Retax-Fragen
Praxiswissen
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Wann gilt ein Entlassrezept als Privatrezept?

PTA prüft Rezept
Bestimmte Fehler kann die Apotheke auf einem Entlassrezept heilen. | Bild: Kitreel / AdobeStock

Entlassrezepte zu beliefern, duldet in aller Regel keinen Aufschub. Denn die Patienten, die solche Verordnungen in der Apotheke vorlegen, sind meist frisch aus dem Krankenhaus entlassen und benötigen die verschriebenen Arzneimittel sofort. 

Fehlerhaft ausgestellte Entlassrezepte stellen die Apothekenteams daher vor besondere Herausforderungen: Sie müssen die Menschen schnellstmöglich versorgen, können das aber oft nicht retaxsicher.

Neue Regeln schüren Retax-Gefahr bei Entlassrezepten

Verkompliziert wird die Lage jetzt dadurch dass, zwischen Krankenhäusern, Vertragsärzten und Krankenkassen gilt seit Anfang Juli eine neue Vereinbarung gilt, die auch das Ausstellen von Entlassrezepten berührt, sich aber nicht aufseiten der Apotheken wiederspiegelt. 

Denn eine entsprechende Änderung der Anlage 8 zum Rahmenvertrag hatte der Deutsche Apothekerverband (DAV) im April abgelehnt – sämtliche Gespräche mit dem Vertragspartner, dem GKV-Spitzenverband, führten seither zu keiner Einigung. Inzwischen entwickelt sich das Beliefern von Entlassrezepten mehr und mehr zur Retax-Falle für die versorgenden Apotheken.

Entlassrezepte sorgfältig prüfen

Welche Möglichkeiten bleiben nun dem pharmazeutischen Personal, wenn Patienten ein fehlerhaft ausgestelltes Entlassrezept vorlegen? Auch vor dem Hintergrund, dass es oft nicht möglich ist, den verordnenden Arzt zwecks Rücksprache zu erreichen.

Mit dieser Frage hat sich der DAV intensiv beschäftigt. Dessen rechtliche Einschätzung und Handlungsempfehlungen fasst der Apothekerverband Schleswig-Holstein (AVSH) in einem aktuellen Rundschreiben zusammen.

Das Wichtigste vorweg: Um die gründliche Prüfung auf formale Fehler kommt die versorgende Apotheke nicht herum. Denn ist das Entlassrezept korrekt ausgestellt, greift das Sachleistungsprinzip in Verbindung mit dem Kontrahierungszwang, heißt es in dem Rundschreiben. 

„Wenn die Entlassverordnung ordnungsgemäß ist und alle gesetzlichen und vertraglichen Anforderungen erfüllt, kann diese nicht als Privatrezept behandelt werden.“

Rundschreiben Apothekerverband Schleswig-Holstein

Unheilbar fehlerhaftes Entlassrezept als Privatrezept

Wenn jedoch das Entlassrezept fehlerhaft und gleichzeitig unheilbar ist und eine neue, fehlerfreie Verordnung nicht beschafft werden kann, darf das Entlassrezept als Privatrezept behandelt werden. „Das Sachleistungsprinzip steht diesem Vorgehen dann nicht entgegen.“ 

Gut zu wissen: Wann ist ein Entlassrezept unheilbar fehlerhaft?

Ein Entlassrezept ist laut DAV als unheilbar fehlerhaft anzusehen, wenn es entweder einen formalen Mangel aufweist, den die Apotheke nicht heilen kann, oder die Apotheke ihn nur nach Rücksprache mit der verordnenden Person ändern kann und diese nicht erreichbar ist. 

Nach dem Wortlaut des Vertrags über die Arzneimittelversorgung ist laut Rundschreiben mindestens ein Kontaktversuch mit dem verordnenden Arzt erforderlich. „Es ist zu empfehlen, für jeden nicht erfolgreichen Rückspracheversuch einen kurzen Telefonvermerk zu Dokumentationszwecken anzufertigen.“

Welche Fehler sind auf einem Entlassrezept heilbar?

Wenn die Entlassverordnung erkennbare, jedoch heilbare Mängel aufweist, sind die Art der Verordnung, die Art des formalen Mangels und der Aufwand zur Behebung abzuwägen, heißt es weiter. 

Folgende formale Fehler kann die Apotheke dem Schreiben zufolge heilen:

  • Fehlt im Statusfeld das Kennzeichen „4“, darf die Apotheke dieses selbstständig ergänzen.
  • Ist die letzte Ziffer im Statusfeld keine „4“, kann die Apotheke dies nach Rücksprache mit der verordnenden Person ändern.
  • Fehlt die Arztnummer, darf die Apotheke diese mit der Arztnummer aus dem Stempel oder bei Reha-Einrichtungen auch mit der Pseudo-Arztnummer „4444444“ plus Fachgruppencode „00“ befüllen.
  • Fehlt die Betriebsstättennummer (BSNR), kann die Apotheke diese entsprechend der Nummer in der Codierleiste ergänzen (BSNR muss mit „75“ beginnen).
  • Stimmt die BSNR im Personalienfeld nicht mit jener in der Codierleiste überein und hat sich die Apotheke bei der verschreibenden Person rückversichert, dass die BSNR in der Codierzeile korrekt ist, darf sie die Nummer im Personalienfeld streichen. In diesem Fall wird mit der Abrechnung nach § 300 SGB V die BSNR aus der Codierleiste übermittelt.
  • Fehlt die Facharztbezeichnung, kann die Apotheke diese nach eigener Vergewisserung ergänzen.

Nimmt die Apotheke eine der oben genannten Änderungen vor, ist diese abzuzeichnen. Zudem rät der AVSH, gegebenenfalls erforderliche Rücksprachen auf dem Rezept zu vermerken. 

Wichtig: „Die Apotheke darf nur auf papiergebundenen Verordnungen Korrekturen vornehmen, wenn einzelne Rezeptangaben fehlerhaft oder unvollständig sind“, betont der Verband. Für Entlassverordnungen, die elektronisch ausgestellt wurden, bestehen demnach die beschriebenen Heilungs- und Korrekturmöglichkeiten nicht.

DAV setzt sich für Abschaffung der Prüfpflicht ein

Damit öffnet der DAV zwar den Apotheken die Tür, ihre Patienten trotz unheilbarer Fehler am Entlassrezept zu versorgen – wenn auch zunächst auf Kosten der Versicherten. Befriedigend ist das jedoch sicher nicht. 

Der Apothekerverband Schleswig-Holstein verspricht, sich gemeinsam mit dem DAV „für die möglichst ersatzlose Abschaffung jeder Prüfpflicht der Apotheken hinsichtlich der hochkomplizierten Vorgaben für Entlassverordnungen“ einzusetzen. 

Denn: „Die knappen personellen Ressourcen der Apotheken können nicht länger damit beansprucht werden, ohne gesonderte Vergütung ärztliche Verordnungen auf die Einhaltung komplexer Regelwerke fragwürdiger Sinnhaftigkeit zu überprüfen!“

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