Verbandmittel neu definiert: G-BA grenzt Begrifflichkeit ein
Mit Einführung des Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) in 2019 wurde der Begriff „Verbandmittel“ konkretisiert und der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beauftragt, bis zum 31. August 2020 das Nähere zur Abgrenzung zu regeln. Dies ist nun geschehen, wie der G-BA vergangene Woche mitteilte. Künftig werden drei Kategorien unterschieden:
- Eindeutige Verbandmittel
- Verbandmittel mit ergänzenden Eigenschaften
- Sonstige Produkte zur Wundbehandlung
Einteilung beeinflusst Erstattungsfähigkeit
Diese Einteilung hat unmittelbare Auswirkungen auf die Erstattungsfähigkeit: Eindeutige Verbandmittel und Verbandmittel mit ergänzenden Eigenschaften sind laut G-BA weiterhin zulasten der gesetzlichen Krankenkasse verordnungsfähig. Sonstige Produkte zur Wundbehandlung müssen hingegen zunächst durch den G-BA auf ihren medizinischen Nutzen hin geprüft werden. „Nur wenn sie der Wundheilung nachweislich nutzen, können sie verordnet werden“, erläuterte Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Arzneimittel. Doch wie unterscheiden sich die drei Kategorien?
Eindeutige Verbandmittel
Unter die Bezeichnung „Eindeutige Verbandmittel“ fallen klassische Verbandmittel, die dazu dienen, „Wunden zu bedecken, Wundflüssigkeit aufzusaugen oder – in Form individuell erstellter Verbände – Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren“, so der G-BA. Auch das dafür benötigte Fixiermaterial wie Heftpflaster oder Verbandklammern sei verordnungsfähig. Typische Beispiele für eindeutige Verbandmittel sind Kompressionsbinden und Saugkompressen.
Zur Erinnerung: Definition eines Verbandmittels nach § 31 Abs. 1a SGB V
„Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist.
Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren.“
Verbandmittel mit ergänzenden Eigenschaften
Zur Kategorie der Verbandmitteln mit ergänzenden Eigenschaften zählen laut G-BA Produkte, die über die oben beschriebene Wirkung eines Verbandmittels hinaus die natürliche Wundheilung unterstützen. Dabei darf die Wirkung jedoch nicht durch pharmakologische, immunologische oder metabolische Effekte vermittelt werden. Als typische Beispiele nennt der G-BA Salbenkompressen, aktivkohlehaltige Wundauflagen, Superabsorber (Kompressen) und silberhaltige Wundauflagen. Letztere zählen jedoch nur dazu, sofern das Silber keinen direkten Kontakt zur Wunde hat bzw. keine Silberionen in die Wunde abgegeben werden.
Sonstige Produkte zur Wundbehandlung
Von den Verbandmittel abzugrenzen sind Produkte die „aktiv Einfluss auf die Wundheilung nehmen können“, so der G-BA. Sie sind charakterisiert durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung, weshalb der Haupteffekt nicht mehr auf den Funktionen eines Verbandmittels (Bedecken, Aufsaugen, Stabilisieren, Immobilisieren, Komprimieren) beruht. Diese Produkte sind künftig erst verordnungsfähig, wenn ihr medizinischer Nutzen (ähnlich der Prüfung von Medizinprodukten) durch den G-BA bestätigt wurde.
Um Versorgungsengpässe zu vermeiden, sieht der Gesetzgeber jedoch eine Übergangsregelung vor. Demnach werden sonstige Produkte zur Wundbehandlung, die bereits vor dem 11. April 2017 erstattungsfähig waren, weiterhin bis zwölf Monate nach Inkrafttreten des Beschlusses erstattet. Der Beschluss tritt, sofern keine Beanstandung durch das Gesundheitsministerium erfolgt, mit Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Die Ergänzungen sind sodann in der Anlage Va der Arzneimittel-Richtlinie zu finden.