Korrekte Rezeptabrechnung und Kostenerstattung: Kinderwunsch: Künstliche Befruchtung - Korrekte Rezeptabrechnung - Teil 3
Die Behandlung im Rahmen einer künstlichen Befruchtung ist oft mit hohen Kosten verbunden, vor allem, weil häufig mehrere Behandlungszyklen erforderlich sind. In § 27a des SGB V ist geregelt, welche Leistungen die gesetzliche Krankenversicherung grundsätzlich vorsieht und welche Bedingungen Betroffene dazu erfüllen müssen.
§ 27a Künstliche Befruchtung
(1) Die Leistungen der Krankenbehandlung umfassen auch medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft, wenn
1. diese Maßnahmen nach ärztlicher Feststellung erforderlich sind,
2. nach ärztlicher Feststellung hinreichende Aussicht besteht, dass durch die Maßnahmen eine Schwangerschaft herbeigeführt wird; eine hinreichende Aussicht besteht nicht mehr, wenn die Maßnahme drei Mal ohne Erfolg durchgeführt worden ist,
3. die Personen, die diese Maßnahmen in Anspruch nehmen wollen, miteinander verheiratet sind,
4. ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden und
5. sich die Ehegatten vor Durchführung der Maßnahmen von einem Arzt, der die Behandlung nicht selbst durchführt, über eine solche Behandlung unter Berücksichtigung ihrer medizinischen und psychosozialen Gesichtspunkte haben unterrichten lassen und der Arzt sie an einen der Ärzte oder eine der Einrichtungen überwiesen hat, denen eine Genehmigung nach § 121a erteilt worden ist.
(2) Absatz 1 gilt auch für Inseminationen, die nach Stimulationsverfahren durchgeführt werden und bei denen dadurch ein erhöhtes Risiko von Schwangerschaften mit drei oder mehr Embryonen besteht. Bei anderen Inseminationen ist Absatz 1 Nr. 2 zweiter Halbsatz und Nr. 5 nicht anzuwenden.
(3) Anspruch auf Sachleistungen nach Absatz 1 besteht nur für Versicherte, die das 25. Lebensjahr vollendet haben; der Anspruch besteht nicht für weibliche Versicherte, die das 40. und für männliche Versicherte, die das 50. Lebensjahr vollendet haben. Vor Beginn der Behandlung ist der Krankenkasse ein Behandlungsplan zur Genehmigung vorzulegen. Die Krankenkasse übernimmt 50 vom Hundert der mit dem Behandlungsplan genehmigten Kosten der Maßnahmen, die bei ihrem Versicherten durchgeführt werden.
(4) Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 die medizinischen Einzelheiten zu Voraussetzungen, Art und Umfang der Maßnahmen nach Absatz 1.
Voraussetzungen für eine Kostenübernahme sind:
- eine Behandlung ist medizinisch notwendig und es besteht hinreichend Aussicht auf Erfolg der Behandlung
- das Paar muss miteinander verheiratet sein
- die Samen-/Eizellen müssen von den Ehegatten stammen
- Mindestalter 25; Frau < 40 Jahre, Mann < 50 Jahre
- vor der Behandlung muss ein Beratungsgespräch mit einem Arzt erfolgen, der am Ende die Behandlung nicht selber durchführt
- die Kosten werden für maximal drei Behandlungszyklen übernommen
Grundsätzlich muss vor der Behandlung ein Kostenplan bei der Krankenkasse eingereicht und dort genehmigt werden. Nur dann, wenn alle genannten Voraussetzungen erfüllt werden, übernehmen gesetzliche Krankenkassen 50 % der entstehenden Kosten. Dies gilt auch für die entstehenden Arzneimittelkosten.
Beratungs-Tipp
Mittlerweile übernehmen gesetzliche Krankenkassen teilweise mehr als die Hälfte der Kosten. Wenn Sie in der Apotheke von einem Ehepaar erfahren, das eine solche Behandlung in Erwägung zieht, sind die Betroffenen sicher dankbar für den Hinweis, dass sie sich im Vorfeld über die Höhe der übernommenen Kosten (und über die genaue Vorgehensweise, falls mehr als 50 % übernommen werden) informieren sollten.
Rezeptabrechnung in der Apotheke
Das wichtigste Thema für Apotheken ist neben einer kompetenten Beratung die Rezeptabrechnung, die bei Rezepten mit Präparaten für eine künstliche Befruchtung mitunter kompliziert sein kann.
Wird beispielsweise auf einem GKV-Rezept ein Präparat verordnet, das laut Indikation unter anderem zur künstlichen Befruchtung eingesetzt wird, so stellen sich typischerweise folgende Fragen:
1. Wann werden nur 50 % der Kosten zulasten der GKV abgerechnet und wann kann der komplette Preis abgerechnet werden?
Wird ein Präparat für eine künstliche Befruchtung verordnet, so vermerkt der Arzt dies in der Regel mit einem entsprechenden Hinweis. Beispielsweise wird „Behandlung nach § 27a“ oder auch nur „§ 27a“ auf das Rezept gedruckt. Ist dies der Fall, so darf die Apotheke der Krankenkasse nur die Hälfte des Arzneimittelpreises in Rechnung stellen – die andere Hälfte muss der Patient in der Apotheke bezahlen. Falls eine Krankenkasse ihren Patienten gemäß ihrer Satzungsleistung mehr als die Hälfte der Kosten erstattet, so muss der Patient seine Rechnung meistens im Nachhinein bei der Krankenkasse einreichen. Die Apotheke rechnet trotzdem nur die Hälfte des Arzneimittelpreises mit der Krankenkasse direkt ab – der Patient tritt mit seiner Eigenbeteiligung in Vorleistung.
