Abweichung bei der Abgaberangfolge , Sonderkennzeichen: Was ändert sich durch den neuen Rahmenvertrag? (Teil 2)
Seit einem guten halben Jahr liegt die neue Fassung des Rahmenvertrags vor, und er wurde im Vergleich zur Vorgängerversion umstrukturiert und ergänzt. Es wurde zum Beispiel eine Abgaberangfolge definiert (darum ging es im ersten Teil). Von der darf man aber in manchen Fällen auch abweichen. Wann das geht und welche Faktoren jeweils zum Einsatz kommen, darum geht es im Folgenden.
Was ist neu?
- Ein Paragraph mit Definitionen § 2
- Eine Abgaberangfolge wurde festgelegt §§ 10 bis 14
- Unterscheidung zwischen importrelevantem und generikarelevantem Markt (hat Auswirkungen auf die Abgaberangfolge) § 9
- Unterscheidung zwischen Regel- und Akutversorgung § 17
- Auswahl unter den vier preisgünstigsten Mitteln, das namentlich verordnete ist nicht mehr automatisch dabei § 12
- Bei der Festlegung, was preisgünstig ist, werden Herstellerabschläge berücksichtigt § 12
- Der Rahmenvertrag macht Vorgaben für „besondere Abgabekonstellationen“ § 18
- Die Sonder-PZN 02567024 gilt für alle Abgabefälle, es wurden aber zusätzliche Faktoren eingeführt
- Neue Berechnung der preisgünstigen Importe § 2 und der Importquote § 13
- Vorgabe, wie Nicht-Verfügbarkeit nachzuweisen ist § 2
- Nicht eindeutige Verordnungen können nach Rücksprache mit dem Arzt nachgebessert werden (in der Regelversorgung) § 7
Wann darf man von der Abgaberangfolge abweichen?
Die Abgaberangfolge legt fest, dass die Auswahl des Fertigarzneimittels nach § 11, § 12 beziehungsweise § 11, § 13 zu erfolgen hat. In § 14 sind dann die Fälle geregelt, in denen man davon abweichen darf.
Abweichung von der Abgaberangfolge ist erlaubt bei ...
Nicht-Verfügbarkeit
- kein rabattiertes (nach § 11) oder kein preisgünstiges Arzneimittel (nach § 12) beziehungsweise kein preisgünstiger Import (§ 13) verfügbar
- zum Zeitpunkt der Vorlage des Rezepts
Wichtig: Nicht verfügbar heißt, innerhalb angemessener Zeit nachweislich nicht beschaffbar. (Mehr zum Nachweis und zur Definition der Nicht-Verfügbarkeit im dritten Teil).
Akutversorgung, Notdienst
- kein rabattiertes (nach § 11) oder kein preisgünstiges Arzneimittel (nach § 12) beziehungsweise kein preisgünstiger Import (§ 13) in der Apotheke vorrätig
- dringender Fall, der die unverzügliche Abgabe erforderlich macht
Pharmazeutische Bedenken
Wichtig: Nicht-Verfügbarkeit, Akutversorgung oder Notdienst und pharmazeutische Bedenken hebeln nicht die ganze Abgaberangfolge aus. Sie wird solange durchlaufen, bis ein passendes Arzneimittel gefunden ist.
Wie dokumentiert man die Abweichung von der Abgaberangfolge?
Bei Abweichung von der Abgaberangfolge braucht man die Sonderkennzeichen (siehe unten).
In welchen Fällen braucht man einen zusätzlichen Vermerk auf dem Rezept?
Einen zusätzlichen Vermerk auf dem Rezept braucht man bei
- Akutversorgung, Notdienst
- pharmazeutischen Bedenken, „konkretisieren“ heißt es im Rahmenvertrag
Wichtig: Vermerk immer abzeichnen! Wenn bei pharmazeutischen Bedenken mehrere Mitarbeiter das Rezept bearbeitet haben, muss jeder separat abzeichnen.
Fehlt die Begründung,ist das allerdings auch nach neuem Rahmenvertrag kein Grund für eine Retaxation (steht jetzt in § 6 „Zahlungs- und Lieferanspruch statt bisher in § 3).
Hat die Abweichung von der Abgaberangfolge im Importmarkt (§ 13) Auswirkungen auf das Einsparziel?
Weicht man wegen Nicht-Lieferbarkeit im Notdienst oder bei pharmazeutischen Bedenken bei Verordnungen aus dem Importmarkt von der Rangfolge ab, wird das beim Einsparziel nicht berücksichtigt.
Was ist neu bei den Sonderkennzeichen?
Für jede Abgabe, die von § 11, § 12 oder § 13 des Rahmenvertrags abweicht, muss das Sonderkennzeichen 02567024 aufgebracht werden. Die Faktoren haben sich vermehrt, es gibt nun neun statt sieben. Es wird nämlich unterschieden, ob nur das Rabattarzneimittel nicht verfügbar oder pharmazeutisch bedenklich war oder das Rabattarzneimittel sowie die preisgünstigen. Außerdem gibt es auch einen Faktor für Nicht-Verfügbarkeit nicht rabattierter, aber preisgünstiger Arzneimittel und nicht mehr nur für rabattierte und Importe.
Die Faktoren im Überblick
- 1: Abgabe nach Maßgabe des Rahmenvertrags oder leere Verordnungszeile
Nicht-Verfügbarkeit
- 2: Nicht-Verfügbarkeit eines Rabattartikels
- 3: Nicht-Verfügbarkeit eines preisgünstigen Artikels oder Abweichung von der Importabgabe
- 4: Nicht-Verfügbarkeit eines Rabattarzneimittels sowie eines preisgünstigen oder Nicht-Verfügbarkeit eines Rabattarzneimittels sowie Abweichung von der Importabgabe
Akutversorgung
- 5: Nicht-Abgabe eines Rabattarzneimittels bei Akutversorgung
- 6: Nicht-Abgabe eines Rabattarzneimittels sowie eines preisgünstigen bei Akutversorgung oder Nicht-Abgabe eines Rabattarzneimittels sowie Abweichung von der Importabgabe bei Akutversorgung
Wunscharzneimittel
- 7: Kostenerstattung / Wunscharzneimittel
Pharmazeutische Bedenken
- 8: Nicht-Abgabe eines Rabattarzneimittels bei pharmazeutischen Bedenken
- 9: Nicht-Abgabe eines Rabattarzneimittels sowie eines preisgünstigen bei pharmazeutischen Bedenken oder Nicht-Abgabe eines Rabattarzneimittels sowie Abweichung von der Importabgabe bei pharmazeutischen Bedenken
Wie geht es weiter?
In den nächsten Teilen von „Was ändert sich durch den neuen Rahmenvertrag?“ geht es unter anderem darum, wie man eine Nicht-Lieferbarkeit nachweisen muss sowie um die neuen Regelungen zur Akutversorgung.