COVID-19-Impfung
Corona-Pandemie
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Positive Daten zu Ganzvirusimpfstoff gegen COVID-19: VLA2001: Kein besserer Schutz als Vaxzevria?

Links 5 Muster-Vials, recht drei, dazwischen eine Spritze aufrecht stehend, im Hintergrund Schriftzug von Valneva
Nach einer Impfung mit VLA2001 traten seltener Nebenwirkungen auf als nach einer Impfung mit der AstraZeneca-Vakzine. Aber ist sie auch wirksamer? | Bild: IMAGO / Future Images

Die britische Arzneimittelbehörde (MHRA) prüft den ersten Ganzvirusimpfstoff gegen COVID-19 bereits seit August in einem Rolling-Review-Verfahren. Nun will Valneva, der Hersteller von VLA2001, auch die Schritte für einen Antrag auf bedingte Zulassung bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) vorbereiten. Der Grund dafür sind positive Daten der Phase-3-Studie Cov-Compare, die Valneva vor wenigen Tagen vorstellte.

Höhere Antikörperantwort als bei AstraZeneca-Impfstoff

Laut dem französischen Impfstoffentwickler hat VLA2001 beide co-primären Studienendpunkte erreicht. Verglichen wurde VLA2001 jedoch nicht mit Placebo, sondern mit dem bereits zugelassenen und vielfach eingesetzten Corona-Impfstoff von AstraZeneca (Vaxzevria). Hier konnte VLA2001 bei der Antikörperantwort und der Serokonversionsrate punkten: VLA2001 erzeugte höhere neutralisierende mittlere Antikörperspiegel als Vaxzevria (803,5 vs. 576,6) und erwies sich hier als überlegen. Beim zweiten Endpunkt – der Serokonversionsrate, die über 95 Prozent liegen musste – erfüllte VLA2001 das Nichtunterlegenheitskriterium und schnitt damit nicht schlechter ab als Vaxzevria. Bestimmt wurden die serologischen Daten bei ab 30-jährigen Erwachsenen (Mindestalter für Studieneinschluss) zwei Wochen nach der zweiten Impfdosis.

Gut zu wissen: Was bedeutet Serokonversion?

Der Begriff Serokonversion beschreibt zwei Vorgänge: Zum einen versteht man darunter die Phase nach einer Infektion oder Impfung, in der sich erstmals spezifische Antikörper gegen Antigene des Erregers nachweisen lassen. Zum anderen spricht man auch von Serokonversion, um den Wechsel verschiedener Antikörperklassen (z. B. von frühen IgM-Antikörpern zu späten IgG-Antikörpern) zu beschreiben. 

Vielzahl von Antigenen

Dadurch, dass VLA2001 das ganze SARS-CoV-2-Virus enthält, bringt der Impfstoff eine Vielzahl von Antigenen mit, die das Immunsystem anregen können. Allerdings fehlt dem Impfstoff – durch die Inaktivierung – auch die Fähigkeit, zytotoxische T-Zellen (Killerzellen, CD8+-T-Zellen) zu aktivieren, die Infektionserreger schnell abtöten können und für die primäre Abwehr von Viren und anderen Krankheitserregern bedeutsam sind. 

Doch stimuliert der Impfstoff neben der Bildung von Antikörpern zumindest eine andere Gruppe von T-Zellen (CD4+-T-Zellen), die ebenfalls für eine Immunantwort wichtig sind: Laut Valneva hat VLA2001 bei einer Untergruppe von Studienteilnehmern „breite antigenspezifische IFN-gamma-produzierende T-Zellen induziert“, die unter anderem gegen das Spikeprotein und das Nukleokapsidprotein, das die einsträngige RNA-Erbinformation von SARS-CoV-2 umgibt, reaktiv waren. IFN-gamma (Interferon gamma) wird von CD4+-T-Zellen abgegeben, es wirkt antiviral und immunstimulierend.

Gleich viele COVID-19-Fälle wie nach Vaxzevria

Doch wie sieht es neben diesen positiven Labordaten mit der Verhinderung tatsächlicher Erkrankungen aus? Schützt VLA2001 auch besser vor COVID-19? Dazu gibt Hersteller Valneva bislang nicht sehr viel preis – vielleicht, weil VLA2001 in diesem Punkt nicht überzeugender war als der AstraZeneca-Impfstoff? Denn Valneva zufolge war „das Auftreten von COVID-19-Fällen (…) in beiden Behandlungsgruppen ähnlich“. Es kam jedoch zu keinen schweren COVID-19-Fällen – und das ebenfalls in beiden Impfgruppen.

