COVID-19: Wer sollte sich in Zukunft noch impfen lassen?
Anfang Februar fällt bundesweit die Maskenpflicht im Fernverkehr. Auch in Bussen und Bahnen des öffentlichen Nahverkehrs gibt es dann in den meisten Bundesländern keine Pflicht mehr, eine FFP2- oder medizinische Maske zu tragen. Über die Inzidenzwerte redet schon lange keiner mehr. Da der Bedarf nicht mehr hoch genug ist, werden immer mehr Impfzentren geschlossen.
Und dennoch: Auch drei Jahre nach dem ersten bestätigten Corona-Fall in Deutschland am 27. Januar 2020 werden Überlegungen zum Impfen gegen Corona nicht hinfällig. Doch für wen wird auch künftig eine COVID-19-Impfung sinnvoll sein?
Gute Grundimmunität gegen COVID-19
Bereits vor einigen Monaten wurden Impfstoffe zugelassen, die an die Omikron-Variante angepasst sind. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt, dass bestimmte Gruppen, wie Menschen ab 60, eine zweite Auffrischimpfung damit bekommen, um den Schutz vor einem schweren Krankheitsverlauf zu verbessern.
Die Impfquoten für einen zweiten Booster sind bisher jedoch niedrig und schwanken regional stark. Dennoch sprechen Fachleute unter dem Strich von einer guten Grundimmunität der Bevölkerung. Der Virologe Christian Drosten gab kürzlich im Podcast „Coronavirus-Update“ zu bedenken, dass das Virus jetzt viel besser übertragbar sei als zu Beginn der Pandemie. Einer der Hauptgründe für die relative Ruhe derzeit sei die Bevölkerungsimmunität, die die Verbreitung des Erregers eindämme.
Wie lange dieser Schutz anhält, „müssen wir künftig beim Aufkommen neuer Varianten sehr genau beobachten, etwa anhand von Krankenhausaufnahmen“, sagt der Direktor der Klinik für Infektiologie der Berliner Charité, Leif Erik Sander.
Auch wenn es wegen der immer noch relativen Neuheit von SARS-CoV-2 keine Daten zu längeren Zeiträumen gibt, sehen manche Forscher Anlass zu Optimismus. Der Immunologe Andreas Radbruch etwa geht anhand der Daten zum ersten SARS-Virus (2002/03) von anhaltender Immunität aus.
Regelmäßige Corona-Impfung, ähnlich wie bei Influenza?
Manche Mediziner äußern die Vorstellung, dass gegen Corona künftig stets im Herbst geimpft werden sollte, wie vor der Grippewelle. Sander ist allerdings skeptisch, ob die kommenden Corona-Wellen bereits so planbar in die Wintermonate fallen werden wie typischerweise bei der Grippe: „Bis wir wirklich synchrone, streng saisonale Corona-Wellen haben, dürfte es noch eine Weile dauern.“ Daher seien regelmäßige Corona-Impfungen bei bestimmten, gefährdeten Gruppen womöglich alle ein bis zwei Jahre vorstellbar.
STIKO-Chef Thomas Mertens meint, dass man davon ausgehen müsse, dass primär bestimmte Risikogruppen in Zukunft weitere Auffrischimpfungen bekommen sollten. Den zeitlichen Abstand könne man wissenschaftlich noch nicht genau benennen, womöglich sei ein Jahresabstand vernünftig.
Wer ist auch in Zukunft besonders von Corona gefährdet?
Mertens erklärt, dass – stark vereinfacht – das Risiko für einen schweren COVID-19-Krankheitsverlauf mit dem Alter und der Zahl der Vorerkrankungen zunehme. Hinzu kämen Menschen, deren Immunsystem wegen Erkrankungen und/oder Medikamenten nicht zu 100 Prozent funktioniert – bei ihnen können Mertens zufolge auch weitere Schutzmaßnahmen wie Abstand halten und Masken tragen sinnvoll sein.
Menschen, bei denen die Impfung gar nicht wirkt, sollten Sander zufolge im Fall einer Corona-Infektion auch sehr früh behandelt werden. „Zum Beispiel mit antiviralen Präparaten lässt sich das Risiko einer schweren Erkrankung sehr deutlich verkleinern.“
Schützt die Impfung vor einer Reinfektion mit COVID-19?
„Der Schutz vor schwerer Erkrankung durch die Impfungen ist sehr gut, aber das Vermeiden einer Reinfektion ist mittels Impfung höchstens für einen kurzen Zeitraum möglich“, sagt Mertens. Vermutlich werde es daher für Menschen ohne Risiken für schweres COVID-19 auch keine Ausweitung der Impfempfehlung geben.
Für den Charité-Infektiologen Sander ist denkbar, dass Jüngere mit gesundem Immunsystem womöglich nur noch alle paar Jahre eine Auffrischung brauchen – falls das Virus selbst nicht mit wiederholten Infektionen für die Auffrischung sorgt. Perspektivisch sei auch mit weiterentwickelten Impfstoffen zu rechnen.
Die Zeit der Lockaktionen, etwa mit Gratis-Bratwurst für Impfwillige, sind bekanntlich vorbei. Anstrengende, langfristige Arbeit stehe bevor, um gefährdete Menschen künftig mit Impfangeboten zu erreichen, sagte Sander.
Eines stört ihn: „Manche verbreiten jetzt im Nachhinein das Narrativ, dass die Corona-Impfung überflüssig gewesen sei. Dabei war sie vielmehr der entscheidende Schalter, um aus der Pandemie herauszukommen.“ Quelle: dpa / mia