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Dürfen Schwangere nur noch mit Vaxigrip Tetra gegen Grippe geimpft werden?

Die Grippeschutzimpfung wird für Schwangere empfohlen. Doch welcher Impfstoff kommt dafür in Frage? | Bild: demphoto / Adobe Stock

Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt schwangeren Frauen den Grippeschutz ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel. Denn die Impfung der werdenden Mutter hat gleich zwei Vorteile: Sie schützt sowohl die Schwangere als auch das Baby vor Grippe, da die Antikörper plazentagängig sind. Diese mütterlichen (maternalen) Antikörper bieten so auch dem Säugling nach der Geburt in den ersten Wochen und Monaten einen Influenzaschutz. 

Ein wichtiger Punkt, denn die früheste aktive Grippeimpfung bei Babys ist erst ab einem Lebensalter von sechs Monaten möglich. Das bedeutet: Säuglinge können in ihren ersten sechs Monaten selbst keine Grippeimpfung erhalten, jedoch durch die Influenzaimpfung der Mutter mitgeschützt werden. Auch wenn alle tetravalenten Totimpfstoffe Flucelvax® Tetra (Seqirus), Influsplit® Tetra (GSK) und Influvac® Tetra (Mylan) und Vaxigrip Tetra (Sanofi) während der gesamten Schwangerschaft geimpft werden können, hat Sanofi für Vaxigrip nun Daten vorgelegt und explizit eine Indikationserweiterung für Schwangere, und damit den passiven Schutz des Säuglings, erhalten.

Neuer Hinweis in der Fachinformation

Vaxigrip® Tetra hat als einziger Grippeimpfstoff nun ausdrücklich die Zulassung, Schwangere zu impfen und dadurch auch Babys unter sechs Monaten – durch die mütterliche Impfung, das heißt passiv – vor Influenza zu schützen. Seither informiert die Fachinformation explizit: „Vaxigrip Tetra ist zum Schutz vor Influenza indiziert, die durch zwei Influenza-A-Virussubtypen und zwei Influenza-B-Virustypen verursacht wird, welche im Impfstoff enthalten sind: 

  • zur aktiven Immunisierung von Erwachsenen, einschließlich schwangeren Frauen, und Kindern ab einem Alter von 6 Monaten und älter, 
  • zum passiven Schutz von Säuglingen ab der Geburt bis zu einem Alter von weniger als 6 Monaten nach der mütterlichen Immunisierung während der Schwangerschaft.“

Alleinstellungsmerkmal für Vaxigrip® Tetra

Mit dieser Indikations- und Zulassungserweiterung genießt Vaxigrip® Tetra ein Alleinstellungsmerkmal unter den Vierfach-Totimpfstoffen bei Grippe. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Grippeimpfstoffe anderer Hersteller in der Schwangerschaft nicht geimpft werden dürfen. So erklären auch die auch die jeweiligen Fachinformationen zu den Influenzavakzinen Flucelvax® Tetra, Influsplit® Tetra und Influvac® Tetra, dass inaktivierte Grippeimpfstoffe während der gesamten Schwangerschaft geimpft werden können – aber eine explizite Zulassung haben sie dafür nicht. 

So heißt es in den Fachinformationen lediglich: „Inaktivierte Grippe-Impfstoffe können während der gesamten Schwangerschaft angewendet werden. Verglichen mit dem ersten Schwangerschaftstrimester liegen für das zweite und dritte Schwangerschaftstrimester größere Sicherheitsdatensätze vor. Daten aus der weltweiten Anwendung von Grippeimpfstoffen zeigen jedoch keine unerwünschten fötalen und maternalen Beeinträchtigungen durch den Impfstoff.“ 

Dürfen Schwangere dann nur noch mit Vaxigrip® Tetra geimpft werden?

Nur Sanofi hat Daten vorgelegt

Was sagen die Impfexperten vom RKI und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) – die zuständige Bundesoberbehörde für Impfstoffe? Beide halten sich bislang mit Empfehlungen zurück. So erklärt eine Sprecherin des RKI: „Die STIKO (Ständige Impfkommission) spricht keine impfstoffspezifischen Präferenzen aus.“ Die STIKO empfehle nur dann bestimmte Impfstoffe gegen dieselbe Erkrankung, wenn Wirksamkeitsunterschiede innerhalb der Vakzine bestünden, so die RKI-Sprecherin. Das ist beispielsweise beim Schutz vor Herpes zoster (Gürtelrose) der Fall. Hier befürwortet die STIKO den Gürtelroseschutz mit dem Totimpfstoff Shingrix®, während der Lebendimpfstoff Zostavax® bislang keine Impfempfehlung erhalten hat. 

Auch das PEI sagt nicht, dass Schwangere künftig ausschließlich mit Vaxigrip® Tetra geimpft werden dürfen: „Generell hat die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin ja schon immer die Impfung von Schwangeren im zweiten und dritten Trimenon empfohlen – Daten zur (möglichen) passiven Immunisierung hat es bisher nicht gegeben.“ Fakt sei, dass nur für Vaxigrip® entsprechende Daten vorgelegt wurden, die eine Indikationserweiterung erlaubten, was sich seither in der Fachinformation zu Vaxigrip® Tetra wiederfinde, so das PEI. Die Daten hat Sanofi zwar noch mit der trivalenten Vakzine erhoben, sie können jedoch laut Fachinformation zu Vaxigrip® Tetra auf die Vierfachgrippeimpfung extrapoliert werden.

Grippeimpfung für Schwangere – warum erst ab dem zweiten Trimenon?

Bereits seit 2010 empfehlen die Impfexperten der Ständigen Impfkommission am RKI, dass sich Schwangere vor Grippe schützen sollen. Grund ist, dass laut RKI bei schwangeren Frauen eine Influenza schwerwiegender verläuft und komplikationsträchtiger sein kann als bei Nichtschwangeren. Die Impfempfehlung zum Schutz vor saisonaler Grippe gilt für Schwangere ab dem zweiten Drittel (Trimenon) der Schwangerschaft. Das bedeutet jedoch nicht, dass eine Grippeimpfung im ersten Trimenon gefährlich oder kontraindiziert ist. Das RKI begründet diese Impfempfehlung damit, dass die häufigsten Fehlgeburten in der Frühschwangerschaft auftreten. Man will verhindern, dass eine falsche Verbindung zwischen einer Grippeimpfung und Spontanaborten (Fehlgeburt) hergestellt wird. 

In bestimmten Fällen weicht die STIKO sogar von der „späten“ Impfempfehlung erst ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel ab: Schwangere Frauen, die zusätzliche Risikofaktoren für schwere Grippeverläufe haben – wie chronische Grunderkrankungen –, sollten sich bereits zu Beginn der Schwangerschaft vor Grippe schützen.