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Tribulus terrestris bei erektiler Dysfunktion?

Getrockneter Tribulus terrestris und orangefarbene Kapseln auf Holzgrund
Die Wirksamkeit von Tribulus terrestris ist in nur wenigen qualitativ hochwertigen Studien untersucht. | Bild: svehlik / AdobeStock

Unterstützt Tribulus terrestris die männliche Libido und Potenz, hilft bei erektiler Dysfunktion und stärkt die Muskeln? Dies war eine Ausgangsfrage für ein groß angelegtes Review. 

Bei ihrer Datenbankrecherche fanden Wissenschaftler um José de Oliveira Vilar Neto von der Federal University of Ceará in Fortaleza (Brasilien) 162 Studien zu Tribulus terrestris. Sie interessierten sich dafür, ob sich die Heilpflanze bei Männern auf im Serum gemessene Androgene auswirkt und die Sexualfunktion verbessert.

Gut zu wissen: Was ist Tribulus terrestris?

Tribulus terrestris (Erd-Burzeldorn, Erdsternchen, Erdstachelnuss) ist eine Heilpflanze, die seit Jahrhunderten in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) verwurzelt ist. Sie soll Libido und Testosteronproduktion steigern und damit Muskelkraft und Potenz erhöhen. 

Die Pflanze gehört zur Familie der Zygophyllaceae und wächst in wärmeren Regionen von China, Indien und dem Mittelmeerraum sowie in Bulgarien, Mexiko und einigen Regionen der Vereinigten Staaten. 

Als Hauptwirkstoffe in Tribulus terrestris gelten Saponine, vor allem Protodioscin. Zugelassene Arzneimittel gibt es in Deutschland nicht (abgesehen von der homöopathischen Zubereitung Tribulus terrestris D12 DHU Globuli als apothekenpflichtiges Arzneimittel, die laut DHU „zurzeit nicht lieferbar“ sind; Stand 15. April 2025). 

Dafür sind jedoch zahlreiche Nahrungsergänzungsmittel (NEM) auf dem Markt.

Zehn Studien zu Tribulus terrestris ausgewertet

Ausgewertet haben die Forschenden für ihren Review jedoch lediglich zehn Studien und davon bewerteten sie nur drei als methodisch hochwertig (Jadad-Score von 4 oder 5). 

Die restlichen Studien sortierten sie unter anderem als Duplikate oder aufgrund von unpublizierten oder nichtklinischen Untersuchungen, Tiermodellen oder einer Kombination mit anderen Wirkstoffen aus.

Gut zu wissen: Was ist der Jadad-Score?

Der Jadad-Score ist ein Fünf-Punkte-System, um die methodische Qualität von Studien zu bewerten. Dabei geht es um Randomisierung und Doppelverblindung, ob diese erwähnt und gut beschrieben sind und ob die Studienautoren die Abbrecherrate (Dropouts) erwähnen. 

Bei einem Jadad-Score von 0 bis 2 gilt die Studienqualität als niedrig, bei Werten zwischen 3 und 5 als hoch, mit einem geringen Risiko für Verzerrungen (Bias).

Insgesamt schlossen die ausgewerteten zehn Studien 483 männliche Teilnehmer im Alter zwischen 16 und 70 Jahren ein. Sie waren entweder gesund (fünf Studien) oder litten an Oligospermie (eine verminderte Anzahl von Spermien im Ejakulat), erektiler Dysfunktion, erektiler Dysfunktion in Verbindung mit Hypogonadismus (Unterfunktion der Hoden) oder Unfruchtbarkeit ungeklärter Ursache (je eine Studie). 

Die tägliche Dosierung von Tribulus terrestris lag in den Studien zwischen 400 mg und 12 g, die die Studienteilnehmer über vier Wochen bis drei Monate anwendeten. Die Ergebnisse publizierten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Nutrients“.

Gut zu wissen: Wie wirkt Tribulus terrestris?

Als wirksame Substanzen in Tribulus terrestris gelten Saponine. Sie sollen die Bildung von Stickstoffmonoxid (NO) erhöhen und zu einer NO-bedingten Entspannung des Schwellkörpers im Penis führen und die Erektion verbessern. 

Die Saponin-Konzentrationen können jedoch je nach Präparat stark schwanken. In den im Review berücksichtigten Studien variierte der Gehalt zwischen 40 und 60 % (so überhaupt angegeben).

Ist Tribulus terrestris ein „Testosteron-Booster“?

Nur zwei Studien, beide durchgeführt in Ägypten und von methodisch geringer Qualität, unterstützen die Hypothese, dass Tribulus terrestris die Testosteronspiegel erhöht. Die klinische Relevanz dieses Anstiegs (60 bis 70 ng/dL bei Männern mit Hypogonadismus und niedrigen Ausgangstestosteronspiegeln im Blut) war jedoch begrenzt. 

Die Review-Autoren ordnen den Effekt von Tribulus terrestris auf die Testosteronspiegel ähnlich hoch ein wie das Wirkpotenzial von Vitamin-D-Supplementen oder anderen pflanzlichen Mitteln wie Tongkat Ali (Eurycoma longifolia) und Bockshornklee (Trigonella foenum-graecum). 

