Retax-Fragen
Praxiswissen
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Nach Ende der Hilfstaxe: Was tun bei Retax einer Rezeptur?

Nahaufnahme wie Pulver aus Dose entnommen wird
Derzeit werden Rezepturen nach der Arzneimittelpreisverordnung berechnet. | Bild: IMAGO / JOKER

Zur Preisbildung von Rezepturen gelten seit Jahresbeginn die Vorgaben der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). Grund dafür ist eine Kündigung der Hilfstaxe zum Jahresende 2023. 

Konkret hatte der Deutsche Apothekerverband (DAV) die Anlage 1 zu den Stoffen und die Anlage 2 zu den Gefäßen der Hilfstaxe gekündigt. Auslöser dafür war eine Weigerung der gesetzlichen Krankenkassen, die Preise anzupassen. 

Diese Preisanpassung wäre nach Meinung des DAV aufgrund von massiven Preissteigerungen bei den Einkaufspreisen aber unbedingt nötig gewesen. Die letzte Aktualisierung der Rohstoffpreise liegt bereits fünf Jahre zurück und stammt aus dem Jahr 2019. 

Zur Erinnerung: Was genau war in der Hilfstaxe geregelt?

Die Hilfstaxe stellt einen Vertrag zwischen dem DAV und dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen dar. Darin sind die Preise geregelt, die bei der Abgabe von Stoffen in unverarbeitetem Zustand und bei der Abgabe von Rezepturen berechnet werden dürfen. 

In der gekündigten Anlage 1 der Hilfstaxe waren dabei die Preise für Rezeptursubstanzen zu finden, in der Anlage 2 für verwendete Gefäße. 

Bei der Herstellung von Arzneimitteln waren diese Preise für alle Apotheken bindend und wurden aufgrund von Durchschnittspreisen verschiedener Hersteller festgelegt. 

War eine Substanz nicht in der Hilfstaxe aufgeführt, dann durfte die Apotheke den tatsächlich bezahlten Einkaufspreis berechnen.

Nach Kündigung der Hilfstaxe: Was gilt seit Jahresbeginn?

Seit Januar 2024 herrscht nun bei der Preisbildung der verwendeten Wirk- und Hilfsstoffe sowie der eingesetzten Gefäße für Rezepturen ein vertragsloser Zustand. Folglich werden bei der Taxierung die Vorgaben der Arzneimittelpreisverordnung angewendet. 

Bei der Abgabe von Stoffen in unverändertem Zustand darf nach § 4 AMPreisV ein Festzuschlag von 100 Prozent auf den Einkaufspreis der üblichen Abpackung einer Substanz berücksichtigt werden. 

Werden dagegen Zubereitungen hergestellt, dann gilt § 5 AMPreisV und auf den Einkaufspreis der üblichen Abpackung dürfen 90 Prozent aufgeschlagen werden. 

Preisberechnung für Rezepturen: Was heißt „übliche Abpackung“?

Laut Ansicht des DAV ist unter der üblichen Abpackung einer Substanz die ganze Packung, die zur Herstellung benötigt ist, gemeint. Und diese darf auch berechnet werden. 

Die gesetzlichen Krankenkassen interpretieren die Arzneimittelpreisverordnung ein wenig anders. Sie sind der Meinung, dass die in der Packung noch vorhandene Restmenge oder auch Reste eines Fertigarzneimittels für eine erneute Verwendung in der Rezeptur aufzubewahren sind. Bei der Preisbildung dürfe dann nur die tatsächlich verbrauchte Menge berücksichtigt werden. 

Doch ob eine Substanz erneut zur Rezepturherstellung benötigt wird, ist im Vorhinein kaum abzuschätzen – dies gilt sowohl für Rezepturgrundstoffe als auch für Fertigarzneimittel. Laut DAV würde dann das wirtschaftliche Risiko allein bei der Apotheke liegen. Dabei besteht die Gefahr, dass der anteilige Rest ohne Berechnung verfällt. 

Nach Kündigung der Hilfstaxe waren Retaxationen zu erwarten

Die nun in den Apotheken eintreffenden Retaxationen sind also wenig überraschend. Die einzelnen Verbände wollen ihre Mitglieder mit einem Mustereinspruch unterstützen, dieser wurde gemeinsam mit dem DAV aufgesetzt. 

Dieser Einspruch kann für Retaxationen eingesetzt werden, bei denen die gesetzlichen Krankenkassen die Berechnung anteiliger Mengen von Stoffen und Fertigarzneimitteln fordern. 

Darin wird noch einmal die rechtliche Grundlage einer Abrechnung laut Arzneimittelpreisverordnung erklärt. Eine Taxation ist dabei auf Basis der „üblichen Abpackung“ bzw. der „erforderlichen Packungsgröße“ durchzuführen und nicht auf der Grundlage von Teilmengen. 

Weiterhin wird noch einmal darauf hingewiesen, dass die AMPreisV nur die Preisbildung in der Apotheke regelt, ein Hinweis auf eine zu verwendende Packungsgröße ist darin nicht zu finden. 

Die Verbände stützen sich in ihrer Argumentation auf ein Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17.01.2024 (Az: L 10 KR 701/22), indem die Position der Apotheken bekräftigt wurde. 

Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Die Revision zum Bundessozialgericht wurde zugelassen. Die Apotheken haben zwar eine gute Position, in welcher Weise der Streit beigelegt werden kann, lässt sich jetzt aber noch nicht absehen. 

Nach Ende der Hilfstaxe: Anpassung der Preise muss das Ziel bleiben

Bei der ganzen Auseinandersetzung sollte das eigentliche Ziel, die Anpassung der Preise, nicht aus dem Blick geraten. Das hat aktuell auch DAZ-Redakteur Dr. Thomas Müller-Bohn in einem Kommentar erklärt. 

Denn beim Umgang mit Teilmengen eingekaufter Stoffe stellt die Preisberechnung auf Grundlage der Hilfstaxe einen gut funktionierenden Kompromiss dar. So sind in der Hilfstaxe häufig verordnete Rezeptursubstanzen aufgeführt, bei denen die Taxierung einer Teilmenge sinnvoll ist. Bei den weniger gängigen Ausgangsstoffen greift dann die AMPreisV und erlaubt die Abrechnung der benötigten Abpackung. Quellen:
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2024/09/30/rezepturretaxe-verbaende-stellen-mustereinspruch-zur-verfuegung
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2024/09/30/hilfstaxe-auf-die-einkaufspreise-kommt-es-an
https://www.ptaheute.de/praxiswissen/rezeptur/neue-preise-fuer-rezepturen-so-funktioniert-die-berechnung
Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV)
 

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