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Erst im zweiten Trimenon: Grippeimpfung für Schwangere – warum ist das so?

Bild: RFBSIP / Adobe Stock

Bestimmten Risikogruppen empfiehlt das Robert-Koch-Institut die jährliche Grippeimpfung. So sollen sich ältere Personen ab einem Alter von 60 Jahren gegen Influenza schützen. Auch Schwangeren legt die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut die Grippeimpfung nahe. Der Grund für die Impfempfehlung ist, dass bei Schwangeren eine Grippeerkrankung schwerwiegender verläuft als bei nichtschwangeren Frauen. Dass eine Influenzainfektion bei werdenden Müttern komplikationsträchtiger sein kann, hängt mit verschiedenen Veränderungen zusammen, die während einer Schwangerschaft im Körper ablaufen und nicht zuletzt auch eine Schwangere für das Virus empfänglicher machen.

Impfung der Schwangeren schützt Mutter und Kind

Eine Grippeimpfung ergibt allerdings nicht allein für die werdende Mutter Sinn. Antikörper sind plazentagängig. Somit schützt eine mütterliche (maternale) Influenzaimpfung auch den Säugling in den ersten Wochen nach der Geburt. Denn die früheste Grippeimpfung ist erst für Säuglinge ab einem Alter von sechs Monaten zugelassen, zum Beispiel die Vierfachimpfungen Influsplit® tetra (GSK) und Vaxigrip® tetra (Sanofi Pasteur). Den Lebendimpfstoff Fluenz® tetra (Astra Zeneca) dürfen Kinderärzte erst ab zwei Jahren impfen, Influvac® tetra und Xanaflu® tetra (Mylan) sind sogar erst ab 18 Jahren zugelassen. Kinder unter neun Jahren sollten – wenn sie das erste Mal gegen Grippe geimpft wurden – nach vier Wochen eine zweite Dosis erhalten. Das empfehlen die Fachinformationen zu Influsplit® tetra und Vaxigrip® Tetra.

Inaktivierte Grippeimpfstoffe in der Schwangerschaft möglich

Die meisten Influenzavakzine sind Totimpfstoffe. Einzige Ausnahme bildet Fluenz® tetra, der zwar abgeschwächte (attenuierte), aber immer noch vermehrungsfähige Grippeviren enthält. Er wird als Nasenspray verabreicht und  ist im Alter von zwei bis 17 Jahren zugelassen. Die Anwendung von Fluenz® tetra in der Schwangerschaft oder Stillzeit wird nicht empfohlen. Allerdings sieht das bei Totimpfstoffen, wie Influsplit® tetra, Vaxigrip® tetra, Influvac® tetra oder Xanaflu® tetra anders aus: Sie enthalten lediglich Viruspartikel, jedoch keine kompletten Viren mehr. Dadurch können inaktivierte Influenza-Impfstoffe in allen Phasen der Schwangerschaft gegeben werden. Verglichen mit dem 1. Trimester sind für das 2. und 3. Trimester mehr Daten über die Sicherheit von Grippeimpfstoffen verfügbar. Auf jeden Fall zeigen die Daten nach weltweiter Anwendung von inaktivierten Influenza Impfstoffen keine gesundheitsgefährdenden Einflüsse auf die Schwangere oder den Fetus. Die Impfempfehlung des saisonalen Grippeschutzes gilt für Schwangere jedoch erst ab dem zweiten Trimenon. Warum ist das so? Ist eine frühe Impfung nicht besser – oder ist sie gar gefährlich?

Die meisten Fehlgeburten im ersten Schwangerschaftsdrittel

Hintergrund für die Grippeimpfempfehlung für Schwangere erst ab dem zweiten Drittel der Schwangerschaft ist nicht, dass der Influenzaschutz im ersten Schwangerschaftsdrittel kontraindiziert wäre. Im ersten Drittel der Schwangerschaft treten jedoch die häufigsten Fehlgeburten auf. Man schätzt, dass rund die Hälfte aller Frühschwangerschaften (bis zur zwölften Schwangerschaftswoche) endet, weil der Embryo nicht überlebensfähig gewesen wäre. Durch die „spätere“ Impfempfehlung erst ab dem zweiten Trimenon, will die STIKO verhindern, dass eine falsche Verbindung zwischen Spontanabort und Grippeimpfung gezogen wird und die Grippeimpfung als Ursache der Fehlgeburt gesehen wird. 

Manchen Schwangeren empfiehlt das RKI sogar die Grippeimpfung direkt zu Beginn der Schwangerschaft. Das ist der Fall, wenn die werdende Mutter weitere Risikofaktoren für schwere Grippeverläufe hat, wie chronische Grunderkrankungen.

Seit wann sollen sich Schwangere gegen Grippe impfen lassen?

Bereits seit 2010 spricht sich das RKI für eine Grippeimpfung auch bei Schwangeren aus. Der Empfehlung vorausgegangen war ein besonders schwerer Grippewinter 2009/10 – die Schweinegrippe. In der Tat ist es so, dass seit Aufzeichnung der Infiziertenzahl an Grippeerkrankten seit das Infektionsschutzgesetz 2001 in Kraft getreten ist, diese Grippesaison mit 225.729 gemeldeten Erkrankungen bislang die schlimmste war – zumindest bis zum letzten Grippewinter 2017/18. Nach Angaben des RKI erkrankten im vergangenen Winter über 100.000 Patienten mehr an Influenza (334.750).