Abgabereihenfolge im Generika- und Importmarkt : Was ändert sich durch den neuen Rahmenvertrag? (Teil 1)
Am 1. Juli tritt der neue Rahmenvertrag in Kraft. Und diesmal ist er wirklich neu. Während in den vergangenen Jahren aufgrund von Gesetzesänderungen an der Fassung von 2008 herumgedoktert wurde, hat man dieses Mal eine umfassende Neustrukturierung vorgenommen, die einige wichtige Klarstellungen enthält. Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengestellt.
Was ist neu?
- Ein Paragraph mit Definitionen § 2
- Eine Abgabe-Rangfolge wurde festgelegt §§ 10 bis 14
- Unterscheidung zwischen importrelevantem und generikarelevantem Markt (hat Auswirkungen auf die Abgaberangfolge) § 9
- Unterscheidung zwischen Regel- und Akutversorgung § 17
- Auswahl unter den vier preisgünstigsten Mitteln, das namentlich verordnete ist nicht mehr automatisch dabei § 12
- Bei der Festlegung, was preisgünstig ist, werden Herstellerabschläge berücksichtigt § 12
- Der Rahmenvertrag macht Vorgaben für „besondere Abgabekonstellationen“ § 18
- Die Sonder-PZN 02567024 gilt für alle Abgabefälle, es wurden aber zusätzliche Faktoren eingeführt
- Neue Berechnung der preisgünstigen Importe § 2 und der Importquote § 13
- Vorgabe, wie Nicht-Verfügbarkeit nachzuweisen ist § 2
- Nicht eindeutige Verordnungen können nach Rücksprache mit dem Arzt nachgebessert werden (in der Regelversorgung) § 7
Generika-Markt oder Import-Markt?
Eine der wesentlichen Neuerungen im neuen Rahmenvertrag ist die Unterscheidung zwischen Generika- und Importmarkt (§ 9). Im Import-Markt hat die Apotheke die Auswahl zwischen Original und Import, beim Generika-Markt stehen Original, Generika und Importe zur Verfügung. Wichtig: Die Märkte schließen sich gegenseitig aus, ein Arzneimittel muss (von der Software) dem einen oder anderen Markt zugeordnet werden. Aus der Zuordnung ergibt sich die Abgabe-Rangfolge (mehr dazu weiter unten).
Im Import-Markt bewegt man sich bei Verordnungen über Fertigarzneimittel,
- zu denen es außer dem Importarzneimittel keine Auswahlmöglichkeit gibt beziehungsweise im Falle einer Importverordnung, wenn es außer dem Original keine Auswahlmöglichkeit gibt,
- die mit Aut-idem verschrieben wurden,
- die auf der der Substitutions-Ausschlussliste stehen,
- die biotechnologisch hergestellt sind und zu denen es kein Bioidentical gibt.
Entsprechend ist man im Generika-Markt unterwegs, wenn
- ein Arzneimittel unter seiner Wirkstoffbezeichnung verordnet wurde,
- ein Arzneimittel namentlich, aber ohne Aut-idem-Kreuz verordnet wurde (natürlich nur relevant, wenn es auch Generika gibt).
Welchem „Markt“ ein verordnetes Arzneimittel zuzuordnen ist, ist essentiell, denn es bestimmt die Abgabereihenfolge.
Die neue Abgaberangfolge
Erste Grundregel der Abgaberangfolge:
Rabattvertrag sticht immer alles, das ist sozusagen der höchste Trumpf. Verankert ist das in § 11 des neuen Rahmenvertrags.
Zum Beispiel ist bei einer namentlichen Verordnung mit Aut-idem-Kreuz ein rabattierter Import bevorzugt abzugeben. Auch bei Wirkstoffen der Substitutionsausschlussliste hätte ein rabattierter Import Vorrang vor einem nicht-rabattierten Original, weil Import und Original als identisch angesehen werden.
Wenn es keinen Rabattvertrag gibt oder dieser aus irgendwelchen Gründen (pharmazeutische Bedenken oder nicht verfügbar) nicht erfüllt werden kann? Dann kommen der Generika- und Import-Markt ins Spiel.
