Frage aus der Rezeptur: Aufbrauchsfrist vs. Haltbarkeit – wo liegt der Unterschied?
Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Frage:
Wir sollen für ein Kind eine Budesonid-haltige Suspension zum Einnehmen herstellen.
Budesonid 0,02 g
Tragant 0,6 g
Saccharose 22,0 g
Natriumchlorid 0,5 g
Kaliumsorbat 0,15 g
Wasserfreie Citronensäure 0,07 g
Gereinigtes Wasser zu 100 ml
Wie lange ist diese Rezeptur vor Anbruch haltbar und was ist eigentlich der Unterschied zwischen der Aufbrauchsfrist und der Haltbarkeit eines Arzneimittels?
Die Stabilität eines in der Apotheke hergestellten Arzneimittels ist ein wichtiges Kriterium seiner pharmazeutischen Qualität. Innerhalb des Zeitraums der Anwendung darf sich die Zubereitung in ihren wichtigen Eigenschaften nur in einem zulässigen Ausmaß verändern. Bei einer individuell für den Patienten angefertigten Rezeptur kann davon ausgegangen werden, dass die Zubereitung normalerweise unmittelbar angewendet wird.
Aufbrauchsfrist: Wichtig bei Rezepturen
Aus diesem Grund wird bei Rezepturarzneimitteln normalerweise nur eine Aufbrauchsfrist festgelegt. Diese beginnt mit dem Anbruch des Arzneimittels und endet mit dem Tag, an dem die Zubereitung nicht mehr appliziert werden darf. Nach Vorschrift der Apothekenbetriebsordnung müssen Rezepturen bei der Abgabe an den Patienten mit diesem konkreten Enddatum der Aufbrauchsfrist beschriftet werden. Die Apotheke muss also auf das Etikett ein Datum unter Angabe von Tag, Monat und Jahr mit dem Hinweis „verwendbar bis“ schreiben. Der Tag der Herstellung wird dabei im Übrigen nicht mitgezählt. Für chemisch-physikalisch stabile Zubereitungen lassen sich Richtwerte zur Festlegung der Aufbrauchsfrist für verschiedene Darreichungsformen im NRF in der Tabelle I.4.-2 finden.
Pharmazeutische Qualität entscheidend
Bei der korrekten Angabe der Aufbrauchsfrist soll die Apotheke sich nur an der pharmazeutischen Qualität orientieren. Bestimmte Zubereitungen wie stark wirksame Glucocorticoide werden aufgrund gesundheitlicher Risiken nur für eine begrenzte Zeit angewendet. Früher wurde daher in diesem Zusammenhang die Empfehlung ausgesprochen, die Aufbrauchsfrist des Arzneimittels entsprechend kurz festzulegen. Diese Vorgehensweise ist aber nicht sinnvoll. Vielmehr ist darauf zu achten, dass neben der Aufbrauchsfrist eine eindeutige Gebrauchsanweisung mit zeitlicher Beschränkung der Anwendung auf das Etikett geschrieben wird.
Haltbarkeit: Herstellung auf Vorrat
Die Haltbarkeit oder Laufzeit eines Arzneimittels spielt immer dann eine Rolle, wenn in der Apotheke eine Zubereitung auf Vorrat, also beispielsweise ein Defekturarzneimittel, hergestellt wird. Man versteht darunter die Zeitspanne zwischen der Herstellung und dem Ende der angegebenen Verwendbarkeitsfrist ohne Anbruch. Wie auch bei Fertigarzneimitteln müssen Defekturarzneimittel mit dem Wortlaut „verwendbar bis“ und der Angabe eines Verfallsdatums nach Monat und Jahr gekennzeichnet werden. Zusätzlich muss eine Aufbrauchsfrist angegeben werden, die sich dann wieder auf das Arzneimittel nach Anbruch bezieht. Falls in bestimmten Fällen ein Rezepturarzneimittel nicht unmittelbar verwendet wird, muss auch dieses mit einer Angabe zur Haltbarkeit versehen werden. Dies gilt für Rezepturen, die in mehrere Einzeldosisbehältnisse abgepackt werden, oder auch für erst im Notfall anzubrechende Rezepturarzneimittel.
Auch hier hilft das NRF weiter
Bei der Festlegung der Haltbarkeit bietet wiederum das NRF eine wertvolle Hilfe. In der Tabelle I.4.-3 sind Angaben zu Haltbarkeit und Aufbrauchsfrist der einzelnen NRF-Rezepturvorschriften zu finden. Beispielsweise hat eine Coffein-Lösung 10 mg/ml NRF 3.1. in einer Glasflasche eine Laufzeit von zwei Jahren, nach Anbruch kann das Arzneimittel noch für sechs Monate verwendet werden. Die dort zu findenden Werte beziehen sich auf eine Lagerung bei Raumtemperatur in den in der Monographie angegebenen Primärpackmitteln, andere Bedingungen sind jeweils aufgeführt.
Zurück zum Fallbeispiel
Budesonid gehört zu den Glucocorticoiden mit hoher lokaler Wirkung und ist als mikrofein gepulverte Rezeptursubstanz erhältlich. Aufgrund der schlechten Wasserlöslichkeit der Substanz sollen flüssige Darreichungsformen zur Einnahme als viskose Suspension hergestellt werden – standardisierte Rezepturvorschriften liegen bisher nicht vor. Im oben vorgestellten Rezepturbeispiel wird zunächst die viskose Grundlage mit Hilfe des Verdickungsmittels Tragant hergestellt. Diese kann dann zum Anreiben des Wirkstoffs verwendet werden. Saccharose und Natriumchlorid dienen zur Verbesserung des Geschmacks, Kaliumsorbat und Citronensäure schützen die Zubereitung vor mikrobiellem Befall.
Als Primärpackmittel für die Suspension ist eine Flasche aus Braunglas geeignet. Zur volumetrischen Dosierung sollte eine graduierte Kolbenpipette mitgegeben werden. Bei der Festlegung der Aufbrauchsfrist ist zu beachten, dass für entsprechende Budesonid-haltige Rezepturarzneimittel bisher keine Daten zur Stabilität vorliegen. Die Aufbrauchsfrist beim Patienten ist daher kürzer festzulegen als bei entsprechenden chemisch-physikalisch stabilen Vorschriften und ist auf 4 Wochen zu begrenzen. Auch eine Herstellung auf Vorrat ist aus diesem Grund nicht möglich. Überlegungen zur Haltbarkeit des Arzneimittels vor Anbruch spielen daher keine Rolle.