Ordnungsgemäße Verordnung, Akut- vs. Regelversorgung : Was ändert sich durch den neuen Rahmenvertrag? (Teil 4)
Heute tritt der neue Rahmenvertrag in Kraft. Eine der wesentlichen Neuerungen ist, dass explizit zwischen Regelversorgung und Akutversorgung differenziert wird. Bei letzterem ist vor allem maßgeblich, was in der Apotheke vorrätig ist.
Was ist neu ?
- Ein Paragraph mit Definitionen § 2
- Eine Abgaberangfolge wurde festgelegt §§ 10 bis 14
- Unterscheidung zwischen importrelevantem und generikarelevantem Markt (hat Auswirkungen auf die Abgaberangfolge) § 9
- Unterscheidung zwischen Regel- und Akutversorgung § 17
- Auswahl unter den vier preisgünstigsten Mitteln, das namentlich verordnete ist nicht mehr automatisch dabei § 12
- Bei der Festlegung, was preisgünstig ist, werden Herstellerabschläge berücksichtigt § 12
- Der Rahmenvertrag macht Vorgaben für „besondere Abgabekonstellationen“ § 18
- Die Sonder-PZN 02567024 gilt für alle Abgabefälle, es wurden aber zusätzliche Faktoren eingeführt
- Neue Berechnung der preisgünstigen Importe § 2 und der Importquote § 13
- Vorgabe, wie Nicht-Verfügbarkeit nachzuweisen ist § 2
- Nicht eindeutige Verordnungen können nach Rücksprache mit dem Arzt nachgebessert werden (in der Regelversorgung) § 7
Was bedeutet „ordnungsgemäß ausgestellte“ Verordnung?
Im Rahmenvertrag heißt es in § 7 „Grundlage für die Auswahl des abzugebenden Arzneimittels ist die gültige, ordnungsgemäße vertragsärztliche oder -zahnärztliche Verordnung zum Zeitpunkt der Vorlage.“ Ordnungsgemäß heißt, den Vorgaben der AMVV (Arzneimittel-Verschreibungsverordnung) entsprechend.
Was, wenn keine ordnungsgemäß ausgestellte Verordnung vorliegt?
Dann darf die Apotheke erst einmal nicht versorgen.
Die Sachlage ändert sich, wenn das Problem behoben werden kann. In § 7 des neuen Rahmenvertrags Absatz 2, 3 und 5 ist beschrieben, wie die Apotheke eine ordnungsgemäße Verordnung herbeiführen und somit versorgen kann.
- Einmal kann die Apotheken nach den Vorgaben der AMVV, der BtMVV und des § 6 des Rahmenvertrags die Verordnung korrigieren oder ergänzen oder korrigieren und ergänzen. In welchen Fällen man was darf, daran hat sich inhaltlich nichts geändert. Einziger Unterschied: Im alten Rahmenvertrag stand das in § 3, im neuen in § 6.
Wichtig: Aller Korrekturen und Ergänzungen müssen abgezeichnet werden.
- Ist eine Verordnung nicht eindeutig, muss zumindest in der Regelversorgung Rücksprache mit dem Arzt (für den Notdienst und die Akutversorgung gibt es Sonderregeln, siehe unten) gehalten werden. So will es § 7 Absatz 3 des neuen Rahmenvertrags. „Eindeutig“ heißt, erklärt der Rahmenvertrag, wenn ein verordnetes Fertigarzneimittel „unmissverständlich einem Eintrag im Preis- und Produktverzeichnis zuzuordnen ist“. Nicht eindeutig ist eine Verordnung demnach zum Beispiel, weil eine Mengenangabe fehlt oder ein Arzneimittel der Substitutionsausschlussliste nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung verordnet ist. Diese Klarstellung dürfte eine Erleichterung für die Apotheke darstellen, weil kein neues Rezept erforderlich ist, sondern die Sache nach Rücksprache geklärt werden kann.
Wichtig: Korrekturen und Ergänzungen müssen vermerkt, die Rücksprache dokumentiert und von der Apotheke abgezeichnet werden.
Und: Wenn die Korrekturen beziehungsweise Ergänzungen und die Abgabe nicht am selben Tage erfolgen, muss das zusätzlich angegeben werden.
Was ist, wenn ein Rezept mit handschriftlichen Ergänzungen in der Apotheke vorgelegt wird, die nicht vom Arzt abgezeichnet sind?
