Rezeptur
Praxiswissen
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Herstellung von wässrigen Iod-Lösungen

Braunglasflasche gefüllt mit brauner Lösung und Tropfer
Iod-Lösungen können Flecken auf der Haut, Kleidung oder auf Gegenständen hinterlassen. | Bild: New Africa / AdobeStock

Elementares Iod ist in Wasser nur sehr schwer löslich. Die grau-violetten Plättchen lassen sich jedoch in Anwesenheit von Kaliumiodid leicht in Lösung bringen.

Standardisierter Rezepturvorschlag aus dem NRF

Um eine wässrige Iod-Lösung herzustellen, kann auf eine geprüfte Rezepturvorschrift aus dem Neuen Rezeptur-Formularium zurückgegriffen werden:  

Wässrige Iod-Lösung 0,333 % / 1 % / 5 % (NRF 13.7.)

100 g Zubereitung bestehen dabei aus folgenden Bestandteilen:

 0,333 %1 %5 %
Iod0,333 g1,0 g5,0 g
Kaliumiodid0,667 g2,0 g10,0 g
Gereinigtes Wasserzu 100,0 gzu 100,0 gzu 100,0 g

Aufgrund seiner Schwerlöslichkeit in Wasser kann Iod nur mithilfe von Kaliumiodid aufgelöst werden, das sehr leicht löslich in Wasser ist. Liegen bereits gelöste Iodid-Ionen vor, so kann sich das Iod unter Bildung von Polyiodid-Ionen wie I3- lösen:  

2 I2 + I- → I3-

Zur Herstellung der wässrigen Lösung wird daher in einem mit Glasstab tarierten Becherglas zunächst Kaliumiodid in etwa der doppelten Menge an Gereinigtem Wasser gelöst. Anschließend kann das Iod hinzugefügt und unter Rühren aufgelöst werden. 

In der erhaltenen klaren, bräunlichen Lösung dürfen keine ungelösten Rückstände mehr zu erkennen sein. Zum Schluss kann der Ansatz mit Gereinigtem Wasser bis zur Ansatzmenge aufgefüllt werden, ohne dass Iod wieder ausfällt.  

Gut zu wissen: Weitere Bezeichnungen für Iod-Lösungen

Die wässrige Iod-Lösung 0,333 % wird auch als „Verdünnte Lugolsche Lösung“ bezeichnet. Die 1-prozentige Zubereitung ist auch unter dem Namen „Schillersche Lösung“ und die 5-prozentige Iod-Lösung unter der Bezeichnung „Lugolsche Lösung“ bekannt.

Darf Iod aus nicht GMP-konformer Herstellung verwendet werden?

Derzeit ist Iod als Rezepturgrundstoff nicht aus GMP-gerechter Herstellung erhältlich. Wirkstoffe zur Herstellung von Arzneimitteln müssen normalerweise GMP-Qualität haben, diese Art der Herstellung ist dann auch auf dem Prüfzertifikat genannt. 

Die Abkürzung GMP steht dabei für „Good Manufacturing Practice“ = Gute Herstellungspraxis und meint in der Pharmazie eine Produktion und Prüfung von Wirkstoffen nach anerkannten pharmazeutischen Regeln. 

In Ausnahmefällen dürfen allerdings auch Arzneistoffe ohne GMP-Bezug eingesetzt werden, und zwar immer dann, wenn eine andere Qualität im Handel nicht verfügbar ist. Dies kann in der Arzneibuch-Monografie Ph. Eur. 2034 „Substanzen zur pharmazeutischen Verwendung“ nachgelesen werden. 

Allerdings muss durch den verantwortlichen Apotheker zusammen mit dem verschreibenden Arzt eine dokumentierte Nutzen-Risiko-Abwägung hinsichtlich der Verwendung der Substanz erfolgen. Die letztendliche Verantwortung über die Verwendung eines Wirkstoffs trägt aber wie gewohnt die Apotheke.

pH-Wert der Iod-Lösungen erst am nächsten Tag messen

Lange Jahre wurde in der NRF-Vorschrift für die drei wässrigen Iod-Lösungen – je nach Iod-Konzentration – ein pH-Wert von 5,2 bis 5,6 angegeben. Die Bestimmung des pH-Wertes ist dabei keine Inprozessprüfung, sondern dient nur der Orientierung und wird überwiegend im Rahmen der Defekturprüfung angewendet. 

Mehrere Krankenhausapotheken informierten in diesem Zusammenhang das NRF über ein rasches Absinken des pH-Wertes nach Herstellung der Zubereitung. Der pH-Wert kann dabei innerhalb einiger Stunden teilweise um mehrere pH-Einheiten abnehmen. Diese Beobachtung konnte durch Laboruntersuchungen des DAC/NRF-Teams bestätigt werden. Eine Angabe des pH-Wertes ohne zeitlichen Bezug ist daher nicht sinnvoll. 

Aktuell wurden in der Rezepturvorschrift daher die konkreten pH-Werte durch eine Angabe zum pH-Bereich ersetzt, dieser liegt zwischen pH 3 und pH 5. Zudem wird in der Herstellungsvorschrift empfohlen, den pH-Wert erst einen Tag nach der Herstellung zu messen.

