Ausbreitung auch in Deutschland: 11 Fragen und Antworten zu Affenpocken
Affenpocken-Infektionen beim Menschen kannte man bislang vor allem aus einigen Regionen Afrikas. Anfang Mai wurden dann erste Fälle in Großbritannien bekannt. Daher hatte das Robert Koch-Institut (RKI) Ärzte in Deutschland für die Virusinfektion sensibilisiert. Mittlerweile sind auch Fälle in Deutschland aufgetreten. Im Folgenden haben wir einige Punkte zusammengestellt, die es über diese Erkrankung zu wissen gilt.
Wie werden Affenpocken übertragen?
Affenpocken werden grundsätzlich selten von Tieren übertragen, wenn, dann vor allem von Nagetieren auf den Menschen. Die Infektion erfolgt hauptsächlich durch Kontakt mit den Hauteffloreszenzen (pockentypischer Ausschlag), Blut, Gewebe oder Ausscheidungen infizierter Tiere sowie bei Umgang mit dem Fleisch erkrankter Tiere. Übertragungen von Mensch zu Mensch sind selten, bei engem Körperkontakt aber möglich – durch Kontakt mit Körperflüssigkeiten oder Schorf von mit Affenpocken Infizierten und wohl auch im Rahmen von sexuellen Handlungen.
Gesundheitsbehörden zufolge verursacht das Virus meist nur milde Symptome, kann aber auch schwere Verläufe nach sich ziehen. In Einzelfällen sind tödliche Erkrankungen möglich. Durch ausgeschiedene Atemwegssekrete können die Erreger bereits in der Prodromalphase (Vorläuferphase, in der einer Krankheit vorausgehende nicht charakteristische Symptome auftreten) bei Face-to-Face-Kontakt übertragen werden. Dem Marburger Virologen Stephan Becker zufolge scheint aktuell die Übertragung aber nicht durch Aerosole zu erfolgen. „Dann wäre das Ausbreitungsmuster anders“, erklärt er gegenüber dem RKI. Wie die Infektionsketten bei der aktuellen Häufung verlaufen, ist aber offenbar noch unklar.
Was für ein Erreger verursacht die Affenpocken?
Der Erreger ist das Affenpockenvirus (Monkeypox virus, MPV, früher auch Orthopoxvirus simiae). Es gehört zur Gattung Orthopoxvirus und zur Unterfamilie Chordopoxviridae der Pockenviren. Affenpockenviren sind behüllte Doppelstrang-DNA-Viren.
Affenpocken gelten wie echte Pocken (Variola) als potenzielle B-Kampfstoffe, weswegen sich zum Beispiel das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr damit befasst.
Wo kommen Affenpocken hauptsächlich vor?
Bei Nagern sind Affenpockenviren in West- und Zentralafrika verbreitet – anders als es der Name vermuten lässt, sind Affen Fehlwirte. Beim Menschen wurden sie das erste Mal 1970 in der Demokratischen Republik Kongo bei einem Säugling identifiziert. Seitdem gab es immer wieder Fälle bei Menschen vor allem in West- und Zentralafrika, aber auch außerhalb des afrikanischen Kontinents gab es immer wieder Einzelfälle.
Wie lange ist die Inkubationszeit?
Die Inkubationszeit für Affenpocken beträgt zwischen 7 und 21 Tagen.
Welche Symptome verursachen Affenpocken?
Erste Symptome sind
- Fieber,
- Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen
- sowie geschwollene Lymphknoten.
Einige Tage nach dem Einsetzen des Fiebers kommt es zu dem pockentypischen Ausschlag (Hauteffloreszenzen). Der beginnt häufig im Gesicht und breitet sich dann weiter aus. Bei den aktuell gemeldeten Fällen begann der Ausschlag wohl teils auch im Urogenitalbereich.
Die Hauteffloreszenzen durchlaufen mehrere Stadien:
- Macula = Fleck,
- Papula = Knötchen,
- Vesikula = Bläschen und
- Pustula = Eiterbläschen.
Danach verkrusten sie und fallen schließlich ab. Selten treten Erblindung und entstellende Narben als Dauerschäden auf.
Besteht Verdacht auf eine Infektion aufgrund einer entsprechenden Symptomatik in Verbindung mit Tierkontakten bzw. einem Aufenthalt in Endemiegebieten oder engem Kontakt zu nachweislich mit Affenpocken infizierten Menschen, sollte eine Labordiagnostik veranlasst werden. Aufgrund der aktuellen Ausbrüche unter anderem bei Männern, die Sex mit Männern angaben, sollte bei typischen Symptomen auch ohne Reiseanamnese an Affenpocken gedacht werden.
