Die Wahrheit über Erkältungsmythen
Ob in den öffentlichen Verkehrsmitteln, am Arbeitsplatz, bei einem Konzert oder in einer Sporthalle: Zurzeit wird wieder viel geschnieft, geschnäuzt und gehustet. Denn mit dem Herbst hat längst die Erkältungszeit begonnen.
Manche gehen zum Arzt und lassen sich Medikamente verschreiben, andere greifen lieber auf altbekannte Hausmittel zurück. Was hilft und was eher nicht? Wir haben elf gängige Thesen für Sie unter die Lupe genommen.
These 1: Warm anziehen hilft
Nicht unbedingt.
Schaut man auf die Bezeichnung „Erkältung“, liegt es nahe, diese mit niedrigen Temperaturen in Verbindung zu bringen. Schließlich treten grippale Infekte in den kalten Monaten auch besonders häufig auf. „Ein Zusammenhang zwischen Frieren und sich daraufhin erkälten ist wissenschaftlich nicht belegt“, sagt Martin Scherer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin.
Grippale Infekte werden durch Viren, nicht durch niedrige Temperaturen ausgelöst. Ob die Kälte die Abwehrkräfte des Körpers so sehr schwächt, dass eine Infektion begünstigt wird, ist umstritten. Forschende fanden jedoch biologische Hinweise darauf, dass Immunzellen bei Kälte Viren schlechter bekämpfen können.
These 2: Gurgeln lindert Halsschmerzen
Richtig.
Gurgeln etwa mit einer Salzlösung oder mit Kräutertee befeuchtet der Stiftung Gesundheitswissen zufolge die Schleimhäute. Allerdings wirke sich dies nur auf deren Oberfläche aus. „Die Entzündung in den tieferen Regionen der Schleimhaut bleibt davon unberührt“, heißt es. Es gebe keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege, dass Gurgeln gegen eine Halsentzündung wirke.
Jedoch könne Gurgeln dafür sorgen, dass zumindest die Halsschmerzen gelindert würden. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) teilt mit, dass die Wirksamkeit eines 15-prozentigen Salbeisprays zur Behandlung einer schmerzhaften viralen Halsentzündung in einer wissenschaftlichen Studie belegt worden sei.
These 3: Inhalieren macht die Nase frei
Stimmt.
Mit dem Kopf über einer Schüssel mit heißem Wasserdampf: Inhalieren ist bei einer Erkältung eine beliebte Methode und oft wohltuend. Nach Angaben der Stiftung Gesundheitswissen unterstützt das Inhalieren die natürliche Reinigungsfunktion der Schleimhaut. Der heiße Wasserdampf befeuchte die Schleimhäute.
Dem Forschungsnetzwerk Cochrane zufolge haben Studien zwar gezeigt, dass eine Erkältung sich durch Inhalieren nicht verschlimmere. Jedoch hätten sich die Symptome auch nicht wesentlich verbessert.
Die BZgA empfiehlt mit Berufung auf die Gesellschaften für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und Kopf- und Hals-Chirurgie sowie die Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin hingegen Dampfinhalationen bei 38 bis 42 Grad Celsius.
These 4: Nasendusche hilft bei Erkältungen
Nicht belegt.
Nasenspülungen mit Salz wird nachgesagt, dass sie gegen Viren wirken. Ob eine Nasendusche jedoch wirklich Erkältungen vorbeugen oder bekämpfen kann, ist umstritten. Einige Studien zeigten durchaus eine prophylaktische Wirkung von regelmäßiger Anwendung, grippale Infekte wurden seltener. Bei einer bestehenden Erkältung erleichtern Nasenduschen zudem das Atmen.
Australische Forschende verglichen jedoch die Ergebnisse mehrerer Studien und kamen zu dem Schluss, dass es bisher keine medizinisch bedeutsamen Anzeichen für einen Nutzen gebe. Quelle: dpa / vs
These 5: Viel trinken fördert die Genesung
Trifft zu.
