Titelbild: Rido / AdobeStock
Erkältung: Was kann Zink tatsächlich?

Fakt ist, Zink ist ein essenzieller Mineralstoff, der dem Körper mit der Nahrung zugeführt werden muss und der im Organismus an wesentlichen biologischen Prozessen beteiligt ist.
Zu wenig Zink hat schwerwiegende Folgen wie etwa eine Unterfunktion der Keimdrüsen, Wachstumsstörungen, Blutarmut, eine verringerte Abwehrfunktion, Haarausfall, trockene Haut und brüchige Nägel.
Welche Aufgaben hat Zink im Körper?
Im Organismus ist Zink etwa Bestandteil so wichtiger Proteine wie der RNA-Polymerase oder der Carboanhydrase. Die Klasse der nukleinsäurebindenden Zinkfingerproteine, die mit der DNA oder der RNA interagieren, ist eine der wichtigsten und größten. Sie dienen zum Beispiel als Transkriptionsfaktoren oder spielen eine Rolle bei der Verpackung der Erbsubstanz in den Chromosomen.
Auch im Stoffwechsel nimmt Zink eine Schlüsselrolle ein – im Zucker-, Fett- und Eiweißstoffwechsel. Und es steuert die Aktivität des Immunsystems (und zwar sowohl aktivierend als auch dämpfend). Außerdem ist es tatsächlich unmittelbar an der Bekämpfung von Viren beteiligt, etwa in Form des zinc finger antiviral protein (ZAP).
Zink lässt sich ausreichend mit der Nahrung aufnehmen
Was aber nicht stimmt, ist, dass Zink zwingend mit Nahrungsergänzungsmitteln supplementiert werden müsste. Denn Zink ist in vielen Lebensmitteln enthalten und die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlene tägliche Dosis lässt sich durch eine ausgewogene Ernährung problemlos erreichen.
Gut zu wissen: Wie viel Zink sollte man täglich zu sich nehmen?
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) gibt folgende Empfehlung zur täglichen Zinkaufnahme als sogenannten Referenzwert an. Sie ist abhängig von Alter und Geschlecht sowie von bestimmten Ernährungsweisen:
- Der Schätzwert für Säuglinge im Alter von 0 bis unter 4 Monate beträgt 1,5 mg Zink pro Tag.
- Die empfohlene Zufuhr für 15- bis unter 19-Jährige beträgt 11 mg Zink pro Tag für weibliche und 14 mg Zink pro Tag für männliche Jugendliche.
- Die empfohlene Zufuhr für Frauen ab 19 Jahren mit niedriger, mittlerer beziehungsweise hoher Phytatzufuhr* liegt bei 7 mg, 8 mg bzw. 10 mg Zink pro Tag, für Männer liegen die Werte bei 11 mg, 14 mg bzw. 16 mg Zink pro Tag.
- Für Schwangere und Stillende liegen die Werte etwas höher als für nicht schwangere Frauen.
*Phytat ist das Salz der Phytinsäure. Diese dient in Pflanzen als Speicherform für Phosphat und kann Mineralien wie Zink binden. In Lebensmitteln kommt sie besonders in Vollkornprodukten oder Hülsenfrüchten vor, die ungekeimt sind.
Eine mittlere Phytatzufuhr liegt vor, wenn man sich vollwertig ernährt und die Nahrung neben Fleisch oder Fisch auch Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte enthält. Auch Vegetarier oder Veganer, die Getreideprodukte zu sich nehmen, die „vorrangig aus Sauerteig oder ausgemahlenem Mehl (zum Beispiel Weißmehl) oder gekeimtem Getreide bestehen“, haben eine mittlere Phytatzufuhr.
Eine hohe Zufuhr hat, wer sich hauptsächlich von „nicht gekeimten oder unfermentierten Vollkornprodukten (etwa Frischkornbrei) sowie Hülsenfrüchten (etwa Soja oder Kidneybohnen) ernährt. Bei einer solchen Ernährung ist die Zinkabsorption eingeschränkt.
11 Milligramm, wie für einen männlichen Erwachsenen empfohlen, erreicht man zum Beispiel bereits mit zwei mit Käse belegten Graubroten und einer Banane zum Frühstück, einem Mittagessen aus magerem Schweinefleisch mit Kartoffeln und Brokkoli, zum Nachtisch ein Joghurt und Erdbeeren und als Abendessen einen Rucola-Salat mit Paprika (so eine Beispielrechnung der DGE).
Im Schnitt nehmen Menschen in Deutschland laut Nationaler Verzehrstudie genügend Zink in allen Altersgruppen zu sich, auch wenn ein Drittel der Männer und ein Fünftel der Frauen zu wenig zu sich nehmen.
Zu viel Zink allerdings kann auch schaden, wenn gleichzeitig zu wenig ebenfalls essenzielles Kupfer aufgenommen wird. Dann kann es etwa zu Blutarmut führen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat als tolerierbare Gesamtzufuhrmenge für Zink, die nicht dauerhaft überschritten werden sollte, für Erwachsene 25 mg festgelegt. Für Kinder sind das abhängig vom Körpergewicht zwischen 7 mg bei 1- bis 3-Jährigen und 22 mg bei 15- bis 17-Jährigen.
