Abweichende Betriebsstätten-Nummer: Retax begründet?
Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Frage:
Uns lag ein Rezept mit zwei unterschiedlichen Betriebsstättennummern (BSNR) vor. In der Codierzeile des Rezeptes war eine BSNR enthalten, die sich in einer Ziffer von der BSNR der verordnenden Klinikabteilung, die im Personalienfeld und im Arztstempel gedruckt war, unterschied. Aus diesem Grund erhielten wir von der Abrechnungsstelle der Krankenkasse eine Nullretaxation. Über unseren Verband haben wir bereits Einspruch eingelegt, dieser wurde jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um eine Entlassverordnung handele und die BSNR im Personalienfeld mit der in der Codierleiste übereinstimmen müsse. Was meinen Sie dazu?“
Antwort:
Zunächst stellt sich die Frage, ob hier tatsächlich ein Entlassrezept vorliegt. Zwar fängt die BSNR mit einer 75 an und im letzten Feld des Versichertenstatus ist eine 4 zu finden. Gemäß Technischer Anlage zum Rahmenvertrag über ein Entlassmanagement nach § 39 Abs. 1a Satz 9 SGB V muss aber der Vordruck für Entlassrezepte verwendet werden (Punkt 2.2): „Für die Nutzung der Vordrucke der Anlage 2 BMV-Ä im Entlassmanagement sind ausschließlich Vordrucke mit additiver Kennzeichnung ‚Entlassmanagement‘ im Personalienfeld […] zu verwenden.“ Der Querbalken „Entlassmanagement“ fehlt hier, sodass es sich nicht eindeutig um eine Entlassverordnung handelt.
Was sieht der Rahmenvertrag zur Angabe der BSNR vor?
Zum Vergütungsanspruch und der Angabe der BSNR findet sich in Anlage 8 des Rahmenvertrags in § 6 Folgendes zum Entlassmanagement:
Anlage 8 des Rahmenvertrags in § 6
„(1) Die Regelungen nach § 6 des Rahmenvertrages gelten auch für Entlassverordnungen nach § 39 Absatz 1a SGB V.
(2) Der Vergütungsanspruch des Apothekers entsteht trotz nicht ordnungsgemäßer Verordnung oder Belieferung im Entlassmanagement auch dann, wenn es sich um einen unbedeutenden, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt. Dies gilt bei papiergebundenen Verordnungen im Entlassmanagement nach § 1 Absatz 1 in folgenden Fällen:
[…]
e. Die BSNR im Personalienfeld stimmt nicht mit der BSNR in der Codierleiste überein und der Apotheker streicht nach Bestätigung der Richtigkeit der BSNR in der Codierleiste durch Rücksprache mit dem Arzt die BSNR im Personalienfeld. In diesem Fall wird mit der Abrechnung nach § 300 SGB V die BSNR aus der Codierleiste übermittelt[.]“
Zudem gelten, wie in § 6 Abs. 1 der Anlage 8 des Rahmenvertrags zu lesen ist, auch für Entlassverordnungen die allgemeinen Regelungen nach § 6 Rahmenvertrag.
§ 6 Rahmenvertrag
„[…] Der Vergütungsanspruch des Apothekers entsteht trotz nicht ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung oder Belieferung dann, wenn […]
b) über die Anforderungen der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) und Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) hinaus in Verträgen nach § 129 Absatz 5 SGB V vom Arzt bei papiergebundenen Verordnungen auf dem Verordnungsblatt aufzutragende Angaben (z. B. LANR, BSNR, Kassen-IK) vorgesehen sind, und diese von der Apotheke ergänzt wurden; hat die Apotheke insoweit keine Ergänzung vorgenommen, entsteht der Vergütungsanspruch trotzdem, es sei denn, die Verträge nach § 129 Absatz 5 SGB V sehen bei fehlenden oder fehlerhaften Angaben eine Retaxation ausdrücklich vor.“
Nach Rahmenvertrag darf also nicht wegen einer fehlenden oder abweichenden BSNR retaxiert werden, es sei denn, in regionalen Lieferverträgen ist eine Prüfpflicht vereinbart oder die Apotheke hat den Eindruck, dass es sich um eine Fälschung handelt. Im regionalen Liefervertrag Nordrhein (hier der entsprechende Regionalliefervertrag) ist keine solche Prüfpflicht enthalten. Apotheken sind natürlich verpflichtet, jedem Verdacht auf eine mögliche Rezeptfälschung (die man beispielsweise an einer unplausiblen BSNR erkennen könnte) nachzugehen. Doch in diesem Fall ergaben sich für Sie dahingehend keine Verdachtsmomente.
Da es sich bei der Beanstandung um einen formalen Fehler handelt, der weder die Arzneimittelsicherheit noch die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wesentlich tangiert hat, steht Ihnen nach unserer Ansicht gemäß § 6 Rahmenvertrag dennoch eine Vergütung zu – vor allem da die Verordnung aufgrund des fehlenden Balkens nicht eindeutig als Entlassverordnung zu identifizieren ist. Die Retaxierung sollte daher von der Kasse zurückgenommen werden.
Dennoch sollten Apotheken bei dieser Thematik aufmerksam sein und entsprechende Rezepte sorgfältig prüfen, denn dem DeutschenApothekenPortal wurde zuletzt vermehrt von Retaxationen aufgrund von abweichenden BSNR berichtet.