Warme oder heiße Getränke können das Husten und den Abfluss von Schleim nach einer Handreichung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erleichtern. Generell sei Trinken bei Erkältungen förderlich.
Honig könne zudem dabei helfen, einen trockenen Rachen und gereizte Bronchien zu beruhigen.
These 6: Heiße Zitrone hilft gegen eine Erkältung
Nur bedingt.
Frische Zitronen enthalten Vitamin C, das nach Angaben der BZgA für das Abwehrsystem wichtig ist. Um das hitzeempfindliche Vitamin allerdings nicht zu zerstören, sollte das Getränk allenfalls leicht erwärmt werden. „Eine Wirksamkeit dieses Hausmittels bei einer bestehenden Erkältung wurde bisher nicht nachgewiesen“, erläutert die Bundeszentrale.
These 7: Hühnersuppe hat eine positive Wirkung
Richtig.
In vielen Haushalten wird aus Überzeugung die gute alte Hühnersuppe aufgetischt, um wieder fit zu werden. Laut der Stiftung Gesundheitswissen sorgt die Wärme bei der Hühnersuppe dafür, dass sich Blutgefäße weiten und das Gewebe besser durchblutet wird. Deshalb hat die Suppe eine wohltuende Wirkung. „Generell können warme Flüssigkeiten bewirken, dass Sekrete gelockert werden und besser abfließen.“ Hühnersuppe liefere dem angeschlagenen Körper zudem wichtige Nährstoffe.
Eine Studie der Universität von Nebraska in den USA deutet außerdem darauf hin, dass die Suppe entzündungshemmend wirkt.
These 8: Ingwer regt das Immunsystem an
Stimmt.
Das Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität in München fand heraus, dass Ingwer das Immunsystem stimuliert. Demnach setzen geringe Mengen eines Ingwer-Inhaltsstoffes weiße Blutkörperchen in Alarmbereitschaft.
Roman Huber, Leiter des Uni-Zentrums Naturheilkunde in Freiburg, erklärt, Ingwer enthalte viele medizinisch wirksame Stoffe. Auch die BZgA teilt mit, in Ingwer gebe es Stoffe, die entzündungshemmend und zellschützend seien.
These 9: Kalt duschen härtet ab
Eher nicht.
Wissenschaftler aus den Niederlanden gingen dieser These nach. Dabei kam heraus, dass Menschen, die anfingen kalt zu duschen, sich seltener und weniger heftig krank fühlten. Bei den tatsächlichen Krankheitstagen pro Jahr gab es dagegen keine großen Unterschiede zu den Testpersonen, die weiter warm duschten. Martin Scherer sieht zudem ein Problem: „Kalte Duschen sind nicht unproblematisch, sie können das Herz-Kreislauf-System überfordern.“
These 10: Hände sind Krankheitsüberträger
Stimmt.
„Die Hände sind ein wichtiger Keimüberträger“, erklärt der Hamburger Allgemeinmediziner Scherer. So können etwa durch Anfassen einer Türklinke Keime aufgenommen werden. Reibt man sich anschließend die Augen oder fasst sich an die Nase, können die Erreger in die Schleimhäute gelangen.
Forschende gehen davon aus, dass regelmäßiges Händewaschen die Verbreitung von Viren und die Ansteckungsgefahr senken kann. Dafür sollten die Händen gründlich für 20 bis 30 Sekunden eingeseift werden.
These 11: „Schlaf ist die beste Medizin“
Unbedingt.
Sich bei einer Erkältung Ruhe zu gönnen hat gleich zwei Vorteile: Zum einen steckt man vom Bett aus weniger Menschen an. Zum anderen hilft Schlaf dem Körper, die Erkältungsviren abzuwehren. „Körperliche Schonung ist beim akuten Infekt sinnvoll. Übermüdung und Schlafentzug können das Immunsystem schwächen“, so Scherer. Das kann im Vorfeld auch die Anfälligkeit für Erkältungen erhöhen. Quelle: dpa / vs/sn