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Stillen schützt vor späterem Über­gewicht

Mutter stillt Säugling an der Brust
Stillen kann laut einer Studie vor späterem Übergewicht des Kindes schützen. | Bild: Nicholas Felix/peopleimages.com / AdobeStock

Die ersten Monate im Leben eines Babys sind in vielerlei Hinsicht entscheidend für die Entwicklung und Ausbildung von Prägungen. Das beginnt meist mit der Entscheidung, ob das Kind gestillt wird oder eine Formula-Nahrung erhält. 

Ein Team der Universitäten Osnabrück, Aachen und Regensburg hat in einer Untersuchung den Zusammenhang zwischen der Ernährung mit künstlicher Babynahrung (Formula) und der Entwicklung von Übergewicht bzw. Adipositas erforscht. Die Ergebnisse wurden im Juli 2024 im Fachjournal „Nutrients“ veröffentlicht.

Fettleibigkeit: Einfluss von Stillen und Formula-Nahrung

Die Forschenden haben untersucht, inwieweit Babys, die mit künstlicher Säuglingsnahrung gefüttert und nicht gestillt werden, häufiger an Adipositas erkranken und ob eine Zunahme des Fettgewebes zu verzeichnen ist. Für die Untersuchung wurden Studien aus wissenschaftlichen Datenbanken ausgewertet und miteinander verglichen.

Bekannt ist bisher, dass Stillen eine natürliche Schutzwirkung gegenüber nicht infektiösen Erkrankungen, wie Übergewicht und Diabetes, im Kindes- und Erwachsenenalter aufweist. Untersucht wurde deshalb der Einfluss von Formula-Nahrung auf die Genetik.

Gut zu wissen: Unterschied von Pre-Nahrung, Folgemilch und Co.

Während Pre-Nahrung und Anfangsmilch 1 dem Nährstoffgehalt der Muttermilch am nächsten kommen, sind Folgemilch-Produkte mit den Ziffern 2 und 3 meist gehaltvoller und führen zu einer stärkeren Sättigung des Babys.

Säuglingsnahrung mit der Ziffer 2 wird ab dem vierten Lebensmonat und Nahrung mit der Ziffer 3 ab dem achten Lebensmonat empfohlen. Sie enthalten einen weitaus höheren Anteil an Proteinen, weshalb der übermäßige Einsatz beschränkt werden sollte. 

Insbesondere abends und aachts kann es schnell zu einem Nahrungsüberangebot kommen, wenn durch die Gabe größerer Mengen ein besseres Durchschlafen erzielt werden möchte.

Vermehrte Bildung von Fettzellen durch Formula-Nahrung

Im Zentrum der Datenanalyse stand das FTO-Gen (fat mass and obesity-associated gene), welchem bereits seit einiger Zeit eine Rolle bei der Entstehung von Fettleibigkeit und Diabetes zugeschrieben wird. Veränderungen in diesem Gen-Bereich wirken sich auf das Gewicht und die gespeicherte Fettmasse eines Menschen aus. Die genauen Zusammenhänge, insbesondere mit weiteren Genen, sind allerdings noch nicht genau bekannt.

Die Forschenden wollten diätetische und stoffwechselbedingte Faktoren herausfinden, welche die Expression von FTO beeinflussen können. Weiterhin wurde die Auswirkung der Genexpression auf die Bildung bestimmter RNA-Muster betrachtet, welche an den Prozessen der Lipogenese (Bildung von Depot-Fettgewebe) sowie Adipogenese (Bildung von Fettspeicherzellen) beteiligt sind. 

Es wird angenommen, dass durch die Formula-Nahrung bereits im Säuglingsalter vermehrt weiße Fettzellen gebildet werden, die im Laufe des Lebens eine schnellere und einfachere Einlagerung von Fett begünstigen.

Zur Erinnerung: Was bedeutet Genexpression?

Die Genexpression bezeichnet die Herstellung eines von einem Gen kodierten Genprodukts, insbesondere von Proteinen und RNA-Molekülen.

Die Genexpression besteht dabei aus der Transkription und der Translation. /vs

Zu hoher Proteingehalt in künstlicher Babynahrung

Die Forschenden konnten entsprechende Stoffwechselvorgänge identifizieren, die mit einer erhöhten Zufuhr von Proteinen aus der Formula-Nahrung einhergehen. Dadurch kommt es zu einer verstärkten Genexpression des FTO-Gens, was sich negativ auf den Fettstoffwechsel auswirkt. 

Bereits in einer früheren Studie aus 2020 wurde deutlich, dass die FTO-Gen-Expression bei Babys, welche künstliche Säuglingsnahrung erhielten, um das 26-Fache höher ausgeprägt war als bei gestillten Kindern. Entscheidend ist die Gesamtmenge des aufgenommenen Eiweißes sowie die enthaltenen Aminosäuren, wie beispielsweise Tryptophan, Isoleucin und Leucin.

Formula-Nahrung kann Physiologie der Muttermilch nicht nachbilden

In Muttermilch kommen natürlicherweise Mikro-Ribonukleinsäuren (Mikro-RNA) vor, welche wahrscheinlich in Zusammenhang mit dem FTO-Gen stehen. Mikro-RNA sind kurze RNA-Fragmente, welche an andere RNA-Moleküle andocken und so die Übersetzung in bestimmte Proteine verhindern. Weiterhin können sie den Abbau der RNA-Moleküle fördern, was zu einer verminderten Proteinbildung führt. Sie sind ein wichtiges Bindeglied in der Genexpressions-Regulierung. 

Künstliche Säuglingsnahrung wird zwar stetig weiterentwickelt, dennoch ist es schwierig, typische genspezifische und metabolische Wirkungen der Muttermilch nachzubilden, um eine physiologische Schutzwirkung zu garantieren. Quelle:
- https://www.mdpi.com/2072-6643/16/15/2451
 

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