Untersuchung zur Virenübertragung in geschlossenen Räumen: Reduziert feuchte Luft die SARS-CoV-2-Übertragung?
Als Hauptübertragungsweg für SARS-CoV-2 galt zunächst der direkte Kontakt von Mensch zu Mensch. Schließlich gelangt beim Husten und Niesen virenhaltiges Sekret in die Umgebung. Und das kann von anderen Personen aufgenommen werden. Da diese ausgestoßenen Tropfen relativ groß sind, sinken sie ziemlich schnell zu Boden. Daher ist wohl ein Sicherheitsabstand von 1,5 bis 2 Metern als Infektionsschutz ausreichend.
Aerosole bleiben lange in der Luft
In letzter Zeit kam es jedoch trotz eines solchen Mindestabstands zu COVID-19-Ausbrüchen in Innenräumen – nämlich dann, wenn sich viele Personen gleichzeitig in einem Raum befanden. Beispiele waren unter anderem Chorproben und Schlachtbetriebe. Inzwischen konnte nachgewiesen werden, dass winzige Tropfen von 5 Mikrometer Durchmesser bis zu 9 Minuten in der Luft schweben können. Solche Aerosole entstehen etwa beim Sprechen. Um infektiöse Aerosole aus der Innenraumluft zu entfernen, wird eine gute Belüftung empfohlen.
Niedrige Luftfeuchtigkeit fördert Virenausbreitung
Forscher aus Deutschland und Indien weisen nun auf einen weiteren Aspekt hin, der bisher wenig beachtet wurde: die Luftfeuchtigkeit in Innenräumen. Eine Studienanalyse zeigt, dass die Luftfeuchtigkeit die Ausbreitung von Grippeviren und verschiedenen Coronaviren – SARS-CoV-1, MERS und SARS-CoV-2 – beeinflusst. Bei niedriger relativer Luftfeuchtigkeit von unter 40 Prozent trocknen die virenhaltigen Tröpfchen zwar schneller aus. Doch die Aktivität der Viren scheint trotzdem hoch zu bleiben.
Offenbar sind andere Prozesse für die Infektion wichtiger: Bei niedriger Luftfeuchtigkeit nehmen die von Infizierten ausgestoßenen Partikel weniger Wasser auf. Sie bleiben damit leichter, fliegen weitere Strecken durch den Raum und können so eher von Gesunden eingeatmet werden. Außerdem trocknen die Nasenschleimhäute bei trockener Luft stärker aus und werden so durchlässiger für Viren. Die neuen Erkenntnisse sind vor allem im Hinblick auf den Winter von Bedeutung. Wird in Räumen geheizt, entwickelt sich meist ein sehr trockenes Raumklima. Das könnte die Ausbreitung der Coronaviren fördern, warnen die Wissenschaftler.
Mindestens 40 Prozent Luftfeuchtigkeit könnte Infektionsrisiko reduzieren
Bei höherer Luftfeuchtigkeit hingegen wachsen die Tröpfchen schneller, sinken früher zu Boden und haben damit weniger Infektionspotenzial. Daher könnte eine relative Luftfeuchte von 40 bis 60 Prozent die Ausbreitung der Viren und die Aufnahme über die Nasenschleimhaut reduzieren. Die Wissenschaftler plädieren deshalb dafür, Standards für die Luftfeuchte in Innenräumen mit vielen Menschen festzulegen, insbesondere in Krankenhäusern, Großraumbüros oder dem öffentlichen Nahverkehr. Quelle: Leibniz-Institut für Troposphärenforschung e.V.