Retax-Fragen
Praxiswissen
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Umgang mit Fertigarzneimittelanbrüchen: Dürfen Fertigarzneimittel in Rezepturen nur anteilig berechnet werden?

fertiges Zäpfchen in einer Hand in Gummihandschuhen
Wie ist mit Fertigarzneimittelanbrüchen in der Rezeptur umzugehen? Diese Frage beschäftigt Apotheken immer wieder. Auch wenn die Rechtsprechung eindeutig scheint, gibt es immer wieder Retax-Fälle. | Bild: enriscapes / AdobeStock

Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Anfrage:

Unsere Filiale erhielt vor einiger Zeit eine Retax der BARMER, zu der wir einen Einspruch einreichten. Verschrieben wurden Zäpfchen nach NRF mit Aldara Creme und es wurden insgesamt 15 Sachets dafür verwendet, sodass wir die Packung mit 24 Stück abgerechnet haben.

Die Krankenkasse schreibt nun in ihrer Ablehnung des Einspruchs, die erforderliche Packungsgröße sei zweifelsfrei ausgesucht, aber komplett berechnet worden. Abs. 1 und 2 in § 5 der Arzneimittelpreisverordnung müssten jedoch zusammen betrachtet werden, sodass lediglich die erforderliche Menge abgerechnet werden dürfe, deren anteiliger Preis sich anhand der erforderlichen Packungsgröße durch einfache Division ermitteln ließe.  

Wie beurteilen Sie diese Retax? Dürfen auch Fertigarzneimittel im Anbruch nur anteilig berechnet werden? Mit den übriggebliebenen Sachets der Aldara Creme können wir jetzt auch nicht mehr wirklich was anfangen, die Rezeptur wurde seitdem nicht mehr verordnet.“

Anbrüche in der Apotheke: Ein häufiges Problem

Die Frage, wie Apotheken mit Anbrüchen umgehen sollten, die bei der Rezepturherstellung unweigerlich entstehen, erreicht uns häufig. In der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) ist eigentlich unmissverständlich festgehalten, dass der Apotheke die Abrechnung solcher Anbrüche erlaubt ist. Dennoch wird dies von Krankenkassen immer wieder anders umgesetzt.

Wie begründet die Krankenkasse die Retaxation?

Verschrieben wurden in diesem Fall Zäpfchen nach NRF mit Aldara Creme: 

Aldara Zäpfchen 6,25 mg NRF mit Mulleinlage 24 Stück 
Rezeptur: Aldara Creme 5% 0,13 g, Adeps solidus 1,79 g, Polysorbat 20 0,01 g.“  

Der Einspruch wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die Absätze 1 und 2 von § 5 der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) zusammen zu betrachten seien.  

Was besagt die Arzneimittelpreisverordnung?

Da es immer wieder zu solchen Retaxationen kommt, wollen wir nochmal einen Blick auf die aktuelle Sachlage werfen. In § 5 der AMPreisV ist Folgendes festgelegt:

Die Arzneimittelpreisverordnung spricht in § 5 Abs. 1 von der Preisberechnung von Stoffen und differenziert dann in Abs. 2 zwischen Stoffen und Fertigarzneimitteln.

Aus Abs. 2 Punkt 2 geht eindeutig hervor, dass bei Verwendung von Fertigarzneimitteln der Einkaufspreis der erforderlichen Packungsgröße maßgeblich ist. Die Apotheke hat die wirtschaftlichste Versorgung gewählt und würde natürlich auch die Reste des Anbruchs in einer erneuten Rezeptur verwenden, ohne diese dann dort abzurechnen. Der Patient wurde zeitnah mit dem benötigten Arzneimittel versorgt. 

Bislang gibt es unseres Wissens nach keine eindeutige Vereinbarung, dass die verbleibenden Anbrüche nicht vollständig abgerechnet werden dürfen – hierzu wäre eine Klarstellung in den Verträgen bzw. in der Hilfstaxe wünschenswert.  

Was sagt der Arzneiversorgungsvertrag der Ersatzkassen?

Ergänzend ist in § 7 Abs. 6 des Arzneiversorgungsvertrags der Ersatzkassen Folgendes zu finden:

Zwar bezieht sich nur § 7 Abs. 3 auf die Abrechnung von Rezepturen, jedoch gilt nach § 7 Abs. 6 allgemein, dass der Apotheker die kleinste im Handel befindliche Packung berechnen darf, auch wenn die verordnete Menge geringer ist als der Inhalt der kleinsten Packung.

Hieraus könnte sich noch ein Anhaltspunkt ergeben, dass die Abrechnung der Apotheke korrekt war und sowohl dem Arzneiversorgungsvertrag als auch der Arzneimittelpreisverordnung gerecht wurde. Daher wäre es wünschenswert, wenn die Krankenkasse die Retaxierung nach einem weiteren Einspruch überdenken würde. 

Fazit

Damit auch zukünftig die Versorgung mit Rezepturarzneimitteln gewährleistet bleibt, sollten die Verträge hinsichtlich der Abrechnung von Anbrüchen Klarheit schaffen. So müssen die Apotheken vor allem bei hochpreisigen Rezepturarzneimitteln kein wirtschaftliches Risiko durch die Herstellung eingehen. 

Die Einführung des Hash-Codes könnte hierbei für mehr Transparenz sorgen, da die Krankenkasse mehr Informationen darüber erhält, welche Packungen tatsächlich in der Apotheke verwendet wurden (neue Packung vs. Anbruch).  

Tipps zum Umgang mit Anbrüchen, die bei Rezepturen entstehen:

  • Substanzanbrüche nicht grundsätzlich verwerfen, sondern entsprechend der Haltbarkeit, den Lagerungsvorschriften und den Sicherheitsrichtlinien für eine eventuelle künftige Verordnung aufbewahren.
  • Um die Menge eines Verwurfs möglichst kleinzuhalten, empfiehlt es sich, von der kleinsten benötigten Packung auszugehen. Der spätere Verwurf größerer Mengen kann zu Diskussionen mit der Kasse führen, sofern nicht zu begründen ist, dass die Entstehung der Verwurfsmenge aufgrund der Verordnungssituation nicht zu erwarten war.
  • Rezeptkopie der Erst- und Folgeverordnungen aufbewahren.
  • Datum des Anbruchs dokumentieren.
  • Unterlagen zur Haltbarkeit und Aufbrauchfrist besorgen und aufbewahren.
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