Erste Studiendaten zu neuen Corona-Vakzinen: Schützen an Omikron angepasste Impfstoffe besser?
Omikron dominiert das Infektionsgeschehen. Die seit letztem Jahr zirkulierende SARS-CoV-2-Variante (erstmals entdeckt im November 2021 in Südafrika) ist hochgradig übertragbar, verursacht dafür aber weniger schwere COVID-19-Erkrankungen.
Nachteilig ist vor allem, dass drei Dosen der derzeit verfügbaren Corona-Impfstoffe vor Omikron weniger gut schützen als vor den vorherigen Varianten, weswegen die Hersteller mRNA-basierter Vakzinen, Biontech/Pfizer und Moderna, bereits an der Anpassung ihrer Impfstoffe arbeiten.
Biontech/Pfizer und Moderna arbeiten an Omikron-basierten Impfstoffen
Die Hoffnung: Die adaptierten COVID-19-Vakzinen sollen Omikron besser adressieren und das Infektionsgeschehen eindämmen. Klinische Studien laufen bereits. Biontech informierte am 25. Januar, dass die ersten Studienteilnehmer Biontechs Omikron-basierten Impfstoffkandidaten als Primärserie mit zwei Dosen und als Auffrischungsdosis erhalten haben.
Nur einen Tag später folgte am 26. Januar Moderna mit der gleichen Nachricht: Der erste Teilnehmer sei mit dem angepassten Omikron-spezifischen Impfstoffkandidaten (mRNA-1273.529) geimpft worden.
Bieten Omikron-spezifische Impfstoffe keinen Vorteil?
Doch was ist von den adaptierten Impfstoffen zu erwarten? Ein aktueller Artikel der Wissenschaftsjournalistin Emily Waltz im Fachjournal „Nature“ stimmt nachdenklich: „An Omikron angepasste COVID-19-Impfstoffe schneiden in ersten Tests nicht besser ab als die ursprünglichen Vakzinen“, titelt Waltz.
Zu dieser Einschätzung gelangt die Journalistin aufgrund von bereits durchgeführten Tierstudien, die „darauf hindeuten, dass Omikron-spezifische Auffrischungsimpfungen keinen Vorteil gegenüber einer dritten Dosis mit den derzeitigen Impfstoffen bieten“.
Breite Antikörperreaktion unabhängig vom Booster-Impfstoff
Bei einer bislang lediglich als Preprint vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit verglichen die Forschenden – nach zweifacher Impfung nichtmenschlicher Primaten (Affen) mit dem bereits zugelassenen Moderna-Impfstoff Spikevax – die Booster-Wirkung nach erneuter Impfung mit Spikevax mit dem Effekt, den eine Impfung mit der Omikron-spezifischen Vakzine auslöst.
Und: Nach beiden Impfschemata wurde eine „gleichwertige Kontrolle der Virusvermehrung in den unteren Atemwegen“ beobachtet, schreiben die Wissenschaftler. Interessant ist auch die Wirkung der Auffrischimpfung auf die B-Gedächtniszellen, sie zeichnen für die Bildung von Antikörpern und damit mit für die Abwehr des Virus verantwortlich.
Und auch hier: Bei beiden Impfschemata stiegen die kreuzreaktiven B-Gedächtniszellen. Zur Erklärung: Antikörper kreuzreaktiver B-Zellen können sich gegen viele Virusvarianten richten (nicht nur gegen die Variante, gegen die geimpft wurde). Somit entwickelten die Affen eine breite Antikörperreaktion, unabhängig davon, mit welchem Impfstoff sie geboostert worden waren.
Möglicherweise kein besserer Schutz
Die Wissenschaftler schlussfolgerten daraus: „Daher bietet ein Omikron-Booster im Vergleich zu einem Booster mit dem aktuellen mRNA-1273-Impfstoff (Spikevax) möglicherweise keine größere Immunität oder Schutz.“ Die Studie war klein, eingeschlossen waren lediglich acht Affen, sodass die Aussagekraft der Ergebnisse begrenzt ist.
Für Robert Seder, Mitautor der Studie und Immunologe am US National Institute of Allergy and Infectious Diseases in Bethesda, Maryland, ist das eine gute Botschaft: „Es bedeutet, dass wir immer noch in der Lage sind, alle bekannten Varianten mit einer Auffrischimpfung“ mit den aktuellen Impfstoffen abzudecken, kommt er im „Nature“-Beitrag zu Wort.
