Fieber bei Kindern: Paracetamol oder Ibuprofen?
Klar ist derzeit: Beide Wirkstoffe – Paracetamol (ab Geburt) und Ibuprofen (ab drei Monaten) – senken bei Kindern Fieber wirkungsvoll und sind sicherPediatrics: "Effectiveness of paracetamol versus ibuprofen administration in febrile children: A systematic literature review" . Offen ist jedoch die Frage nach der wirksamsten Strategie der kindlichen Fiebersenkung.
Hilft Paracetamol so gut wie Ibuprofen oder sollten die Wirkstoffe besser kombiniert werden? Und wenn ja: Senkt die gleichzeitige Verabreichung von Paracetamol mit Ibuprofen das Fieber effektiver als die zeitlich versetzte Gabe?
Zur Erinnerung: Ab wann spricht man von Fieber?
Die Körpertemperatur liegt in der Regel zwischen 36 und 37 Grad Celsius. Allerdings kann die Temperatur im Tagesverlauf schwanken: So ist die Körpertemperatur in der zweiten Nachthälfte und morgens niedriger und zum Abend hin am höchsten.
Durch bestimmte Faktoren, wie beispielsweise sportliche Betätigung oder das Tragen von warmer Kleidung, kann die Temperatur ansteigen.
Bei einer Körpertemperatur zwischen 37,5 und 38 Grad Celsius spricht man von erhöhter Temperatur. Fieber beginnt ab einer Körpertemperatur von über 38 Grad Celsius. Steigt sie auf 39 bis 41 Grad Celsius, liegt hohes Fieber vor, und bei über 41 Grad Celsius sehr hohes Fieber. /vs
Studie: Orale Gabe von Paracetamol und Ibuprofen
Im Fachjournal „Pediatrics“Pediatrics: "Short-term Dual Therapy or Mono Therapy With Acetaminophen and Ibuprofen for Fever: A Network Meta-Analysis", Stand: 10/2024 veröffentlichten Wissenschaftler um Dr. Juan E. De la Cruz-Mena von der Universidad del Norte in Barranquilla (Kolumbien) eine Metaanalyse, die mehr Klarheit in die optimale medikamentöse Fiebersenkung bringen könnte. Die Wissenschaftler berücksichtigten 31 randomisierte klinische Studien mit insgesamt 5.009 fiebernden Kindern im Alter zwischen 1,4 und 5,9 Jahren (Fieberschwelle lag zwischen einer Körpertemperatur von 37,8° bis 38,5 °C).
Die Kinder erhielten entweder Paracetamol oder Ibuprofen oral in therapeutischen Dosen, jeweils als Monotherapie, gleichzeitig oder nacheinander (zunächst Paracetamol und zwei bis vier Stunden später Ibuprofen).
Als primäre Endpunkte definierten die Studienautoren: Unwohlsein des Kindes (sechs Studien, deren Ergebnis wurde statistisch nicht zusammengefasst), die Zeit bis zur Fieberfreiheit (sieben Studien) und der Anteil der fieberfreien Kinder vier und sechs Stunden nach Arzneimittelgabe (sechs Studien).
Zur Erinnerung: Dosierung von Ibuprofen und Paracetamol
Zur Fiebersenkung werden Ibuprofen und Paracetamol bei Kindern in Abhängigkeit vom Körpergewicht (KG) und Alter dosiert.
Als Einzeldosis werden bei Ibuprofen normalerweise 7 bis 10 mg/kg KG oral gegeben. Bei Bedarf kann der Wirkstoff 3- bis 4-mal täglich verabreicht werden, maximal jedoch 30 mg/kg KG als Tagesdosis.
Bei Paracetamol beträgt die orale Einzeldosis 10 bis 15 mg/kg KG, eine Anwendung ist bei Bedarf bis zu 4-mal täglich möglich. Die Tagesdosis beträgt 60 mg/kg KG.
Bei beiden Wirkstoffen sollte das Verabreichungsintervall bei sechs Stunden liegen. / ab
Paracetamol plus Ibuprofen: Schneller fieberfrei mit kombinierter Gabe
Geht es um die Zeit bis zur Fieberfreiheit, wirkten Paracetamol, Ibuprofen sowie die kombinierte Gabe beider Arzneimittel „ähnlich“, wobei die Studienautoren – mit geringer Evidenz und ohne statistische Signifikanz – einen Trend für eine kürzere Fieberdauer bei kombinierter Fiebersenkung ausmachten: Die Kinder waren im Durchschnitt 32,82 Minuten schneller fieberfrei (95-%-KI = -68,68 bis 3,03 Minuten).
Ist eine Fieberfreiheit nach vier und sechs Stunden gewünscht, dürfte die kombinierte Paracetamol-Ibuprofen-Gabe (ebenfalls) am effektivsten sein, wobei die abwechselnde Gabe vor allem nach längeren Zeiträumen eine vergleichbare Option sein könnte.
