AMK: Probleme bei Entleerung von Mounjaro®-Pens

Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) weist in einer aktuellen Meldung darauf hin, dass es zu Problemen bei der Entnahme der letzten Dosis bei Mounjaro® KwikPen® kommt.
In der Zeit von Mai bis September 2024 seien 149 Meldungen zu Verdachtsfällen eines Qualitätsmangels bei dem Arzneimittel Mounjaro® (Tirzepatid) KwikPen® zum Fehlerbild „Mechanischer Defekt“ eingegangen.
Zur Erinnerung: Wann wird Mounjaro® eingesetzt?
Mounjaro® ist angezeigt zur Behandlung von Erwachsenen mit unzureichend eingestelltem Typ-2-Diabetes mellitus als Ergänzung zu Diät und Bewegung.
Der enthaltene Wirkstoff Tirzepatid kann als Monotherapie – wenn die Einnahme von Metformin nicht vertragen oder kontraindiziert ist – oder zusätzlich zu anderen Arzneimitteln zur Diabetes-Behandlung erfolgen.
Außerdem ist Tirzepatid als Ergänzung zu einer kalorienreduzierten Diät und erhöhten körperlichen Aktivität bei einem BMI ≥ 30 kg/m2 (Adipositas) oder ≥ 27 kg/m2 (Übergewicht) bei Vorliegen mindestens einer gewichtsbedingten Begleiterkrankung angezeigt.
Die Dosierung geschieht schrittweise; die subkutane Injektion erfolgt einmal wöchentlich.
Laut AMK-Meldung beanstanden Apotheken, dass der Pen bei der vierten, teilweise auch schon bei der dritten Dosis blockiert. Zusätzlich lasse sich das Dosierrad nicht mehr einstellen.
Unklarheit über bereits verabreichte Dosen bei Mounjaro®
Die Firma Lilly sieht in dem Fehlerbild Anwendungsfehler bei den Patienten, die sich u. a. sowohl aus der Beschaffenheit des KwikPens® als auch des (unüblichen) Dosierungsintervalls bedingen würden.
Im Verlauf der Anwendung könne sich zum Beispiel das Risiko erhöhen, dass der Patient nicht mehr wisse, wie viele Applikationen bereits verabreicht wurden, „sodass nach vier Dosen (= vier Wochen) versucht wird, eine weitere Dosis zu applizieren“.
Um diesem Anwendungsfehler entgegenzuwirken, enthalte die Gebrauchsinformation einen Arzneimittelkalender, um die verabreichten Dosen zu dokumentieren.
Übermäßiges Entlüften des Pens führt zur Blockade
Des Weiteren weist Lilly darauf hin, dass das beschriebene Blockieren des Pens durch ein übermäßiges Entlüften (sogenanntes „Overpriming“) hervorgerufen werden könnte.
Für das Entfernen von Luftblasen in der Wirkstofflösung sind maximal acht Entlüftungsschritte des Pens möglich; vor jeder Anwendung kann dies bis zu dreimal wiederholt werden. Wird dies nicht beachtet, kann der Pen vorzeitig arretieren und die Applikation weiterer Dosen verhindern.
Mounjaro®: Notwendige Überfüllung führt zu Anwendungsfehler
Zuletzt vermutet der Hersteller, dass die notwendige Überfüllung der Wirkstofflösung im Pen den Eindruck erwecken könnte, dass neben den vier Dosen auch noch eine weitere (Rest-)Dosis vorhanden ist, die jedoch nicht appliziert werden kann.
Mounjaro®: kein herstellerbedingtes Qualitätsproblem feststellbar

Eine Untersuchung des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker e. V. (ZL) von reklamierten Pens und Vergleichsmustern konnte keine herstellerbedingten Qualitätsprobleme feststellen.
Die untersuchten Pens konnten viermal ausgelöst werden, mit einer jeweils ähnlich verbliebenen Menge an Restvolumen (aufgrund von Überfüllung) im Pen.
Die AMK sieht jedoch Verbesserungsmöglichkeiten seitens des Herstellers, um die Anzahl der gleichartigen Anwendungsfehler zu verringern. Daher steht sie mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im Austausch, um Anpassungen der Produkteigenschaften von Mounjaro® KwikPen® bzw. risikominimierende Maßnahmen zeitnah anzustoßen.
Lilly soll Mounjaro® anpassen, um Anwendungsfehler zu minimieren
So empfiehlt die AMK, den Arzneimittelkalender zur Dokumentation der verabreichten Dosen nicht mehr in der Gebrauchsinformation aufzuführen, sondern separat beizupacken oder eine entsprechende Darstellung auf Primär- oder Sekundärverpackung anzubringen. So würde der Kalender nicht so leicht übersehen und die Dokumentation der verabreichten Dosen sichergestellt.
Um dem Missverständnis vorzubeugen, die Restmenge im Pen könne als weitere Dosis appliziert werden, schlägt die AMK „eine unmissverständliche, numerische Skalierung auf dem Penkörper“ vor. Dies trage dazu bei, dass der Füllstand und die bereits verabreichten Dosen sicher und eindeutig nachvollzogen werden können.
Dem Fehler des übermäßigen Entlüftens könnte der Hersteller nach Ansicht der Kommission entgegenwirken, wenn die zur Applikation notwendigen Kanülen zusammen mit dem Pen konfektioniert werden. So könne sichergestellt werden, dass der Patient stets über eine ausreichende Menge an Kanülen verfügt und diese nicht mehrfach verwendet oder den Pen mit aufgesetzter Kanüle lagert. „Dieser Umstand kann das Eindringen von Luft in den Penkörper bis zur nächsten Anwendung begünstigen, was dann ein intensives Entlüften notwendig macht.“
Verbesserungsbedarf sieht die AMK auch in dem Hinweis auf die Temperatur bei Anwendung. So enthält die Gebrauchsinformation derzeit lediglich Hinweise zur Lagerungstemperatur des Pens vor Anbruch bzw. nach dem ersten Gebrauch.
Die AMK regt an, auch einen Hinweis aufzunehmen, dass der Pen vor jeder Anwendung zunächst auf Raumtemperatur temperiert werden sollte. Denn das Entfernen von Luftblasen im kalten Zustand könne zum „Overpriming“ führen und eine frühzeitige Penblockade mitbedingen.
Abschließend sieht die AMK erhöhten Schulungsbedarf insbesondere bei Patienten, die Tirzepatid zum Gewichtsmanagement erhalten. Herstellerseitig sollte dies mit behördlich abgestimmtem Schulungsmaterial, z. B. Patientenkarte oder Anwendungsvideos, unterstützt werden (Blaue Hand).