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Obstipation könnte Nierener­krankung beeinflussen

Mann fasst sich mit der Hand an den Bauch
Bei einer Stuhlfrequenz von weniger als zweimal pro Woche spricht man von Obstipation. | Bild: Daniel / AdobeStock

Dass der Darm eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung der Gesundheit spielt, ist mittlerweile bekannt. Derzeit gibt es nur wenige Untersuchungen, die den Zusammenhang der Stuhlfrequenz mit verschiedenen Erkrankungen ausgewertet haben. 

Unter der Stuhlfrequenz versteht man die Anzahl der Stuhlgänge innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Eine verminderte Frequenz von weniger als zwei Stuhlgängen pro Woche wird als Obstipation bzw. Verstopfung bezeichnet.

Bei einer Verstopfung verweilen die Nahrungsbestandteile für einen langen Zeitraum im Darm, wodurch die Bildung ungünstiger Stoffwechselprodukte begünstigt wird. Diese werden über die Darmschleimhaut ins Blut abgegeben und können dort an der Entstehung von Erkrankungen und Entzündungen beteiligt sein. 

Welchen Einfluss eine langsame Darmpassage insbesondere auf die Gesundheit der Nieren hat, wurde nun in einer Studie untersucht.

Studie untersucht Zusammenhang von Stuhlfrequenz und Nierenerkrankungen

Die Ergebnisse der Multiomics-StudieCell Reports Medicine: "Aberrant bowel movement frequencies coincide with increased microbe-derived blood metabolites associated with reduced organ function"  wurden im Juli 2024 im „Cell Reports Medicine“ Journal veröffentlicht. Das Forscherteam des „Institute for Systems Biology“ aus Seattle wertete dafür frühere Datensätze einer ehemaligen kalifornischen Firma aus, die spezielle Wellnessuntersuchungen für Endkunden anbot. 

Die Informationen für die systematische Analyse wurden in den Jahren 2015 bis 2019 gesammelt und beinhalten folgende Parameter:

  • Umfragebogen zur Selbsteinschätzung bei den Themen Ernährung, Bewegung, Lifestyle, mentale Gesundheit und zur Bestimmung der Stuhlfrequenz.
  • Werte aus Blutuntersuchungen zu metabolischen Abbauprodukten.
  • Stuhlproben
  • Glomeruläre Filtrationsrate (GFR) zur Abschätzung der Nierenfunktion

Das Team konzentrierte sich ausschließlich auf die Daten gesunder Personen. Die Studie schloss 1.425 Personen zwischen 18 und 89 Jahren ein, die hauptsächlich weiß waren und an der Westküste der USA lebten. 60 % waren zudem weiblich. 

Betrachtet wurde der Zusammenhang der Stuhlfrequenz mit dem Vorkommen bestimmter Bakterienarten im Darm sowie die Auswirkung gebildeter Stoffwechselprodukte auf die Gesundheit der Nieren.

Bei niedriger Stuhlfrequenz: Mehr gesundheitsschädliche Protein-Abbauprodukte

Die Forschenden stellten einen Zusammenhang zwischen der Stuhlfrequenz und der Zusammensetzung des Darm-Mikrobioms fest: Bei einer niedrigen Stuhlfrequenz fanden sich weniger günstige Bakterien, wie Bacteroides oder Veillonella, die aus Ballaststoffen kurzkettige Fettsäuren bilden. Dafür wurden ungünstige Arten, wie Eisenbergiella, Pygmaiobacter und Anaerofustis, vermehrt detektiert. 

Diese Veränderungen des Darm-Mikrobioms führten zu einem Ungleichgewicht an Bakterien (Dysbiose), wodurch wiederum Gärungsprozesse aus Proteinen im Darm gefördert wurden.

Zur Erinnerung: Was sind kurzkettige Fettsäuren?

Kurzkettige Fettsäuren oder short-chain-fatty-acids (SCFAs) sind Stoffwechselprodukte vieler gesundheitsfördernder Darmbakterien, die aus unverdaulichen Kohlenhydraten wie Ballaststoffen hergestellt werden. Sie haben zahlreiche positive Effekte unter anderem auf das Immunsystem, die Leistungsfähigkeit und die Entstehung von Entzündungen. 

Typische kurzkettige Fettsäuren sind Butyrat (Salz der Buttersäure) sowie Acetat und Propionat. 

Um die Vielfalt der SCAFs-produzierenden Bakterien im Darm zu fördern, sollte auf eine ausreichende Menge Ballaststoffe in der täglichen Ernährung geachtet werden.

Dies konnte aufgrund des erhöhten Auftretens typischer Protein-Abbauprodukte, wie 3-Indoxylsulfat (3-IS), p-Kresolsulfat (PCS) und Phenylacetylglutamin (PAG), bei Personen, die weniger als zwei Stuhlgänge pro Woche hatten, nachgewiesen werden. 

3-IS kommt vermehrt im Blut von Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen vor. Außerdem gibt es Hinweise, dass dieses Abbauprodukt die glomeruläre Filtrationsrate reduzieren kann. 

PCS und PAG stehen in Zusammenhang mit einer fortgeschrittenen Niereninsuffizienz, wobei Zweiteres auch das Voranschreiten einer Nierenerkrankung beschleunigen kann.

Stuhlfrequenz und Nierengesundheit: Weitere Studien sind notwendig

Da es sich bei einer Multiomics-Studie um eine statistische Auswertung von Datensätzen handelt, müssen die Ergebnisse eher als positive Hinweise für einen möglichen Zusammenhang angesehen werden. 

Die Forschenden geben auch an, dass diese retrospektive Untersuchung nicht beweisen kann, dass eine niedrige Stuhlfrequenz wirklich die Nieren schädigt. Sie empfehlen weitere Studien in erster Instanz am Tiermodell.

Außerdem ist zur Bestätigung der Ergebnisse eine größere Personenanzahl im Bereich der niedrigen Stuhlfrequenz nötig. In dieser Auswertung gaben lediglich 33 Teilnehmende an, zwei oder weniger Stuhlgänge pro Woche zu haben. Die Einbeziehung von Daten aus einem persönlichen Fragebogen ist recht vage und subjektiv, weshalb zukünftig besser auf übergreifende Testverfahren gesetzt werden sollte.

Ernährungsweise hat Einfluss auf die Stuhlfrequenz

Interessant war die Auswertung in Bezug auf die Essgewohnheiten. Teilnehmende mit einer normalen bzw. höheren Stuhlfrequenz gaben an, sich häufig ballaststoffreich mit viel Gemüse und Obst zu ernähren. Auch in Bezug auf eine erhöhte Trinkmenge konnte ein Zusammenhang festgestellt werden. Quellen:
- https://www.cell.com/cell-reports-medicine/fulltext/S2666-3791(24)00360-4
- https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/153091/Stuhlganghaeufigkeit-koennte-Gesundheit-der-Nieren-beeinflussen?rt=579bf652040de330a94377e866488cd2
 

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