sie anschließend unter anderem, wie sehr sie der Beratung vertrauten.

Dabei punkteten die Offizinen offenbar auch ohne akustische Unterstützung: „Die Werte waren generell hoch“, sagt Imschloß. „Nichtsdestotrotz konnte der Einsatz des Vertrauens-Soundtracks indirekt das Vertrauen in die Beratung durch die Apotheke erhöhen, weil sich die Kundschaft bei ihrem Apothekenbesuch insgesamt wohler und sicherer gefühlt hat, verglichen dazu, wenn dort kein Soundtrack gespielt wurde.“ 

Natürlich gebe es auch Limitationen – so habe das Team etwa keinen Vergleich zu anderer Musik gezogen, sondern nur erfragt, wie viel Vertrauen in die Beratung mit oder ohne Soundtrack bestand. „Es kann natürlich sein, dass die Hintergrundmusik dafür gesorgt hat, dass die Menschen die Beratungssituation als besonders diskret wahrgenommen haben und sie sich alleine deswegen besser gefühlt haben“, räumt sie ein. /gbg Quelle: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2022/12/13/wie-musik-vertrauen-schafft  

Am besten alle fünf Sinne ansprechen 

Professorin Imschloß findet es faszinierend, wie sensorische Reize funktionieren. Das sei etwas, was der Handel durchaus nutzen könne, meint Imschloß. Sie empfindet das nicht als Manipulation, eher als Inspiration. Es erleichtere etwa die Entscheidung. Schließlich müsse sich der Handel abgrenzen zum Internet. 

Apotheken möchte sie ermuntern, die verschiedenen Sinneswahrnehmungen auszuprobieren. Neben angenehmen Klängen könnte man zum Beispiel auch mit Düften eine Wohlfühl-Atmosphäre erzeugen. „Oft kommen kranke Menschen in die Apotheke, die vielleicht eine gewisse Unsicherheit oder Ängstlichkeit empfinden. Mit sensorischen Reizen kann man hier dann gut arbeiten, um das emotionale Empfinden zu verbessern“, sagt sie in einem Gespräch mit der DAZ

Eine Grundregel gelte es aber immer zu beachten: Die Sinneseindrücke sollten immer aufeinander abgestimmt sein, denn die Menschen würden ihre Umgebungen immer mit allen fünf Sinnen wahrnehmen. „Da kann die Welt noch so digital sein, wir erleben sie durch unsere Sinne.“ Vielfach gebe es aber in Geschäften keine Musik, auch Gerüche seien nicht immer einladend, findet sie. Quelle: dpa