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SARS-CoV-2: Wie zuverlässig sind Antigen-Schnelltests?

Hand hält negativen Schnelltest, daneben FFP2-Maske und Kaffeetasse
Testen ist ein wichtiger Baustein in der Bewältigung der Corona-Pandemie. Doch wie zuverlässig sind die millionenfach verwendeten Schnelltests? | Bild: Patrick Daxenbichler / Adobe Stock

Ob in der Schule, beim Besuch von Veranstaltungen oder vor der Urlaubsreise – ein Corona-Schnelltest mit negativem Ergebnis ist der universelle Türöffner. Dass die Tests einfach, wenig zeitaufwändig und direkt vor Ort auswertbar sind, hat ihnen eine hohe Akzeptanz verschafft. Mittlerweile mehrt sich aber auch Kritik.

Zuverlässigkeit deutlich unter Herstellerangaben 

Laut Herstellerangaben haben die Antigen-Schnelltests eine hohe Zuverlässigkeit. Demnach soll ihre Sensitivität Werte von über 90 Prozent erreichen. (Zur Erinnerung: Die Sensitivität gibt an, wie hoch der Prozentsatz der positiv Getesteten unter den Infizierten ist.) Würzburger Forscher kamen nun jedoch zu einem anderen Ergebnis. Im Rahmen einer Studie ermittelten sie eine Sensitivität der Schnelltests im klinischen Praxiseinsatz von lediglich 42,6 Prozent. Die Daten der Studie beruhen auf insgesamt über 5.000 Untersuchungen. Dabei wurde jeweils sowohl ein Antigen-Schnelltest als auch ein PCR-Test durchgeführt.   

Superspreader werden zuverlässig erkannt  

Die Studie führte noch zu weiteren Erkenntnissen: SARS-CoV-2-Infizierte mit sehr hoher Viruslast – sogenannte Superspreader – werden von den Antigen-Schnelltests sehr zuverlässig erkannt. Hingegen werden Infektionen, bei denen die Viruslast niedrig ist, so gut wie nicht erkannt. Betroffene wiegen sich dann möglicherweise in falscher Sicherheit. Die Studienautoren wollen dennoch nicht grundsätzlich vom Einsatz der Schnelltests abraten. Großflächig und regelmäßig eingesetzt, könnten sie zusätzlich asymptomatisch SARS-CoV-2-Infizierte erkennen und damit Infektionsketten unterbrechen. Sinnvoll seien diese Tests auch in Situationen, in denen eine momentan hohe Infektiosität ausgeschlossen werden soll, weil viele Menschen auf engem Raum zusammenkommen.  

Geringe Rate positiver Schnelltests

Zweifel am Nutzen der Antigen-Schnelltests lassen aber auch Informationen des Südwestrundfunks (SWR) aufkommen. Der Sender hat nach Anfragen bei den zuständigen Behörden (Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz und Robert Koch-Institut) Testdaten aus der dritten Corona-Welle erhalten und ausgewertet. Die Datenanalyse ergab, dass im Mai 2021 trotz hoher Inzidenzwerte nur sehr wenige Schnelltests nach anschließender PCR-Testung tatsächlich positiv waren. So betrug die Rate positiver Schnelltests in Baden-Württemberg 0,05 Prozent, in Rheinland-Pfalz 0,04 Prozent. Dagegen lag die Positivrate der im Mai durchgeführten PCR-Tests bei 10 Prozent und damit 200-mal höher als die der Schnelltests. Ein weiteres Ergebnis: Auf ganz Deutschland bezogen gingen nur 6 bis 9 Prozent aller Fälle in der Infektionsstatistik auf das Entdecken mittels Schnelltests zurück. 

Aufruf zu mehr PCR-Testungen  

Nach Ansicht des vom SWR befragten Münchener Virologen Professor Oliver Keppler ist die geringe Positivrate der Antigentests auf die Kombination mehrerer Faktoren zurückzuführen: schlecht funktionierende Tests, mangelhafte Abnahme der Abstriche und ein womöglich schlechtes Meldeverhalten. Infizierte würden damit nicht ausreichend verlässlich erkannt. Keppler plädiert laut SWR dafür, die Schnelltests weitgehend durch PCR-Testungen zu ersetzen. Auch das Robert Koch-Institut weist vor allem mit Blick auf den Kita- und Schulbetrieb nach den Sommerferien auf die Bedeutung von Pool-PCR-Methoden hin. Die Sensitivität von Lolli-Pool-PCR-Tests sei höher als die von Antigentests.  

Aussagekraft sinkt bei niedrigen Inzidenzen  

Die Erfolgsquote der Schnelltests sinkt voraussichtlich noch weiter. Denn in Zeiten niedriger Inzidenzen werden beim Testen natürlich weniger Infizierte festgestellt. Doch die statistische Wahrscheinlichkeit für falsch-positive Ergebnisse bleibt immer gleich hoch. So stellten sich etwa in Baden-Württemberg im Mai noch über zwei Drittel aller positiven Schnelltests im PCR-Test als richtig-positiv heraus. Danach sank die Rate PCR-bestätigter positiver Schnelltests drastisch. Der Leipziger Epidemiologe Professor Hajo Zeeb hält laut SWR Schnelltests für geeignet, um ansteckende Personen aus dem Verkehr zu ziehen. Er bemängelt aber, dass es noch keine systematischen Stichproben-Tests gibt. Damit könnte man ein repräsentatives Bild über die Virus-Ausbreitung in der Bevölkerung erhalten.  Quellen: SWR Aktuell, 07.07.2021; Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Robert Koch-Institut  

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