Vorsicht bei der Pilzwahl: Waldpilz-Schulung aus der Apotheke
Menschen mit Körben streifen durch den Wald. Die Blicke auf den Boden gesenkt, hoffen sie auf fette Beute. Der Herbst ist Pilzzeit. Wer auf der Suche nach Köstlichkeiten wie Steinpilzen oder Pfifferlingen ist, sollte allerdings aufmerksam hinschauen, was er sich für Waldfrüchte in den Korb legt. Nicht alles, was an Bäumen, auf totem Holz, auf dem belaubten Waldboden oder am Rande von Äckern wächst, ist später auch für Topf oder Pfanne geeignet. „Um es richtig zu wissen, muss man Theorie büffeln“, sagt der Experte und Sachverständige der Deutschen Gesellschaft für Mykologie Dietmar Krüger. Der 52-Jährige ist Pilzlehrer und läuft mit Neugierigen in seinen Kursen durch den Wald und erzählt, wovon man doch besser die Finger lassen sollte.
Pilz-Wanderung mit der Apotheke
Pilze gibt es das ganze Jahr. „Man sieht aber jetzt im Herbst die meisten Arten“, erläutert Krüger bei einem seiner Lehrgänge in einem Waldstück bei Nidderau im Main-Kinzig-Kreis den neugierigen Teilnehmern. Sie streifen, den Blick auf den Boden gesenkt, durch den Wald und sammeln alles, was an einzelnen, an ganzen Gruppen oder Büscheln von Pilzen in die Hände fällt. „Im Herbst ist der Tisch reich gedeckt“, sagt Krüger. Zu anderen Jahreszeiten muss man viel zu viel suchen.
Zusammen mit Henning und Franziska Kleinert von der Linden-Apotheke in Bad Homburg hat Pilzexperte Krüger die Schulung auf die Beine gestellt. „Es kommt häufiger vor, dass Leute mit Pilzen in die Apotheke kommen und wissen wollen, ob die essbar sind“, sagt Henning Kleinert. In der Saison sei das schon rund fünfmal vorgekommen. „Wir sind aber keine Pilzexperten.“
Wie unterscheidet man giftige von essbaren Pilzen?
Nicht alles, was gut riecht, ist essbar und nicht alles, was stinkt, ist giftig, sagt Krüger. In Mitteleuropa gebe es rund 10.000 Großpilze, knapp 200 Arten seien essbar und 150 giftig, etwa zehn davon tödlich. Um gut und böse zu unterscheiden, ist ein Ausschlussverfahren à la Sherlock Holmes nötig. So müssten Hut, Lamellen, Stiel, Farbe und Fruchtlager gecheckt werden. Auch im Boden finden sich Bestimmungsmerkmale.
Besonders gefährlich: der grüne Knollenblätterpilz
Vorsicht ist auch bei sich ähnelnden Pilzen geboten. So kann der Gift-Häubling mit dem Stockschwämmchen verwechselt werden. Während der gelbe Knollenblätterpilz ausreichend erhitzt nicht giftig ist, kann sein grüner Namensvetter durchaus tödlich sein. „Der schmeckt erst gut, dann kommen extreme Magenkrämpfe und dann fängt er an, Organe zu zersetzen“, sagt Krüger. Bei Pilzvergiftungen seien die meisten Menschen in Deutschland an diesem Pilz gestorben.
Nach einem Artikel auf der Homepage „aerzteblatt.de“ wurden in den Jahren 2000 bis 2018 in Deutschland rund 4.400 stationäre Behandlungen und 22 Todesfälle wegen giftiger Pilze verzeichnet. 90 Prozent der Todesfälle gingen auf den grünen Knollenblätterpilz zurück. Wer Vergiftungssymptome hat, sollte den Notruf oder ein Giftinformationszentrum anrufen.
Doppelstöckige Nebelkappe nicht mehr genießbar
Die Ausbeute seiner Schüler lässt Krüger dann auch meterlang auf einem umgekippten Baum ausbreiten und mistet anekdotenreich ungenießbare Exemplare aus. Auch eine Laune der Natur, eine doppelstöckige Nebelkappe, landet auf dem Waldboden. „Die wurde früher gerne gesammelt“, erzählt der Pilzexperte. Sie hat aber einen zweifelhaften Nahrungswert und man hat einen Stoff gefunden, der genschädigend ist.
Gut zu wissen: Sammeln für den Eigenbedarf ist erlaubt
Pilze sind dem Naturschutzbund (NABU) zufolge das Recycling-System der Wälder. Sie zersetzen vertrocknete Blätter, Holz oder Früchte und führen Nährstoffe in den Boden zurück. Sammeln darf in Deutschland im Grunde jeder, was erlaubt ist. Die Bundesartenschutzverordnung regelt, welche Pilze in geringen Mengen für den Eigenbedarf mitgenommen werden dürfen. Hier finden sich unter anderem Morcheln, Steinpilze und Pfifferlinge. In Naturschutzgebieten, in Nationalparks und im Umkreis von Naturdenkmälern ist das Sammeln aber tabu. Quelle: dpa / mia