Sowohl nach vier als auch nach sechs Stunden war der Anteil der fieberfreien Kinder am größten, wenn sie eine Paracetamol-Ibuprofen-Kombination erhalten hatten (4 Stunden: OR = 13,2; 95-%-KI = 4,59 bis 38,15; 6 Stunden: OR = 5,28; 95-%-KI = 2,38 bis 11,71).
Eine abwechselnde Fiebersenkung beginnend mit Paracetamol und gefolgt von Ibuprofen war einer reinen Paracetamol-basierten Fiebersenkung nach vier Stunden ebenfalls überlegen (OR = 3,59; 95-%-KI = 1,77 bis 7,26). Auch war die kombinierte Fiebersenkung wirksamer als die alternierende (OR = 3,69; 95-%-KI = 1,07 bis 2,69).
Nach sechs Stunden hingegen gleichen sich die kombinierte und alternierende (OR = 5,06; 95-%-KI = 2,38 bis 11,71) Therapiestrategie in ihrer Wirksamkeit an: Sie zeigen ähnliche Odds-Ratios (OR) und scheinen damit gleich effektiv.
Ibuprofen in hoher Dosierung nur kurz effektiver
Interessant ist noch, wie Ibuprofen im Vergleich zu Paracetamol abschneidet:
Hohe Dosen Ibuprofen zeigen eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder nach vier Stunden fieberfrei sind (verglichen mit Paracetamol OR = 1,76; 95-%-KI = 1,20 bis 2,57). Dieser Vorteil verliert sich jedoch nach sechs Stunden, und hohe Dosen Ibuprofen zeigen dann verglichen mit Paracetamol keinen signifikanten Unterschied in der Wahrscheinlichkeit für Fieberfreiheit (OR = 1,02; 95-%-KI = 0,66 bis 1,58).
Und wie viele Kinder profitierten am Ende von der kombinierten Fiebersenkung? Die Studienautoren berechnen eine Number needed to treat (NNT) von drei. Das bedeutet: Von drei Kindern mit kombinierter Fiebersenkung war eines mehr fieberfrei verglichen mit der Monotherapie (nach vier und sechs Stunden).
Ibuprofen und Paracetamol – Einnahme gut verträglich
Bei Nebenwirkungen konnten die Studienautoren keine signifikanten Unterschiede zwischen den verschiedenen Interventionsmethoden ausmachen.
Die Wissenschaftler bedenken, dass die Studie keine Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit bei längerer oder wiederholter Anwendung liefert, da es um die Fiebersenkung und die Nebenwirkungen nach maximal sechs Stunden ging.
Auch unterscheiden sich die Studien bei der Definition und den Messmethoden von Fieber (rektal, im Ohr, Achselhöhle), was die statistische Aussagekraft erschwere.
AAP empfiehlt: Zuerst Monotherapie mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr
In einem KommentarPediatrics: "Antipyretic Strategies: Is Fever Clearance Enough to Justify Dual Therapy?", 10/2024 zur Studie äußern sich Dr. Kelly C. Wade vom Children’s Hospital of Philadelphia und Dr. Cheryl Mathis von der University of Utah in Salt Lake City.
Paracetamol und Ibuprofen kombiniert hätten ein größeres Potenzial, Fieber zu senken, doch berge die duale Anwendung auch ein erhöhtes Risiko für Dosierungsfehler. Auch fragen sie, ob die Fieberfreiheit der ideale Endpunkt sei, den es zu erreichen gelte.
Die American Academy of Pediatrics (AAP) betone, dass das Ziel der fiebersenkenden Behandlung nicht nur die Temperatursenkung sei, sondern es primär wichtig sei, das Wohlbefinden und die Hydratation des Kindes zu verbessern – dies habe die Studie nicht ausreichend erfasst. Sie raten daher, fiebernde Kinder zunächst mit einer Monotherapie zu behandeln und die Flüssigkeitszufuhr zu überwachen, bevor eine Paracetamol-Ibuprofen-Kombi zum Einsatz kommen sollte. Quellen:
- Narayan K, Cooper S, Morphet J, Innes K. Effectiveness of paracetamol versus ibuprofen administration in febrile children: a systematic literature review. J Paediatr Child Health. 2017;53(8):800 807
- De la Cruz-Mena JE, Veroniki A-A, Acosta-Reyes J, et al. Short-term Dual Therapy or Mono Therapy With Acetaminophen and Ibuprofen for Fever: A Network Meta-Analysis. Pediatrics. 2024;154(4):e2023065390
- Wade KC, Mathis C. Antipyretic Strategies: Is Fever Clearance Enough to Justify Dual Therapy?. Pediatrics. 2024;154(4):e2024067408