2. Wird zusätzlich eine Zuzahlung fällig?
Mit Übernahme der Hälfte des Arzneimittelpreises ist damit die Zahlungspflicht des Versicherten erfüllt. Eine zusätzliche Abrechnung einer Zuzahlung ist weder im SGB V noch in den vertraglichen Vereinbarungen vorgesehen. Hier beispielsweise ein Auszug aus dem ALV Bayern § 5 (3):
(3) Bei einer Verordnung im Rahmen von Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung hat der Versicherte eine Eigenbeteiligung in Höhe von 50 % des Apothekenabgabepreises zu leisten. Voraussetzung ist, dass der Vertragsarzt die Verordnung mit dem Vermerk „§ 27 a“ oder einem sonstigen eindeutigen Vermerk gekennzeichnet hat. Über diese Eigenbeteiligung hinaus fällt die Zuzahlung nach § 31 Abs. 3 SGB V nicht an.“
Dies wird auch von der Apotheken-EDV so umgesetzt, wenn die Eingabe „im Rahmen einer künstlichen Befruchtung“ gewählt wird.
Achtung: bei Hilfsmitteln, die zur künstlichen Befruchtung verordnet werden, können je nach Liefervertrag ein vorheriger Kostenvoranschlag und eine Genehmigung durch die Krankenkasse nötig sein.
3. Hat die Apotheke eine Prüfpflicht auf eine möglicherweise zugrunde liegende Behandlung im Rahmen der künstlichen Befruchtung?
Fehlt auf einem Rezept ein Hinweis auf die Behandlung im Rahmen einer künstlichen Befruchtung, so sieht beispielsweise der vdek-Liefervertrag keine Prüfpflicht für die Apotheke vor, denn viele Präparate werden auch für andere Indikationen eingesetzt, für die die Krankenkasse das Arzneimittel voll bezahlt. In diesen Fällen kann der komplette Arzneimittelbetrag (abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung) zulasten der GKV abgerechnet werden. Ergibt sich für die Apotheke der Hinweis (z. B. aufgrund des Beratungsgespräches oder der Arztstempel deutet auf eine entsprechende Arztpraxis hin), so empfiehlt sich dennoch eine Rücksprache mit dem Arzt, ob der Vermerk möglicherweise vergessen wurde. Dies gilt ebenfalls für die meisten Regionallieferverträge der Primärkassen, es kann aber Ausnahmen geben (s. u.), daher sollten Apotheken den für sie gültigen Vertrag dahingehend prüfen.
Achtung: Der Primärkassen-Arzneiliefervertrag in Hamburg enthält eine Prüfpflicht für die Apotheke! Hier sind Apotheken bei fehlendem „§ 27a“-Vermerk verpflichtet, durch eine Rücksprache mit der Praxis zu klären, ob es sich doch um eine künstliche Befruchtung handelt. Das Ergebnis der Rücksprache muss dann auf dem Rezept vermerkt werden – auch wenn es sich ausdrücklich nicht um eine Behandlung nach § 27a handelt.
4. Was muss von der Apotheke auf dem Rezept dokumentiert werden?
Wird ein Rezept für eine künstliche Befruchtung abgerechnet, so muss die Apotheke die Sonder-PZN 09999643 aufdrucken und nachfolgend die PZN des verordneten Arzneimittels mit dem Betrag, der der Krankenkasse in Rechnung gestellt wird (50 % des Arzneimittelpreises).
Auszug aus den Technischen Anlagen 1 zur Datenübermittlung
im Rahmen der Arzneimittelabrechnung
„4.9 Abrechnung von Verordnungen im Rahmen der Künstlichen Befruchtung
Zur Kennzeichnung eines Arzneiverordnungsblattes als Verordnung zur künstlichen Befruchtung wird in die erste Abrechnungszeile des Apothekenfeldes das Sonderkennzeichen 09999643 mit dem Betrag „0“ im Einzeltaxfeld eingetragen. Nachfolgend sind die Pharmazentralnummern der abzurechnenden Arzneimittel mit dem Betrag einzutragen, der mit der Krankenkasse abzurechnen ist (50 % vom in Rechnung gestellten Betrag). Die Eigenbeteiligung des Versicherten zur Künstlichen Befruchtung (50 % vom in Rechnung gestellten Betrag) wird vom Apothekenrechenzentrum berücksichtigt, das Feld „Zuzahlung“ wird mit Null „0“ gefüllt.“
Falls eine Rücksprache mit dem Arzt gehalten wurde, sollte das Ergebnis ebenfalls auf dem Rezept dokumentiert werden – auf jeden Fall dann, wenn der Arzneiliefervertrag dies ausdrücklich fordert (s. o.).
Unser Tipp
Zum Thema „§ 27a-Rezept – Abrechnung in der Apotheke“ gibt es eine DAP-Arbeitshilfe. Diese finden Sie hier auf
Für Sie zusammengefasst
Die gesetzlichen Krankenkassen tragen in der Regel nur 50 % der Kosten.
Für die Abrechnung in der Apotheke ist maßgeblich, ob auf entsprechenden Rezepten ein Hinweis wie „§ 27a“ zu finden ist. Ist dies der Fall, so muss die Patientin die Hälfte der Kosten selber tragen. Fehlt dieser Hinweis, so ist eine Rücksprache mit dem Arzt empfehlenswert bzw. z. B. im Arzneiliefervertrag Hamburg sogar Pflicht.
Wird ein Arzneimittel entsprechend seiner Indikation nicht im Rahmen einer künstlichen Befruchtung eingesetzt, so kann die Apotheke den vollen Preis (abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung) mit der Krankenkasse abrechnen.