Die vier preisgünstigsten Arzneimittel
Szenario 1: Eine Verordnung aus dem Generikamarkt, kein Rabattvertrag oder Rabattvertrag nicht erfüllbar. § 12 des Rahmenvertrags kommt zum Tragen.
Es kann eines der vier preisgünstigsten Arzneimittel (bisher waren es drei) abgegeben werden. Das namentlich verordnete ist nicht mehr unbedingt dabei, nur wenn es zu den vier preisgünstigsten gehört. Ist keines der vier preisgünstigsten Mittel verfügbar oder geeignet, muss das nächstgünstigste abgegeben werden (mit entsprechender Sonder-PZN).
Wichtig: Der Arzt setzt mit seiner Verordnung den Preisanker. Das abgegebene Präparat darf nicht teurer sein als das namentlich verordnete. Das kann dazu führen, dass weniger Präparate zur Auswahl stehen, weil zum Beispiel das zweitgünstigste verordnet ist. Das dritt- und das viertgünstigste dürfen dann eigentlich nicht abgegeben werden.
Auch noch wichtig und neu: Zur Beurteilung, was preisgünstig ist, wird nicht mehr der AVP (Apothekenverkaufspreis) herangezogen, sondern der AVP abzüglich des Herstellerabschlags (wie es bei den Importen bisher schon üblich war).
Und wenn nichts im erlaubten Bereich geht? Rücksprache mit dem Arzt, dass er die wirtschaftliche Verantwortung für ein teureres Präparat trägt. Dies muss die Apotheke auf dem Rezept dokumentieren und abzeichnen.
Pharmazeutische Bedenken: Darf man das namentlich verordnete Arzneimittel nicht mehr abgeben?
Auch weiterhin darf man das namentlich verordnete Präparat abgeben. Folgender Gedankengang liegt zugrunde: (Sämtliche) Rabattarzneimittel sind nicht geeignet oder nicht lieferbar. Gemäß Abgaberangfolge muss dann eines der vier preisgünstigsten abgegeben werden. Das verordnete gehört dazu? Sonder-PZN (Achtung neuer Faktor), Begründung auf das Rezept, abzeichnen und das namentlich verordnete Präparat abgeben.
Das verordnete ist keines der vier preisgünstigsten Mittel? Dann muss man darlegen, dass sich die vier preisgünstigsten nicht eignen und gegebenenfalls die nächstgünstigen auch nicht. Es wird also die gesamte Abgaberangfolge durchlaufen, bis sich ein geeignetes Arzneimittel findet. Irgendwann landet man beim namentlich verordneten. Sonder-PZN, (neuer) Faktor und Begründung müssen dann natürlich auch auf das Rezept. Der Preisanker ist hier kein Thema, der ist ja mit dem namentlich verordneten gesetzt.
Mehr zum Thema Sonder-PZN mit den neuen Faktoren (es sind jetzt neun!) lesen Sie in Teil 2.
Und der Import-Markt?
Szenario 2: Eine Verordnung im importfähigen Markt, hier greift § 13 des Rahmenvertrags.
Hier setzt auch die Verordnung den Preisanker. Berücksichtigt man den, ist grundsätzlich die Abgabe von Referenzarzneimittel, Importarzneimittel und preisgünstigen Importarzneimitteln möglich. Allerdings muss man auch die Importquote im Auge behalten (deren Berechnung sich ja geändert hat). Von daher empfiehlt es sich im importfähigen Markt bis zu deren Erfüllung preisgünstige Importe (auch deren Berechnung ist neu) bevorzugt abzugeben.
Übrigens: Das NARZ (Norddeutsche Apotheken-Rechenzentrum) hat für seine Kunden berechnet, wie viel Malus oder Bonus sie nach der neuen Berechnungsmethode zu erwarten haben, wenn sie Importe abgeben wie bisher.
Wie geht es weiter?
In den nächsten Teilen von „Was ändert sich durch den neuen Rahmenvertrag?“ geht es darum, in welchen Fällen man von der Abgaberangfolge abweichen darf und wann man die Sonder-PZN mit welchem Faktor verwendet.