Differentialdiagnosen sind je nach Stadium Windpocken, Zoster, Scharlach, Herpes Simplex und andere Pockenvirus-Infektionen oder vor Auftreten des Ausschlags Influenza, Malaria, Typhus abdominalis, Syphilis, Leptospirose und viral-hämorrhagisches Fieber.
Welche Personengruppen sind besonders gefährdet?
Am stärksten gefährdet für eine Ansteckung sind Menschen, die sexuelle Kontakte zu vielen verschiedenen Menschen haben. Aber auch bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem sei Vorsicht geboten, dazu gehören beispielsweise HIV-Patienten ohne ausreichende medikamentöse Krankheitskontrolle sowie Tumorpatienten mit schwerer Immunsuppression etwa nach Stammzelltherapie. /vs
Wie ist die Prognose?
Die Affenpocken verlaufen in der Regel deutlich milder als die Menschenpocken, die seit 1980 als ausgerottet gelten. Die Prognose ist daher günstig, die meisten Menschen erholen sich innerhalb mehrerer Wochen. Im Einzelfall kann es aber auch schwere Verläufe geben. Die Letalität bei Kindern unter 16 Jahren, die mit der zentralafrikanischen Virusvariante infiziert sind, wird mit 11 Prozent beziffert.
Wie werden Affenpocken behandelt?
Die Behandlung erfolgt vor allem symptomatisch. Seit Januar 2022 ist der gegen Orthopockenvirus-Infektionen entwickelte Wirkstoff Tecovirimat in der EU neben Pocken und Kuhpocken auch zur Behandlung der Affenpocken zugelassen.
Laut der amerikanischen Seuchenschutzbehörde CDC kann zudem ein Behandlungsversuch mit den bei Pocken zugelassenen Virustatika Cidofovir und Brincidofovir oder Immunglobulinen gestartet werden.
Gut zu wissen: Wie wirkt der Impfstoff Tecovirimat?
Tecovirimat hemmt die Aktivität des viralen Proteins p37, das bei Orthopoxviren an der Bildung der Virushülle und der Freisetzung der Viren aus den infizierten Zellen beteiligt ist. Es verhindere so die Bildung des schützenden Hüllproteins des Affenpocken-Erregers und somit auch die Virusfreisetzung aus der Wirtszelle. /vs
Schützen bisherige Pockenimpfstoffe auch gegen Affenpocken?
Weil die humanpathogenen Pockenviren sehr ähnlich sind, schützen die Impfstoffe, die gegen echte Pocken (Variola) entwickelt wurden, auch vor Affenpocken. In der EU gibt es seit 2013 einen zugelassenen Pockenimpfstoff (Imvanex). In den USA und Kanada ist dieser sogar zur Prävention der Affenpocken zugelassen. In den USA gibt es zwei zugelassene Pockenimpfstoffe.
Bei Menschen, die in ihrer Kindheit noch gegen Pocken geimpft wurden, könnte die Impfung zu milderen Verläufen führen.
Wie hoch ist die Ansteckungsgefahr in Deutschland?
Wie der Präsident der Deutschen STI-Gesellschaft Norbert Brockmeyer erklärt, sind seiner Ansicht nach Menschen, die sexuelle Kontakte zu vielen verschiedenen Menschen haben, am stärksten gefährdet. Weil das Virus aber grundsätzlich auch bereits bei engem Körperkontakt übertragen werden kann, kann auch in der Allgemeinbevölkerung Vorsicht ratsam sein. Daher sollten nicht nur HIV-Schwerpunktpraxen und Zentren, die auf sexuell übertragbare Krankheiten spezialisiert sind, der Öffentliche Gesundheitsdienst und Allgemeinmediziner über die Affenpocken Bescheid wissen. Auch in Apotheken und der breiten Bevölkerung sollte man bei ungewöhnlichen Hautveränderungen an Affenpocken denken.
Von wissenschaftlicher Seite gelte es zu prüfen, wie ansteckend das Virus sei und ob es sich um eine mutierte, ansteckendere Variante handle, so der Mediziner. Er verweist darauf, dass es in Deutschland eine Riesenpopulation gebe, die nicht gegen Pocken geimpft worden ist. Das Potenzial an Infektionen durch den Erreger sei damit deutlich größer als etwa noch vor 20 Jahren. Je nach weiterer Entwicklung müsse man Pockenimpfungen in Erwägung ziehen.
Sind Affenpocken meldepflichtig?
Das RKI weist auf die Arzt-Meldepflicht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 IfSG und die Labor-Meldepflicht gemäß § 7.2 IfSG hin.