Was hat Zink mit Erkältungen zu tun?
Welche Rolle Zink bei Erkältungen spielt, darüber streitet sich die Wissenschaft seit Jahrzehnten. Ausschlaggebend war eine Studie im Jahr 1984, laut der eine zusätzliche Zink-Aufnahme die Dauer von Erkältungssymptomen um bis zu sieben Tage reduzieren sollte.
Spätere Studien taten sich schwer mit der Verifikation dieser Aussage. Im Jahr 2013 schließlich erregte ein Cochrane-Review des indischen Institute of Medical Sciences Aufsehen, weil man in der Meta-Analyse mehrerer Studien zu dem Schluss kam, dass „Zink, das innerhalb von 24 Stunden nach Auftreten der Symptome verabreicht wird, die Dauer der Erkältungssymptome bei gesunden Menschen verkürzt“. Der Review wurde allerdings im Jahr 2015 zurückgezogen, weil es etliche methodische Fehler in der Arbeit gab.
Zahlreiche wissenschaftliche Studien später gab es im Jahr 2024 nun einen erneuten Cochrane-Review. Die Forschenden um die Juniorprofessorin Susan Wieland von der University of Maryland School of Medicine hatten dafür die Ergebnisse aus 34 Studien mit 8.526 Teilnehmenden berücksichtigt.
Sie kamen nun zu folgenden Schlussfolgerungen:
- Die Einnahme von Zinkpräparaten führt im Vergleich zu Placebo möglicherweise zu einer nur geringen oder gar keiner Verringerung des Risikos, eine Erkältung zu entwickeln.
- Bei Personen, die bereits eine Erkältung haben, verkürzt sich möglicherweise die Dauer der Erkältung durch Zinkpräparate im Vergleich zu Placebo.
- Es besteht wahrscheinlich ein erhöhtes Risiko für nicht schwerwiegende unerwünschte Ereignisse, wenn Zink zur Behandlung von Erkältungen eingesetzt wird.
Geringe Evidenz für Wirksamkeit von Zink bei Erkältungen
Unter dem Strich sind hohe zusätzliche Mengen von Zink als Nahrungsergänzung aus Sicht der Forschenden also eher nicht erfolgreich bei der Vermeidung von Erkältungen. Und auch dass zusätzliches Zink bei bestehenden Erkältungen die Schwere oder Dauer der Symptome verringert, sei nicht ausreichend belegt, sagen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Wielands Gruppe.
Zwar konnten acht Studien mit insgesamt 972 Personen eine Reduktion der Symptomdauer um etwa zwei Tage zeigen – die Evidenz dafür sei allerdings aus verschiedenen methodischen Gründen nur gering bis sehr gering, schreiben die Forschenden. Keinen Beweis gab es dafür, dass zusätzliches Zink die Schwere von Erkältungssymptomen beeinflussen kann.
Was sich aber sehr oft zeigte, waren sogenannte nicht schwerwiegende unerwünschte Nebeneffekte – insbesondere Veränderungen im Geschmackssinn und Magenbeschwerden wurden dabei genannt. Schwerwiegende unerwünschte Wirkungen zeigten sich in den untersuchten Studien allerdings nicht. Quellen:
https://doi.org/10.1007/978-94-007-7500-8_12 https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-94-007-7500-8_12
https://www.cell.com/cell-reports/fulltext/S2211-1247(13)00016-8?_returnURL=http%3A%2F%2Flinkinghub.elsevier.com%2Fretrieve%2Fpii%2FS2211124713000168%3Fshowall%3Dtrue
https://www.dge.de/gesunde-ernaehrung/faq/ausgewaehlte-fragen-und-antworten-zu-zink/#c3482
https://www.mri.bund.de/fileadmin/MRI/Institute/EV/NVSII_Abschlussbericht_Teil_2.pdf
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC185426/
https://www.cochranelibrary.com/cdsr/doi/10.1002/14651858.CD001364.pub4/full
https://www.cochranelibrary.com/cdsr/doi/10.1002/14651858.CD001364.pub5/full
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38719213/ Deutsche Zusammenfassung https://www.cochrane.org/de/CD014914/ARI_zink-zur-vorbeugung-und-behandlung-von-erkaltungskrankheiten
Fazit: Zink über Nahrungsaufnahme reicht aus
• Wer sich gut und ausgewogen ernährt, nimmt genug Zink zu sich, um unter anderem auch sein Immunsystem zu unterstützen.
• Veganer und Vegetarier haben durch den hohen Phytatgehalt ihrer Ernährung eher eine Neigung, zu wenig Zink aufzunehmen.
• Zu wenig Zink schadet, zu viel aber auch (zumindest, wenn auch zu wenig Kupfer aufgenommen wird).
• Zusätzliches Zink aus Nahrungsergänzungsmitteln hat wahrscheinlich keinen Effekt zur Vorbeugung gegen Erkältungen. Ob es die Dauer von Symptomen reduziert, ist zumindest fraglich; für die Linderung der Symptomschwere gab es laut der Forschenden keinen Nachweis.
• In vielen Fällen gab es mit Zusatzpräparaten Berichte über Veränderungen des Geschmackssinns und Magenbeschwerden.