Schweiz: Keine Vertretung für Apotheker ohne Weiterbildung
Die Apothekengewerkschaft Adexa setzt sich schon seit langem für eine Reform der PTA-Ausbildung ein. Dabei geht es unter anderem um Kompetenzerweiterungen für die Berufsgruppe. Auch gewisse Vertretungsbefugnisse für PTA waren Inhalt eines Gespräches zwischen der Adexa und dem BMG. Wie das Ministerium die Angelegenheit sieht, ist allerdings völlig unklar. Nach einer DAZ.online-Umfrage können sich jedenfalls fast zwei Drittel der Responder eine solche PTA-Vertretungsbefugnis vorstellen. Andere hingegen sehen in solchen erweiterten Befugnissen den ersten Schritt zur Abschaffung des Berufsstandes der Apotheker.
Zügel für die Vertretungsbefugnis der Apotheker angezogen
Für unsere Apotheker-Kollegen in der Schweiz wäre ein solches Ansinnen wohl kaum vorstellbar. Dort wurden die Zügel für die Vertretungsbefugnis der Apotheker sogar noch angezogen. Mit der Revision des schweizerischen Medizinalberufegesetzes (MedBG) vom 20. März 2015 bekamen die Offizinapotheker im Alpenland zwar erweiterte Befugnisse, von denen man hierzulande nur träumen kann, aber sie müssen deshalb auch besser ausgebildet werden. Seit dem 1. Januar 2018 benötigen Apotheker, die ihren Beruf „privatwirtschaftlich in eigener fachlicher Verantwortung“, das heißt selbständig ausüben wollen, einen eidgenössischen Weiterbildungstitel, wie dies beim Arzt- und Chiropraktorenberuf bereits vorher der Fall war.
Erst nach absolvierter Weiterbildung erhalten sie eine kantonale Berufsausübungsbewilligung (BAB) zur Ausübung des Berufes in eigener fachlicher Verantwortung. Um diese machen zu können, benötigen sie eine entsprechende Stelle in einer öffentlichen Apotheke. Eine solche Stelle erhalten sie aber in den meisten Fällen nur dann, wenn sie den fachlich verantwortlichen Apotheker bei kurzfristigen Abwesenheiten vertreten können. Das dürfen sie aber theoretisch nicht, weil sie dafür gemäß dem revidierten MedBG erst mal eine entsprechende BAB haben müssen.
Eingeschränkte Vertretungsbefugnis vorgeschlagen
Zur Klärung dieser und anderer Fragen in Bezug auf das revidierte Medizinalberufegesetz hat die Kantonsapothekervereinigung (KAV) zusammen mit Vertretern des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) und der Fachgesellschaften Empfehlungen ausgearbeitet.
Junge Apotheker sind für die Weiterbildungspflicht
Die Swiss Young Pharmacist Group (SwissYPG) hat nach Bekanntwerden der Empfehlung eine Umfrage bei ihren Mitgliedern und Pharmazie-Studierenden durchgeführt. Nach den Ergebnissen herrscht unter den jungen Apothekern und Studierenden große Unsicherheit. Die stark eingeschränkten Möglichkeiten einer Stellvertretung klängen für Studienabgänger zunächst nicht sehr motivierend. Panikmache sei jedoch nicht angebracht, meint SwissYPG. Trotzdem halten sie die Weiterbildungspflicht für richtig. Sie werde mit dem Gesetz zum selbstverständlichen Teil des pharmazeutischen Curriculums und sei keine Degradierung, sondern im Gegenteil eine Aufwertung. „Wir dürfen mehr. Im Gegenzug müssen wir aber auch unsere Qualifikation vorzeigen“, schreibt SwissYPG.
Weiterbildung ist langwierig und teuer
Die eidgenössische Weiterbildung in Offizinpharmazie ist berufsbegleitend und dauert je nach Arbeitspensum zwischen zwei und fünf Jahren. Die theoretische Weiterbildung umfasst 400 Kontaktstunden zu pharmazeutischen, Public-Health-, Management- und persönlichen Kompetenzen. Zurzeit sind Kurse zu folgenden Fähigkeitsprogrammen in die Weiterbildung integriert:
- FPH Impfen und Blutentnahme
- FPH Konsiliarapotheker für die ambulante Medikamentenverschreibung
- FPH Pharmazeutische Betreuung von Institutionen des Gesundheitswesens
- FPH Apotheker für integrierte Versorgungsmodelle
Die praktische Weiterbildung umfasst drei Praxisarbeiten zu insgesamt 100 Stunden. Hinzu kommen eine Diplomarbeit und eine bestimmte Stundenzahl für das Selbststudium.
Neben diesem zeitlichen Aufwand gibt es noch ein weiteres Problem, und zwar die Kosten. SwissYPG hat ausgerechnet, dass die Weiterbildung zum Fachapotheker in etwa drei Jahren ca. 25.000 Franken kostet, Fähigkeitsausweise einige tausend Franken. Zwar erklärten sich Arbeitgeber oft dazu bereit, die Kosten zu übernehmen oder etwas dazuzugeben. Dies gehe jedoch im Gegenzug mit Verpflichtungen einher, wie etwa mehrjährigen Arbeitsverträgen zur Bindung an die Apotheke.
Bestandsschutz für diplomierte Apotheker
Für bereits diplomierte Apotheker gibt es Übergangsregelungen. Diejenigen, die bereits eine Bewilligung zur selbständigen Berufsausübung haben, sollen dies weiterhin auch ohne den eidgenössischen Weiterbildungstitel tun dürfen, und zwar in der ganzen Schweiz. Diejenigen, die vor dem Inkrafttreten der Änderung des MedBG keinen Weiterbildungstitel erhalten hatten, sollen „einen ihrer praktischen und theoretischen Weiterbildung entsprechenden Titel“ bekommen.