Die Wirkung sei jedoch schwächer als bei Ashwagandha oder wie sie durch therapeutische Dosen an Arginin und Zink bei Männern mit niedrigem Testosteronspiegel erreicht würde. Es gibt nach Ansicht der Studienautoren keinen „stichhaltigen Beweis, dass Tribulus terrestris ein Testosteron-Booster ist“.

Tribulus terrestris: Mögliche Wirksamkeit bei erektiler Dysfunktion

Die Wirkung der Heilpflanze auf eine erektile Dysfunktion war Thema in fünf Untersuchungen, und in drei Studien wurde ein positiver Effekt beschrieben: in den beiden ägyptischen, in denen auch erhöhte Testosteronwerte gefunden wurden, und in einer von methodisch hoher Qualität. Alle Männer hatten zu Studienbeginn eine leichte bis mäßige erektile Dysfunktion und über zwölf Wochen 750 bis 1.500 mg Tribulus terrestris angewendet. 

Zwei Studien fanden keinen Effekt der Pflanze auf die männliche Potenz (geringe methodische Qualität) beziehungsweise keine bessere Wirksamkeit (400 mg Tribulus terrestris pro Tag) als Placebo. 

Eine Studie hatte Männer mit Oligospermie eingeschlossen. Sie nahmen 12 g Tribulus terrestris täglich ein, Sicherheitsbedenken wurden nicht festgestellt. Was die Studienautoren jedoch fanden, war eine verbesserte Spermienmotilität und -morphologie.

Insgesamt resümieren die Review-Autoren, dass Tribulus terrestris in Dosierungen zwischen 400 und 750 mg über ein bis drei Monate „eine erektile Dysfunktion verbessern kann“. Das verwundert, denn eine verbesserte erektile Dysfunktion wurde nur in Studien mit Dosen von 750 bis 1.500 mg täglich festgestellt, während in der brasilianischen Studie von Santos mit 400 mg Tribulus terrestris täglich zwar ein positiver Effekt, jedoch kein Unterschied zu Placebo festgestellt wurde. 

Die Review-Autoren plädieren am Schluss für weitere gut kontrollierte und randomisierte klinische Studien, um die Dosierung und Therapiedauer mit Tribulus-terrestris-Supplementen bei erektiler Dysfunktion zu untersuchen.

NEM mit Tribulus terrestris nicht unbedenklich

Im Sommer 2024 warnte die Verbraucherzentrale ausführlich vor Nahrungsergänzungsmitteln mit Tribulus terrestris und ging dabei auch auf den Konsum im Sport- und Fitnessbereich ein. 

Es sei nicht auszuschließen, dass manche Produkte „nicht angegebene anabole oder androgene Steroide enthalten“. Für Tribulus terrestris und aus ihr gewonnene Substanzen zur Verwendung in Nahrungsergänzungsmitteln gebe es zudem keine gesundheitsbezogenen Aussagen (Health Claims), die wissenschaftlich geprüft und von der EU-Kommission zugelassen seien. 

Zur Erinnerung: Was sind Health Claims?

Für nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben zu Lebensmitteln sowie Nahrungsergänzungsmitteln wird häufig der englische Begriff „Health Claims“ verwendet. 

Health Claims weisen entweder auf Beziehungen zwischen einem Lebensmittel/Nahrungsergänzungsmittel bzw. einem seiner Bestandteile und der Gesundheit oder auf nährwertbezogene Angaben hin, wie z. B. „reich an Vitamin C“ oder „mit reduziertem Fett-Anteil“. 

Die Angaben werden durch die Health-Claims-Verordnung geregelt und durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) geprüft. /vs

Deshalb setzten einige Anbieter von „Testosteron-Booster-Tabletten“ mit Tribulus terrestris ihren Produkten beispielsweise Zink oder Vitamin D zu, da für Zink mit „trägt zu einer normalen Fruchtbarkeit und einer normalen Reproduktion bei“ und „trägt zur Erhaltung eines normalen Testosteronspiegels im Blut bei“ und für Vitamin D mit „für den Erhalt der normalen Muskelfunktion“ geworben werden dürfe. 

Die Verbraucherzentrale ergänzt, dass die Behandlung einer erektilen Dysfunktion „immer in ärztliche Hand“ gehöre. Literatur:
DOI: 10.3390/nu17071275. PMID: 40219032; PMCID: PMC11990417.

https://www.gelbe-liste.de/produkte/Tribulus-terrestris-D12-DHU-Globuli_1277125

https://www.dhu.de/tribulus-terrestris?view=product_variation:list_block:12116

DOI: 10.1177/0391560318802160.

DOI: 10.1080/0092623X.2015.1033579.

DOI: 10.1016/j.maturitas.2017.01.011.

DOI: 10.1016/j.acuro.2013.09.014.

DOI: 10.4103/0974-8520.108822.

DOI: 10.1016/0197-2456(95)00134-4

https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/projekt-klartext-nem/testosteronbooster-tribulus-was-kann-das-erdsternchen-wirklich-27178