Krankenkassen verlangen Herstellernachweis
Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Frage:
Uns lag im Januar 2019 ein Rezept zu Palexia retard 100 mg N3 mit Aut-idem-Kreuz vor. Dieses haben wir, weil das rabattierte Arzneimittel (ein Import) nicht lieferbar war, gegen das verordnete Original ausgetauscht und alles ordnungsgemäß dokumentiert. Wir haben die Sonder-PZN mit Faktor ,2‘ aufgedruckt und vermerkt, dass das Rabattarzneimittel zum Abgabezeitpunkt nicht lieferbar gewesen ist und wir daher das Originalarzneimittel abgaben. Dennoch wurden uns diese und drei weitere gleichlautende und gleich behandelte Palexia-Verordnungen auf ,Null‘ retaxiert. Als Begründung wurde vom Rezeptprüfungsdienstleister angegeben, dass man eine Defektmeldung vom Hersteller erwartet. Hat das seine Richtigkeit?“
Antwort
§ 4 des im Januar 2019 gültigen Rahmenvertrags besagte, dass ein Defektnachweis nach Wahl entweder vom Hersteller (hier Importeur) oder vom Großhändler erbracht werden muss:
§ 4 Auswahl preisgünstiger Arzneimittel*
(2) 1 Die Apotheke hat vorrangig ein wirkstoffgleiches Fertigarzneimittel abzugeben, für das ein Rabattvertrag nach § 130a Absatz 8 SGB V („rabattbegünstigtes Arzneimittel“) besteht […] Dass ein rabattbegünstigtes Arzneimittel zum Zeitpunkt der Vorlage der Verordnung vom pharmazeutischen Unternehmer nicht geliefert werden konnte, hat die Apotheke nachzuweisen. Der Nachweis kann durch Vorlage einer Erklärung des pharmazeutischen Unternehmers oder des Großhändlers geführt werden. Sofern die Apotheke das rabattbegünstigte Arzneimittel mangels Verfügbarkeit nicht abgibt, hat sie auf dem Verordnungsblatt das zwischen den Vertragspartnern vereinbarte Sonderkennzeichen anzugeben; ...
*(nach altem Rahmenvertrag, Gültigkeit zum 01.07.2019 erloschen)
Es musste also formal die Nichtlieferfähigkeit des pharmazeutischen Unternehmers nachgewiesen werden. Dennoch sollten Sie Einspruch einlegen, da es nicht Aufgabe der Apotheke sein kann, bei jedem nicht verfügbaren Arzneimittel den Hersteller direkt zu kontaktieren.
Alle Widersprüche abgelehnt
Im weiteren Verlauf wurde der Einspruch der Apotheke mit folgender Begründung dennoch abgelehnt:
Ist das rabattbegünstigte Arzneimittel zum Zeitpunkt der Abgabe nicht lieferbar, so ist dieser Defekt im Bereich Original/Import in Form eines Herstellernachweises über die Nichtlieferfähigkeit des Rabattpartners zu erbringen. Der Nachweis, dass das Präparat vom Großhandel nicht lieferbar war, ist nicht ausreichend, da dies keine Bestätigung der Nichtlieferfähigkeit des Herstellers darstellt.“
Situation nach neuem Rahmenvertrag
Mit der Aktualisierung des Rahmenvertrages im Juli 2019 wurde der oben beschriebenen Problematik Rechnung getragen. Nach § 2 Abs. 11 Rahmenvertrag waren zu diesem Zeitpunkt für den Nachweis der Nichtverfügbarkeit „zwei Verfügbarkeitsanfragen im direkten zeitlichen Zusammenhang mit der Vorlage der Verordnung“ ausreichend, wobei Verfügbarkeitsanfragen als Anfragen beim pharmazeutischen Großhandel zu verstehen waren. Die Nichtlieferfähigkeit des pharmazeutischen Unternehmers muss nur noch nachgewiesen werden, wenn es um ein Arzneimittel geht, das nicht über den Großhandel vertrieben wird.
Seit August 2020 reicht laut § 11 Abs. 2 Rahmenvertrag eine Verfügbarkeitsanfrage beim Großhandel aus, um die Nichtverfügbarkeit eines Rabattarzneimittels nachzuweisen. Wichtig ist nach wie vor, die Nichtverfügbarkeitsbelege zu speichern. Dies erfolgt seit Einführung des neuen Rahmenvertrages elektronisch im Warenwirtschaftssystem.
Bei Rezepten zulasten der Ersatzkassen reicht seit März 2021 grundsätzlich eine Verfügbarkeitsanfrage zum Nachweis der Nichtlieferbarkeit aus.