Allerdings: Die Studie lief nur kurz. Es seien lediglich Immunreaktionen bis zu vier Wochen nach Booster-Impfung beobachtet worden. Somit sei unklar, wie lange die Antikörperreaktionen anhielten.
Auch ursprünglicher COVID-19-Impfstoff boostert die Antikörper
In einer weiteren Arbeit, auch als Preprint verfügbar, geht es ebenfalls um den Omikron-spezifischen Impfstoff von Moderna. Auch hier verrät der Titel des Beitrags bereits: „Booster mit Omikron-angepassten oder ursprünglichen mRNA-Impfstoffen erhöht neutralisierende Antikörperreaktionen und Schutz gegen B.1.1.529-Infektion (Omikron) bei Mäusen“ – ist es also auch in diesem Versuch egal gewesen, womit geboostert wurde?
Dieses Mal wurde die Wirkung an Mäusen getestet: Beide Booster (ursprünglicher Impfstoff und angepasster Impfstoff) erhöhten die neutralisierenden Antikörper und „verstärkten“ den Schutz vor Omikron.
Die Virus- und Zytokinlast (Maß für die Entzündung) in der Lunge war bei Mäusen, die mit dem Omikron-spezifischen Impfstoff geimpft wurden, zwar „etwas geringer“, „wobei nur begrenzte Unterschiede in der Wirksamkeit gemessen wurden“, erklären die Wissenschaftler.
Schützt eine reine Omikron-Impfung nicht vor anderen Corona-Varianten?
Daneben interessierten sich die Wissenschaftler auch dafür, welche Effekte der Omikron-angepasste Impfstoff bei noch gänzlich ungeimpften Mäusen hervorruft. Und in der Tat produzierten die Mäuse auf die Impfung hohe Mengen an neutralisierenden Antikörpern gegen Omikron, aber diese waren dafür nur begrenzt in der Lage, auch andere wichtige SARS-CoV-2-Varianten zu hemmen (keine Kreuzreaktivität).
Zu diesen Ergebnissen kamen auch Wissenschaftler einer weiteren als „Preprint“ zugänglichen Studie mit dem Titel: „Omikron-spezifischer mRNA-Impfstoff induziert starke neutralisierende Antikörper gegen Omikron, aber nicht gegen andere SARS-CoV-2-Varianten“.
Ist die Impfreihenfolge wichtig?
Eine vierte Studie an Mäusen und Hamstern förderte zudem zutage, dass der Impferfolg möglicherweise davon abhängt, mit welchem Impfstoff zuerst geimpft wird. Die Wissenschaftler setzten in dieser Studie einen sogenannten replizierenden Impfstoff ein, das bedeutet: Dieser enthält nicht nur die mRNA für das Spikeprotein (Antigen), sondern auch einen Bereich, der für einen „Verstärker“ codiert, sodass der Geimpfte das eigentliche Antigen besser herstellen kann.
Erhielten die Mäuse nun zwei Dosen Corona-Impfstoff gegen die ursprüngliche SARS-CoV-2-Variante gefolgt von einer Dosis der angepassten Vakzine, verstärkte diese Boosterimpfung die Immunreaktion gegen Omikron nicht.
Anders, wenn die Nager zunächst eine Dosis der angepassten Omikron-Vakzine und dann erst eine Impfung auf Basis des ursprünglichen Stammes erhielten – dieses Impfschema verbesserte die Immunantwort. Auch diese Arbeit liegt bislang nur als „Preprint“ vor und ist noch nicht wissenschaftlich unabhängig geprüft.
Eine Impfung mit angepasstem Impfstoff vielleicht nicht ausreichend
Was ist mit diesen Informationen nun anzufangen? Im „Nature“-Beitrag äußert sich ein weiterer Impfstoffforscher, David Montefior. Er leitet das Labor für AIDS-Impfstoff-Forschung und -Entwicklung am Duke University Medical Center in Durham, North Carolina, und beschäftigt sich auch mit COVID-19-Impfstoffen.
Seiner Einschätzung nach ist „die einmalige Verabreichung eines auf die Variante abgestimmten Impfstoffs wahrscheinlich nicht die Lösung“. Wichtige Fragen seien noch offen. Montefior hofft, dass die Omikron-Studien von Pfizer und Moderna am Menschen dazu beitragen werden, Antworten zu finden. Erste Ergebnisse sollen schon in Kürze vorliegen.