Abfüllen und Haltbarkeit der wässrigen Iod-Lösungen

Die fertige Iod-Lösung soll unmittelbar nach der Herstellung abgefüllt werden. Dafür geeignet sind Braunglasflaschen oder Weithalsgläser. Behältnisse aus Kunststoff dürfen zur Lagerung nicht verwendet werden, da Iod diese durchdringen und es dann zu Mindergehalten in der Lösung kommen kann. Tropfeinsätze und Gießringe aus Kunststoff können jedoch verwendet werden. 

Wässrige Iod-Lösungen sind wegen der antimikrobiellen Wirkung des Iods mikrobiell nicht anfällig, daher braucht kein Konservierungsmittel zugesetzt werden. Die Aufbrauchsfrist einer wässrigen Iod-Lösung kann mit 6 Monaten angegeben werden.

Iod-Lösung wird zur Färbung von Bakterien angewendet

Die wässrige Iod-Lösung 0,333 % wird zur Gramfärbung von Bakterien eingesetzt. Mit diesem Färbeverfahren können grampositive von gramnegativen Bakterien unterschieden werden. 

Dabei werden die Bakterien meist mit Kristallviolett angefärbt. Zunächst färben sich alle Bakterien. Im nächsten Schritt wird nun die wässrige Iod-Lösung dazugegeben, wodurch sich größere Farbstoff-Komplexe bilden. 

Anschließend werden die angefärbten Bakterien mit Ethanol 96 % wieder abgespült. Gramnegative Bakterien geben dabei ihre Farbe wieder ab, während grampositive Bakterien gefärbt bleiben.

Gut zu wissen: Woher kommen die Unterschiede in der Gramfärbung?

Das unterschiedliche Verhalten der Bakterien lässt sich auf den Aufbau der Zellwand zurückführen:

Grampositive Bakterien besitzen eine auf der Zellmembran aufgelagerte dicke Mureinschicht, die aus Zuckern und Aminosäuren zusammengesetzt ist. In den Zwischenräumen der Mureinschicht kann sich die wässrige Iod-Lösung ansammeln und auch durch Zugabe von Alkohol nicht ausgewaschen werden. 

Bei den gramnegativen Bakterien ist die Mureinschicht dagegen nur dünn ausgeprägt. Die gebildeten Farbstoff-Komplexe können folglich wieder vom Alkohol herausgelöst werden.

Die Gramfärbung spielt eine wichtige Rolle bei der Therapie von Infektionskrankheiten. Denn: Grampositive und gramnegative Bakterien werden mit unterschiedlichen antibiotischen Wirkstoffen bekämpft.

Weitere diagnostische Einsatzgebiete: In der Gynäkologie und bei Hyperhidrose

Die wässrige Iod-Lösung 1 % spielt als Routine-Diagnostikum in der Gynäkologie eine Rolle und dient dabei als Nachweis von Epithelanomalien am Gebärmutterhals

Zur Beurteilung der Zellen wird die Lösung unverdünnt auf den Gebärmutterhals aufgetragen. Gesunde Zellen erscheinen dabei tiefbraun, möglicherweise krankhaft veränderte dagegen nur hellbraun bis ockerfarben. 

Beim sogenannten Minorschen Schwitztest wird die höher konzentrierte 5-prozentige Iod-Lösung eingesetzt. Dadurch kann eine Hyperhidrose, also ein übermäßiges Schwitzen, dargestellt werden. 

Die Iod-Lösung wird dazu auf die Hautstellen aufgetragen und im Anschluss daran Stärkepulver aufgestreut. Die übermäßig schwitzenden Zonen färben sich blau-schwarz. Der Hautarzt kann so genau feststellen, welche Hautbereiche behandelt werden müssen.

Wässrige Iod-Lösungen als Antiseptikum spielen kaum noch eine Rolle

Früher wurden wässrige Iod-Lösungen und alkoholische Iod-Tinkturen zur Desinfektion der Haut vor chirurgischen Eingriffen sowie bei kleineren Wunden eingesetzt. Wegen der Nebenwirkung des Iods bei systemischer Aufnahme und einer Reizung der Haut spielen Iod-Lösungen als Antiseptika nur noch eine geringe Rolle. 

Mittlerweile werden überwiegend Lösungen mit Povidon-Iod eingesetzt. Dabei handelt es sich um Komplexe von Iod mit amphiphilen Polymeren wie Polyvinylpyrrolidon. Diese Povidon-Iod-Komplexe geben das Iod verzögert frei und sorgen für eine langanhaltende Wirkung. Zudem besitzen sie eine bessere Verträglichkeit auch auf empfindlicher Haut. 

Povidon-Iod zeigt im Unterschied zu Iod eine gute Wasserlöslichkeit und wird als wässrige Lösung mit 10 % verfügbarem Iod eingesetzt.

Gut zu wissen: Entfernung von Iod-Flecken

Flecken von Iod auf der Haut, Kleidung und Gegenständen können normalerweise leicht mithilfe einer Natriumthiosulfat-Lösung beseitigt werden. Durch die Thiosulfat-Lösung wird das Iod zu farblosen Iodid-Ionen reduziert.

Quellen:
- DAC/NRF-Rezepturhinweis Iod (31.03.2022)
- NRF-Vorschrift 13.7. Wässrige Iod-Lösung 0,333 % / 1 % / 5 %
 

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