Weniger Nebenwirkungen als Vaxzevria

Valneva berichtet auch über unerwünschte Impfreaktionen, beschreibt aber VLA2001 als „im Allgemeinen gut verträglich“. Schmerzen an der Injektionsstelle und auch systemische Reaktionen traten nach einer Impfung mit VLA2001 seltener auf als nach einer Impfung mit der AstraZeneca-Vakzine. Somit berichteten 73,2 Prozent der mit VLA2001 geimpften Teilnehmer über Reaktionen an der Injektionsstelle versus 91,1 Prozent der mit AstraZeneca-Geimpften. Systemische unerwünschte Reaktionen beschrieben nach VLA2001-Impfung 70,2 Prozent, nach Vaxzevria waren es 91,1 Prozent der Geimpften.

Wie funktioniert der Ganzvirusimpfstoff VLA2001?

Valneva setzt mit seinem COVID-19-Impfstoffkandidaten auf ein anderes Prinzip, als es die hierzulande bereits zugelassenen Corona-Impfstoffe tun: VLA2001 ist eine inaktivierte Ganzvirusvakzine. Während bei den mRNA- und Vektorimpfstoffen das Antigen eine klar definierte Struktur ist – das Spikeprotein von SARS-CoV-2 – und die Impfstoffe lediglich die genetische Information dazu enthalten, enthält VLA2001 als Antigen das Ganzvirus von SARS-CoV-2. Damit SARS-CoV-2 jedoch keine Infektionen mehr auslöst, wurde das Virus für den Impfstoff chemisch inaktiviert und ist dadurch nicht mehr in der Lage, sich zu vermehren.

Zweifach adjuvantiert

Um die Impfwirksamkeit zu optimieren, hat Valneva seinen COVID-19-Impfstoffkandidaten zusätzlich mit einem Wirkverstärker-Duo (Adjuvans) ausgestattet: die Aluminiumverbindung Alaun und CpG 1018. Dass es gleich zwei Adjuvanzien sind, liegt daran, dass in präklinischen Untersuchungen die doppelte Wirkverstärkung höhere Antikörperspiegel provoziert hatte als bei alleiniger Alaun-Adjuvantierung. 

Hintergrund: Die Studie Cov-Compare

Cov-Compare (VLA2001-301) ist angelegt als eine kontrollierte, randomisierte, beobachterverblindete und multizentrische (26 Studienorte) Vergleichsstudie im Vereinigten Königreich (UK), in die 4.012 Erwachsene und 660 Jugendliche eingeschlossen wurden. Dabei gibt es zwei Untersuchungen, die parallel laufen – für ab und für unter 30-Jährige: 2.972 Teilnehmer ab 30 Jahren wurden im Verhältnis 2:1 randomisiert. Sie erhielten im Abstand von 28 Tagen zwei Impfungen, entweder mit VLA2001 (n=1.977) oder mit Vaxzevria (n=995). Daneben gibt es eine Studiengruppe mit unter 30-Jährigen, die alle VLA2001 erhielten, hier gibt es keine AstraZeneca-Vergleichsgruppe. Der Grund: Im Vereinigten Königreich ist die Anwendung von Vaxzevria von AstraZeneca beschränkt auf ab 30-Jährige, jüngere Studienteilnehmer können somit diesen Vergleichsimpfstoff nicht erhalten.  

Als co-primäre Endpunkte definiert Valneva in der Vergleichsstudie die Überlegenheit der neutralisierenden Antikörpertiter von VLA2001 im Vergleich zu Vaxzevria sowie die Nicht-Unterlegenheit der Serokonversionsraten neutralisierender Antikörper. Beides wird zwei Wochen nach der zweiten Impfdosis bestimmt. Bislang sind für die Impfwirksamkeit die Daten von 990 Teilnehmern (492 mit VLA2001 geimpfte, 498 mit AZD1222 geimpfte) ausgewertet.  

Die jüngeren, unter 30-jährigen Teilnehmer (n=1.040) erhalten ebenfalls zwei Dosen VLA2001 im Abstand von 28 Tagen. Für die Sicherheitsauswertung zieht Valneva beide Impfgruppen (ab 30 Jahren und unter 30 Jahren) heran.  

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