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Aktualisierung der Leitlinie : Wie kann chronischer Juckreiz behandelt werden?

Anhaltender Juckreiz kann häufig ein Leitsymptom vieler Erkrankungen sein. Was können Betroffene tun, um das Kratzbedürfnis zu unterdrücken? | Bild: Monstar Studio

Juckreiz kann ein Leitsymptom vieler verschiedener Erkrankungen sein. Besonders die chronische Verlaufsform ist für Betroffene sehr belastend und unangenehm. Untersuchungen zufolge leiden circa 15 Prozent der Erwachsenen in Deutschland an chronischem Juckreiz. 

Im März 2022 wurde die S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Behandlung von chronischem Juckreiz unter Federführung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) überarbeitet, nachdem sie 2005 erstmalig veröffentlicht wurde. In der Aktualisierung wurde vor allem auf die Differenzierung des individuell empfundenen Leidensdrucks eingegangen. Außerdem werden umfassende Empfehlungen für den Umgang mit den verschiedenen Formen und Ausprägungen ausgesprochen.

Was versteht man unter chronischem Juckreiz?

Die langanhaltende Form des Juckreizes, welcher in der Fachsprache als Pruritus bezeichnet wird, ist für die Betroffenen sehr belastend. Der Juckreiz wird als chronisch definiert, wenn er mindestens sechs Wochen lang auftritt. Damit grenzt er sich deutlich von der akuten Form ab, die besonders als Warnsignal des Körpers wichtig ist – beispielsweise nach einem Mückenstich oder bei Hautkontakt mit einer Brennnessel. 

Chronischer Juckreiz kann verschiedene Ursachen haben. Zu den Auslösern gehören:

Juck-Kratz-Zirkel durchbrechen

Aufgrund der vielseitigen Ursachen ist eine einheitliche Therapie nicht möglich. Von den Betroffenen, die an chronischem Juckreiz leiden, erhalten aktuell nur sieben Prozent eine geeignete Therapie, obwohl gerade diese für die Lebensqualität so wichtig ist. 

Durch häufiges Kratzen entstehen Entzündungen, die wiederum schwer abheilen und weitere Folgeerkrankungen mit sich bringen. Die Haut blutet, es bilden sich Krusten oder im schlimmsten Fall sogar langanhaltende Narben. Auch die psychische Belastung ist nicht zu vernachlässigen: Betroffene ziehen sich aus dem sozialen Leben zurück und fühlen sich in ihrer Haut unwohl. Zusätzlich kann der permanente Juckreiz zu

  • einem niedrigen Selbstwertgefühl,
  • Schlafproblemen,
  • depressiven Erkrankungen oder
  • Angstzuständen führen.

In der Apotheke können Kunden kühlende und juckreizlindernde Gele, Cremes oder Lotionen an die Hand gegeben werden, um das Kratzbedürfnis zu unterdrücken. Außerdem können Betroffene versuchen, den Kratz-Impuls umzuleiten, indem z. B. an Kleidung oder der Couchdecke gezerrt, gekratzt oder gerieben wird. Ebenso helfen autogenes Training, Entspannungs- und Meditationsübungen dabei, den Teufelskreis zu durchbrechen.

Den Juckreiz losgelöst von der Ursache betrachten

Da bestimmte Grunderkrankungen nicht immer geheilt oder ausreichend behandelt werden können, empfehlen die Autoren der Leitlinie, den chronischen Juckreiz hauptsächlich unabhängig davon zu betrachten. Zu Beginn wird empfohlen, ein Juckreiz-Tagebuch zu schreiben, damit eine optimale Verlaufskontrolle gewährleistet werden kann. Dafür gibt es eine praktische Handy-App, die von den Autoren der Leitlinie empfohlen wird („ItchyApp“). 

Auch das subjektive Empfinden, das Alter, andere Erkrankungen und Medikationen spielen bei der Therapieauswahl eine wichtige Rolle. Während der Diagnostik wird mit lokal lindernden Maßnahmen begonnen, welche dann später je nach Vorerkrankung mit systemischen Therapiemöglichkeiten kombiniert werden können.

Vielseitige Therapieoptionen möglich

Unabhängig davon, welche Therapie angestrebt wird, dauert das Ansprechen auf die Medikation meist bis zu zwölf Wochen. Patienten sollten in der Apotheke darüber unbedingt informiert werden, damit die Therapie nicht zu früh abgebrochen wird. Außerdem sollen die Medikamente nicht abrupt abgesetzt werden. Zu den möglichen Therapieoptionen gehören:

  • Topische Therapie: z. B. mit Lokalanästhetika oder Glucocorticoiden, Capsaicin oder Calcineurininhibitoren wie Tacrolimus
  • Systemische Therapie: z. B. mit Antihistaminika, Glucocorticoiden, Immunsuppressiva wie Ciclosporin oder Azathioprin sowie Gabapentin oder Pregabalin
  • UV-Licht-Therapie

Ergänzend zur Juckreiz-Therapie können Betroffene psychologisch betreut werden. So ist bei psychischer Belastung die Gabe von Antidepressiva wie Doxepin oder Mirtazapin in Erwägung zu ziehen. Quelle: Pressemitteilung Deutsche Dermatologische Gesellschaft