Änderungen und/oder Ergänzungen, die Angaben nach § 2 Absatz 1 Nr. 4 bis 6 AMVV betreffen und die nicht erkennbar vom Arzt abgezeichnet wurden, dürfen erst nach Rücksprache beliefert werden. Die Rücksprache muss natürlich dokumentiert werden: Ergebnis vermerken, abzeichnen. Falls das Rücksprache- vom Abgabedatum abweicht, ist dieses zusätzlich anzugeben.
Was waren nochmal die Angaben nach § 2 Absatz 1 Nr. 4 bis 6 AMVV?
- 4. Bezeichnung des Fertigarzneimittels oder des Wirkstoffes einschließlich der Stärke
- 4a. bei einer Rezeptur, die Zusammensetzung nach Art und Menge oder die Bezeichnung des Fertigarzneimittels, von dem Teilmengen abgegeben werden sollen
- 5. Darreichungsform, sofern dazu die Bezeichnung nach Nummer 4 oder Nummer 4a nicht eindeutig ist
- 6. abzugebende Menge des verschriebenen Arzneimittels
Was ist, wenn man keine Rücksprache halten kann (zum Beispiel im Notdienst)?
Der neue Rahmenvertrag unterscheidet explizit zwischen Regel- und Akutversorgung – auch eine Neuerung. So gilt in der Regelversorgung die Faustregel: „Irgendwas unklar (zum Beispiel N-Bezeichnung und Stückzahl widersprechen sich, et cetera) – immer Rücksprache mit dem Arzt halten. Für Fälle, in denen das nicht möglich ist, definiert der neue Rahmenvertrag, wie man vorzugehen hat (§ 17).
Ganz wichtig dabei: Auf dem Rezept muss Folgendes dokumentiert werden:
- Sonder-PZN und Vermerk „Akutversorgung“
- „Autogramm“ der Apotheke
- Um ganz sicher zu gehen: Von Verbandsseite wird empfohlen, zu vermerken, dass keine Rücksprache mit dem Arzt möglich war
Und die §§ 10 bis 15 (Abgaberangfolge, Abweichung davon, Wunscharzneimittel) gelten natürlich trotzdem.
Was gibt es also nun für Sonderregelungen im Notdienst?
Stückzahl und N-Bezeichnung passen nicht zusammen: In diesen Fall schlägt die Stückzahl die N-Bezeichnung.
Verordnung ohne N-Bezeichnung und ohne Stückzahl: Abgabe der kleinsten vorrätigen Packung. Die darf allerdings nicht größer sein, als die Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen, das definiert und im Handel ist.
Ist also die Größe N1 definiert und im Handel, darf die Apotheke maximal eine N1 abgeben. Maßgeblich ist aber nicht die kleinste im Handel befindliche N1-Packung, sondern die kleinste in der Apotheke vorrätige.
Ein Beispiel:
Verordnet ist ein Antibiotikum 500 ohne weitere Angabe.
N1-Bereich: 10 bis 16
- In der Apotheke sind vorrätig 10 und 15 Stück: Abgabe von 10 Stück
- In der Apotheke sind vorrätig nur 15 Stück: Abgabe von 15 Stück
Ist N1 gar nicht definiert oder definiert, aber nicht im Handel kann die kleinste vorrätige Packung aus dem nächsten N-Bereich abgegeben werden.
Verordnung unter N-Bezeichnung, Packung nicht vorrätig: Abgabe einer Packung aus dem nächstkleineren N-Bereich. Ist die auch nicht vorrätig, ist die kleinste normierte Packung abzugeben. Und wenn auch die nicht vorrätig ist? Ist die kleinste vorrätige Packung abzugeben. Die darf aber nicht größer sein, als die Obergrenze des verordneten N-Bereichs.
Dasselbe gilt, wenn der verordnete N-Bereich nicht definiert ist.
Verordnung mit Stückzahl, Packung nicht vorrätig: Die nächstkleinere, vorrätige Packung ist abzugeben.
Non-Rx: Wenn die verordnete Packungsgröße nicht vorrätig ist, kann die nächstliegende Packungsgröße abgegeben werden, auch wenn sie vielleicht größer ist als die verordnete.
Zum Beispiel eine Verordnung über Laxans 20 Stück, vorrätig sind 40 und 100 Stück, Abgabe von 40 Stück.
Verordnungen größer als Nmax
- Abgabe der N3
- oder ein Vielfaches von N3, aber nicht mehr als die verordnete Menge. Einen gesonderten Vermerk braucht man nicht
- oder die nächstkleinere vorrätige Packung
Wie geht es weiter?
Im letzten Teil von „Was änderst sich im Rahmenvertrag?“ geht es unter anderem um Sonderfälle aufgrund besonderer Abgabekonstellationen.