Biochemisches Grundwissen
Serien
4 min merken gemerkt Artikel drucken

Zusammensetzung von Lebensmittelprotein : Was ist eigentlich die biologische Wertigkeit?

Frau hält geöffneten und gefüllten Eierkarton in der Hand
Als Referenzwert für die biologische Wertigkeit dient das Vollei. | Bild: Erika / AdobeStock

Um die Qualität von Lebensmitteln zu beurteilen, kann z. B. die Zusammensetzung der Makronährstoffe (Kohlenhydrate, Eiweiße und Fett) oder der Vitamingehalt betrachtet werden. 

Möchte man dagegen die enthaltenen Eiweiße (Proteine) beurteilen, kann dafür die „Biologische Wertigkeit“ hilfreich sein. Diese ist ein Maß für die Verwertbarkeit der in einem Lebensmittel enthaltenen Proteine.  

Biologische Wertigkeit abhängig vom Profil der Proteine 

Jedes Nahrungsprotein besitzt ein einzigartiges Aminosäure-Profil. Das bedeutet, dass alle 20 proteinogenen Aminosäuren in einem bestimmten Verhältnis vorliegen können.

Zur Erinnerung: Was sind proteinogene Aminosäuren?

Darunter versteht man Aminosäuren, die vom menschlichen Körper zur Proteinsynthese verwendet werden.

Für die Produktion körpereigener Stoffe müssen dem menschlichen Körper zwar nur acht dieser Aminosäuren (sog. essenzielle Aminosäuren) zwingend mit der Nahrung zugeführt werden, doch sind für eine optimale Verwertbarkeit bestimmte Mengenverhältnisse notwendig.  

Eine hohe biologische Wertigkeit eines Nahrungsmittels ergibt sich dadurch, dass die Aminosäuren in ähnlicher Zusammensetzung enthalten sind, wie der Körper sie für die Proteinsynthese benötigt.  

Das Vollei als Maß für biologische Wertigkeit

In der Literatur variieren die Angaben zur biologischen Wertigkeit je nach Quelle. Es gibt jedoch eine grobe Faustregel, wonach tierische Eiweiße geeigneter sind als pflanzliche. 

Der Grund: Je ähnlicher eine Proteinquelle dem menschlichen Gewebe ist, desto weniger Aminosäuren bleiben bei der Proteinsynthese ungenutzt. 

LebensmittelBiologische Wertigkeit (BW) 
Vollei100
Rindfleisch80
Whey (Molkenprotein)104
Bohnen75
Weizen-Gluten64

 

Als Referenzwert dient ein „Vollei“ (Eigelb plus Eiweiß aus Hühnerei) mit der biologischen Wertigkeit von 100. Allerdings ist die Skala an dieser Stelle nicht limitiert, weshalb manche Lebensmittel durchaus auch höhere Werte erreichen können (siehe Molkenprotein). 

Gut zu wissen: Was passiert mit überschüssigen Aminosäuren?

Aminosäuren, die nicht für die Proteinsynthese verwendet werden, werden zu Kohlenhydraten oder Fetten verstoffwechselt.

Die Mischung macht‘s 

Eine hohe biologische Wertigkeit ist auch durch eine gezielte Kombination unterschiedlicher Lebensmittel möglich. So bietet sich z. B. die Kombination von Hülsenfrüchten und Getreide an: Hülsenfrüchte sind reich an Lysin, aber arm an Methionin, bei Getreide verhält es sich dagegen genau umgekehrt (viel Methionin, wenig Lysin). 

Auf diese Weise kann auch durch eine pflanzenbasierte Ernährung die Versorgung mit allen essenziellen Aminosäuren sichergestellt werden. In der Praxis lässt sich die beschriebene Kombination z. B. durch ein klassisches Thai-Curry-Gericht umsetzen, welches mit Couscous (Getreide) und Linsen (Hülsenfrüchte) zubereitet wird.  

Dieses Beispiel zeigt, dass sich geeignete Kombinationen bereits in den Küchen der Welt etabliert haben. Sofern nicht durch Krisen wie Dürre oder Armut verhindert, ist eine ausgewogene Lebensmittelauswahl in nahezu allen Kulturen weit verbreitet.

Fazit: Auf ausgewogene Mischkost achten

Ein Großteil der Weltbevölkerung hat womöglich noch nie etwas von der biologischen Wertigkeit gehört, dennoch wird aus ernährungsphysiologischer Sicht bereits vieles richtig gemacht. Im Alltag eines gesunden Menschen ist dieses Kriterium daher nur von geringfügiger Bedeutung.

Selbst eine einseitige (kaloriendeckende) Ernährung führt in der Regel nicht zu einem Aminosäurenmangel, da nur wenige Lebensmittel eine bestimmte Aminosäure gar nicht enthalten. Bei einer ausgewogenen Mischkost braucht man sich somit keine Gedanken zu machen. Quelle: Hoffman, J. R., & Falvo, M. J. (2004). Protein - Which is Best?. Journal of sports science & medicine, 3(3), 118–130.
Rittenau, Niko (2019), Vegan-Klischee ade!, 5. Auflage, Mainz
 

Zurück