#rettedeineapotheke-Protestmarsch: Apothekerinnen und Apotheker in Berlin gehen für ihre Zukunft auf die Straße
Inhaltlich richtet sich der Protestmarsch gegen weitere Deregulierungen im Apothekenmarkt und gegen den sich daraus ergebenden, wachsenden Einfluss der EU-Versender. In einer Pressemitteilung, welche die initiierenden Apotheker herausgegeben haben, heißt es dazu: „Wir sind drei junge Apotheker und haben große Sorge um die Zukunft der Apotheken. Wenn das eintritt, was die EU fordert, könnte das für tausende Apotheken das Aus bedeuten. Das Nachsehen hätten dann nicht zuletzt die Patienten, denen die Stammapotheke verloren geht.“ Das EU-Notfizierungsverfahren bezeichnen sie als „Auslöser“. Zur Erinnerung: Die EU-Kommission hatte der Bundesregierung eine zweimonatige Frist gesetzt, bis Maßnahmen eingeleitet werden müssen, die zur Aufhebung der Rx-Preisbindung für EU-Versender führen.
Hintergrund
Arzneimittel dürfen in Deutschland via Versandhandel vertrieben werden. Und zwar sowohl OTC, als auch verschreibungspflichtige (Rx-)Arzneimittel. Das heißt, ein Patient bekommt eine Verordnung vom Arzt und kann diese dann per Post zum Versender schicken. Er bekommt dann sein Präparat per Post zugeschickt. Das nennt sich Rx-Versand. Ist dieser Versender in Deutschland, gelten die gleichen Regeln wie für die Apotheken vor Ort. Sprich auch dort gilt die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel, die in der Arzneimittelpreisverordnung geregelt ist. Dort ist festgehalten, dass Kunden keine Rabatte auf Rx-Präparate gewährt werden dürfen. Der Grundgedanke dabei ist, dass an Patienten das gleiche Arzneimittel in jeder Apotheke zum selben Preis abgegeben wird. Würde es in Apotheken diese Gleichpreisigkeit nicht geben, dann würde sich der Preis willkürlich oder abhängig vom Bedarf immer wieder ändern.
Nun gibt es aber auch Versender wie beispielsweise DocMorris, die ihren Sitz außerhalb von Deutschland haben, in diesem Fall in den Niederlanden. Dort gilt die deutsche Arzneimittelpreisbindung nicht und eben solche Versender wie DocMorris locken Kunden aus Deutschland, ihre Rezepte in die Niederlanden zu schicken mit Rabatten und Boni, beispielsweise einer Gutschrift auf ein Kundenkonto, die man sich auszahlen lassen kann oder einen Rabatt auf den nächsten Einkauf. Dieses Vorgehen hat der Europäische Gerichtshof, abgekürzt ist hier immer wieder vom EuGH die Rede, am 19. Oktober 2016 bestätigt. Der EuGH hat damals entschieden, dass die Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente in Deutschland gegen EU-Recht verstößt – für deutsche Apotheken bleibt die Preisbindung aber bestehen. Die deutsche Regelung, die auch EU-ausländischen Versandapotheken zur Einhaltung der Arzneimittelpreisverordnung verpflichtet, wenn sie Arzneimittel an Kunden in Deutschland versenden, stelle eine nicht gerechtfertigte Beschränkung des freien Warenverkehrs dar, so der Richter. Konkret sei es für die ausländischen Apotheken schwerer, weil Versandhandel für sie ein wichtigeres, eventuell sogar das einzige Mittel darstelle, um einen unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt zu erhalten. Zudem könne der Preiswettbewerb für Versandapotheken ein wichtigerer Wettbewerbsfaktor sein als für traditionelle Apotheken. Denn diese seien besser in der Lage, Patienten durch Personal vor Ort individuell zu beraten und eine Notfallversorgung mit Arzneimitteln sicherzustellen, so die Richter.
Noch mehr Hintergrundinfos gibt es bei der Sonderausgabe des PTAheute-Montags-Briefing:
Das ist die Route
Kurzerhand schlossen sich die drei Apotheker zusammen, definierten wichtige Aussagen ihrer Kampagne und meldeten ganz offiziell einen Protestmarsch in Berlin-Mitte an. Mittlerweile stehen die Eckdaten genau fest: Am kommenden Sonntag, dem 24. März 2019, geht es ab 15 Uhr am Bahnhof Friedrichstraße (Dorothea-Schlegel-Platz) los. Die Route verläuft in unmittelbarer Nähe des Bundesgesundheitsministeriums und endet am Brandenburger Tor. Dort ist dann um 16.30 Uhr eine Abschlussveranstaltung geplant. Bei dieser wird auch Andreas May, Erster Vorsitzender bei ADEXA, auf Positionen der Apothekengewerkschaft eingehen.
Mediale Präsenz und Öffentlichkeit
Was in Fachkreisen, auf Twitter und den einschlägigen Portalen seit Monaten intensiv diskutiert wird, bekommt die Öffentlichkeit bisher kaum mit. Daher verspricht sich auch die Apothekengewerkschaft Adexa von der Demonstration in der Hauptstadt eine größere mediale Präsenz. „Das Problem muss bei Kunden oder Patienten ankommen“, so der Adexa-Vorsitzende Andreas May, der auch bei der Abschlussveranstaltung sprechen wird. Apothekerin Maria Zoschke, die gemeinsam mit einer anderen jungen Apothekerin zwei Apotheken in Berlin und Brandenburg betreibt und eine der Initiatoren ist, erklärte uns ihre Motivation vergangenen Montag auch im PTAheute-Montags-Briefing.
#rettedeineapotheke auf Facebook und Twitter
Der spontane Plan der drei Apotheker hat sich im Lager von PTA und Apothekern sehr schnell herumgesprochen und der Zuspruch in den sozialen Netzwerken ist groß. Auf Facebook und Twitter rühren die Pharmazeuten bereits die Werbetrommel und rufen zum Mitmachen auf. Unter dem Hashtag #rettedeineapotheke werben sie für den Erhalt der inhabergeführten Apotheke vor Ort. Dort posten die drei Apotheker auch regelmäßig neue, ausgefallene Kampagnenmotive: „Apotheke weg = Innenstädte leer = Menschen traurig“, heißt es dort. Oder: „Nicht nur Bienen sind wichtig für Menschen. #rettedeineapotheke.“ Und: „Ihr so: Aua. Wir so: Helfi, helfi.“