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Medizinprodukte auf rosa Rezept: Wann wird erstattet?

Neben Hilfs- und Verbandmitteln zählen auch Teststreifen und Medizinprodukte mit Arzneicharakter zu den Medizinprodukten. | Bild: fotoart-wallraf / AdobeStock

Bei Medizinprodukten handelt es sich um Produkte mit medizinischer Zweckbestimmung, die vom Hersteller für die Anwendung beim Menschen bestimmt sind. Obwohl sich die Anwendung in vielen Fällen ähnelt, gibt es zwischen Arzneimitteln und Medizinprodukten eine klare Abgrenzung. Anders als bei Arzneimitteln, die pharmakologisch, immunologisch oder metabolisch wirken, wird die bestimmungsgemäße Hauptwirkung bei Medizinprodukten primär auf physikalischem Weg erreicht.  

Aber auch zwischen den Medizinprodukten gibt es Unterschiede und nicht alle können zulasten der GKV abgerechnet werden.

Welche Arten von Medizinprodukten gibt es? 

Medizinprodukte können sein:

  • Hilfsmittel (z. B. Blutzuckermessgeräte)
  • Medizinprodukte mit Arzneicharakter (z. B. diverse NaCl-Nasensprays, Anlage V der Arzneimittel-Richtlinie)
  • Verbandmittel (z. B. Verbandstoffe und Pflaster, dazu gehören auch einige Wundgele, z. B. Draco Wundgel)
  • Teststreifen (z. B. Blutzuckerteststreifen)

Die Produktklassen lassen sich in der Regel in der Apotheken-EDV ablesen. Die Lieferbedingungen sind oft hinterlegt. Für jede Untergruppe gelten eigene Regelungen in Bezug auf die Abgabe zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).  

Implantate, Herzschrittmacher, Sehhilfen und Kondome werden zwar auch als Medizinprodukte klassifiziert, spielen aber in der Regel in Apotheken kaum eine Rolle.

Wann sind Hilfsmittel erstattungsfähig? 

Hilfsmittel sind laut SGB V § 33 zulasten der GKV erstattungsfähig. Darin heißt es:

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. […] Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. […]

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Hat die Krankenkasse Verträge nach § 127 Abs. 1 über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln geschlossen, erfolgt die Versorgung durch einen Vertragspartner, der den Versicherten von der Krankenkasse zu benennen ist. Abweichend von Satz 2 können Versicherte ausnahmsweise einen anderen Leistungserbringer wählen, wenn ein berechtigtes Interesse besteht; dadurch entstehende Mehrkosten haben sie selbst zu tragen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise. […]“ 

§ 33 SGB V: Hilfsmittel

Bei der Belieferung ist jedoch darauf zu achten, ob eine Lieferberechtigung vorliegt (z. B. Hilfsmittelliefervertrag beigetreten). Ist dies nicht der Fall, sind Hilfsmittel nicht erstattungsfähig.

Muss bei Hilfsmitteln eine Diagnose auf dem Rezept angegeben werden? 

Auf Verordnungen über Hilfsmittel muss eine Diagnose durch die behandelnde Person angegeben werden. Der Empfang des Hilfsmittels muss außerdem durch den Empfänger auf dem Rezept schriftlich bestätigt werden.

Wann sind Medizinprodukte mit Arzneicharakter zulasten der GKV erstattungsfähig? 

Alle Medizinprodukte mit Arzneicharakter, die zulasten der GKV abgerechnet werden dürfen, sind in Anlage V zur Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) namentlich genannt. Dort ist zusätzlich definiert, unter welchen Bedingungen die Verordnung erfolgen darf. Die Apotheke hat jedoch keine Prüfpflicht darüber, ob die jeweilige Indikation für den Patienten vorliegt. Gibt die behandelnde Person jedoch eine Diagnose auf dem Rezept an, so hat die Apotheke zu prüfen, ob sie die Bedingungen nach Anlage V erfüllt. Passen diese nicht zusammen, sollte Rücksprache mit der Arztpraxis gehalten werden.

Beispiele für Medizinprodukte mit Arzneicharakter (aus Anlage V der AM-RL, Lauer-Taxe, Stand: 21.11.2022) sind

  • Macrogolpräparate: Movicol, Movicol aromafrei, Movicol flüssig Orange, Movicol Junior aromafrei, Movicol Junior Schoko, Macrogol AbZ, Macrogol dura, Macrogol-ratiopharm, Macrogol-ratiopharm flüssig Orange
  • Läusemittel: Dimet 20, EtoPril, Hedrin Once Liquid Gel, mosquito med LäuseShampoo, mosquito med LäuseShampoo 10, NYDA, NYDA Läusespray, Paranix ohne Nissenkamm
  • Synthetische Tränenflüssigkeit: Vismed, Vismed multi, Hylo-Gel
  • Trägerlösungen für die Verwendung von Inhalaten in Verneblern und Aerosolgeräten: belAir NaCl 0,9%, IsoFree, Kochsalz 0,9% Inhalat Pädia, PARI NaCl Inhalationslösung

In Anlage V der AM-RL ist bei den aufgeführten Medizinprodukten häufig auch eine Befristung der Verordnungsfähigkeit angegeben. Nach Ablauf der Befristung ist eine Abrechnung zulasten der GKV nicht mehr möglich.

