Diagnostische Methoden: So lassen sich chronische Nierenerkrankungen erkennen
Die Niere übernimmt viele lebenswichtige Aufgaben. Neben ihrer Funktion als Ausscheidungsorgan kontrolliert sie den Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt. Sie übernimmt mit der Bildung von Renin und Erythropoetin endokrine Aufgaben und ist an der Synthese von Vitamin D beteiligt.
Bei einer eingeschränkten Nierenfunktion besteht für verschiedenste Stoffe die Gefahr einer Überdosierung, da es durch die verringerte Ausscheidung zur Akkumulation (Ansammlung) kommen kann. Wirkstoffe, die über die Niere ausgeschieden werden, müssen dann entsprechend niedriger dosiert oder komplett gemieden werden.
Um die Nierenfunktion zu überprüfen, werden in der Praxis drei Untersuchungen durchgeführt.
Zur Erinnerung: Wo der Harn entsteht
Das Nephron ist die kleinste Funktionseinheit der Niere. Im Glomerulus, dem knäuelartigen Teil des Nephrons, wird das Blut filtriert. Pro Tag entstehen hier circa 180 l Primärharn, was in etwa der Füllung einer Badewanne entspricht.
99% des glomerulären Filtrats (Wasser, Elektrolyte, Glucose und Aminosäuren) werden im Tubulus (Nierenkanälchen) wieder rückresorbiert und der Harn somit aufkonzentriert. Der Tubulus gliedert sich in einen proximalen Abschnitt, die Henle-Schleife und einen distalen Abschnitt. Er mündet in das Sammelrohr und bietet verschiedene Ansatzpunkte für Diuretika.
Überprüfung der glomerulären Funktion
Die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) wird als das Gesamtvolumen des gebildeten Primärharns in einer bestimmten Zeiteinheit definiert. Sie ist abhängig von Alter, Geschlecht und ethnischer Zugehörigkeit und beträgt circa 120 ml/min. Obwohl die GFR der aussagekräftigere Marker für die Nierenfunktion ist, wird häufig die Kreatinin-Clearance angegeben, da sie leichter zu bestimmen ist.
Kreatinin ist ein Protein, das beim Abbau von Muskelmasse entsteht und über den Urin ausgeschieden wird. Aus dem Verhältnis der im Plasma und Urin gemessenen Kreatinin-Konzentrationen können Rückschlüsse auf die glomeruläre Filtrationsrate gezogen werden. Ergibt die Berechnung der Kreatinin-Clearance z. B. erniedrigte Werte, kann das ein Anzeichen für eine Niereninsuffizienz sein.
Nach dem gleichen Prinzip können die Konzentrationen von Harnstoff und des Plasmaproteins Cystatin C zur indirekten Beurteilung der GFR herangezogen werden.
Überprüfung der tubulären Funktion
Als Maß für die Funktionsfähigkeit des Tubulus und damit für die Konzentrierung des Harns wird die Osmolalität des Blutplasmas mit der des Urins verglichen. Die Osmolalität gibt an, wie viele osmotisch aktive Teilchen sich in der jeweiligen Flüssigkeit befinden und lässt so Rückschlüsse auf den Umfang der Rückresorption von Substanzen wie z. B. den Elektrolyten zu.
Überprüfung des Urinstatus
Der über 24 Stunden gesammelte Urin wird zunächst makroskopisch nach Menge, Klarheit, Farbe und Geruch beurteilt. Während Farbe und Geruch auch durch verschiedene Nahrungsmittel oder Medikamente beeinflusst werden können, weisen Trübungen oder auffällig abweichende Urinmengen eindeutig auf pathologische Zustände hin.
Spezielle Teststreifen (z. B. Combur-Test®) geben einen ersten Hinweis auf das krankhafte Vorliegen von Proteinen, Erythrozyten, Leukozyten, Glukose oder Bakterien im Urin. Sind nach dieser semiquantitativen Untersuchung Auffälligkeiten erkennbar, kann Spontanurin zentrifugiert und unter dem Mikroskop betrachtet werden. Dabei wird untersucht, ob Substanzen vorliegen, die normalerweise nicht im Urin vorkommen, oder die Menge bestimmter Zellen (z. B. Leukozyten) vom Normalwert abweicht. Quelle:
Sorg, Bernd; Imhof, Diana: Biochemie und Klinische Chemie für Pharmazeuten. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2021.
https://www.amboss.com/de/wissen/Diagnostik_von_Erkrankungen_der_Niere_und_der_ableitenden_Harnwege/
Gut zu wissen: Was ist Spontanurin?
Eine Urinprobe, die durch gewöhnliches Wasserlassen gewonnen wird, wird auch Spontanurin genannt. In der Praxis wird hierfür einmalig in einen Becher uriniert, ein Katheter ist hierfür nicht notwendig. /sn