Dürfen Medizinprodukte mit Arzneicharakter gegen Arzneimittel ausgetauscht werden? 

Ein Austausch eines Medizinproduktes durch ein Arzneimittel und umgekehrt ist nach § 18 Absatz 3 des Rahmenvertrags nicht zulässig.  

Vorsicht gilt jedoch bei Macrogolpräparaten, denn sie sind teilweise als Arzneimittel und teilweise als Medizinprodukte im Handel. Bei einigen Präparaten (z. B. Movicol aromafrei) ist das Original als Medizinprodukt und die Importe als Arzneimittel im Handel (erkennbar auch an der Normkennzeichnung). Ein Austausch darf nicht erfolgen!

Wann sind Verbandmittel und Teststreifen zulasten der GKV erstattungsfähig?

Verbandmittel und Teststreifen sind nach § 31 Abs. 1 SGB V zulasten der GKV erstattungsfähig. Viele Verbandstoffe und Teststreifen sind zwar Medizinprodukte, es gibt jedoch einige Liefervereinbarung (z. B. Vereinbarung von Vertragspreisen, Quotenregelung) in den Arzneimittellieferverträgen der Krankenkassen zu beachten. Wurden keine Vertragspreise (Abrechnungspreise) mit der Krankenkasse vereinbart, dürfen Verbandmittel und Teststreifen grundsätzlich nicht zulasten der GKV abgerechnet werden.

Was ist bei der Belieferung von Verbandstoffen zu beachten?

Verbandstoffe müssen immer wirtschaftlich beliefert werden (§ 12 SGB V). Wird anstelle eines verordneten Originals ein kostengünstigerer Import abgegeben, wird die Krankenkasse keine Einwände haben. Bei einer herstellerneutralen Verordnung, ohne Nennung einer Firma oder einer PZN, sollte jedoch besonders auf die Wirtschaftlichkeit geachtet werden. Wird ein Original abgegeben, obwohl günstigere Importe vorhanden sind, retaxieren viele Kassen auf einen wirtschaftlichen Alternativartikel.

Dürfen Blutzuckerteststreifen ausgetauscht werden? 

Bei den Ersatzkassen dürfen (und zum Teil auch müssen) Apotheken namentlich verordnete Blutzuckerteststreifen austauschen, sofern die behandelnde Person den Austausch nicht verboten hat. Bei der Abgabe von Teststreifen ist jedoch die Quotenregelung zu beachten. Laut Ergänzungsvereinbarung zum Arzneiversorgungsvertrag der Ersatzkassen vom 01.01.2022 müssen 70 Prozent der Teststreifen von den Preisgruppen 1 und 2 abgegeben werden und mindestens 30 Prozent aus der Preisgruppe 1.

Testreifen der Preisgruppe 1 und 2 sind in Anlage 4 zum vdek-Arzneiversorgungsvertrag zu finden.

Dürfen Medizinprodukte mit anderen Arzneimitteln gemeinsam auf einem Rezept verordnet werden? 

Medizinprodukte können zusammen mit Arzneimitteln, aber nicht gemeinsam mit Hilfsmitteln verordnet werden.

Gibt es Rabattverträge für Medizinprodukte? 

Für Medizinprodukte gelten keine Rabattverträge.

Dürfen Mehrfachverordnungen von Medizinprodukten beliefert werden? 

Die Regelungen zur Packungsgrößenauswahl nach Rahmenvertrag und die zugrunde liegenden Definitionen der Packungsgrößenverordnung gelten nur für Arzneimittel. Daher tragen Medizinprodukte auch keine Normierung (N-Bezeichnung). Mehrfachverordnungen von Medizinprodukten können unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit beliefert werden.

Müssen bei der Verordnung von Medizinprodukten preisgünstige Importe abgegeben werden? 

Die Importregelung nach § 13 Rahmenvertrag, die die Abgabe preisgünstiger Importe und die Erfüllung eines Einsparziels vorschreibt, gilt für Arzneimittel, nicht für Medizinprodukte. Setzt die behandelnde Person jedoch mit dem verordneten Präparat, z. B. einem Import, einen Preisanker, so ist dieser in der Apotheke zu beachten.

Muss bei der Verordnung von Medizinprodukten auf dem Rezept eine Dosierung angegeben werden? 

Bei Verordnungen über Medizinprodukte muss keine Dosierungsangabe auf dem Rezept erfolgen. Diese wird laut § 2 Abs. 1 Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) ausschließlich für verschreibungspflichtige Arzneimittel gefordert.