Capsaicin-Pflaster bei neuropathischen Schmerzen
Mit Qutenza® steht ein verschreibungspflichtiges Pflaster mit hoher Konzentration an Capsaicin zur Verfügung. Eingesetzt wird Qutenza® zur lokalen Behandlung von neuropathischen Schmerzen bei Erwachsenen.
Gut zu wissen: Was sind neuropathische Schmerzen?
Neuropathische Schmerzen treten in Folge von Nervenschädigungen auf. Dabei handelt es sich häufig um sehr starke Schmerzen, die von neurologischen Ausfällen begleitet sein können. Auch kann es zu Fehlfunktionen der von den Neuronen beteiligten Muskeln kommen.
Die Lebensqualität der Patienten ist meist deutlich beeinträchtigt. Ursachen für das Auftreten dieser Schmerzen können Autoimmunerkrankungen wie beispielsweise Multiple Sklerose oder Diabetes mellitus sein. Auch nach Verletzungen oder im Rahmen einer Chemotherapie können neuropathische Schmerzen häufig aufkommen.
Bei der Anwendung des Pflasters müssen zahlreiche Sicherheitsvorkehrungen eingehalten werden, deshalb ist eine Applikation nur durch einen Arzt oder unter ärztlicher Aufsicht vorgesehen.
Zu dem Arzneimittel gibt es zur Anwendung behördlich genehmigtes Schulungsmaterial für Fachkreise, das auf der Website des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu finden ist. Diese ergänzenden Informationen zur Gebrauchs- und Fachinformation sind an dem Symbol der Blauen Hand zu erkennen.
Auch das pharmazeutische Personal in der Apotheke sollte über die Anwendung des Pflasters informiert sein, um aufkommende Fragen von Patienten kompetent beantworten zu können.
Wie wirkt Capsaicin?
Capsaicin ist ein Alkaloid aus den Pflanzen der Gattung Capsicum (Paprika), die zur Familie der Solanaceae (Nachtschattengewächse) gehören. Paprika- und vor allem Chilischoten sorgen für die Schärfe im Essen.
Capsaicin reizt bestimmte Neuronen, die für die Wahrnehmung von Schmerz und Wärme verantwortlich sind.
Gut zu wissen: Capsaicin ist nicht wasserlöslich
Die Substanz Capsaicin löst sich nicht in Wasser, eine Löslichkeit besteht nur in Fetten und Ethanol. Das Trinken von Wasser nach dem Genuss einer scharf gewürzten Mahlzeit, nützt daher nichts. Hilfreich gegen die Schärfe sind hingegen fetthaltige Milchprodukte wie z. B. Joghurt, Quark oder auch Milch.
Bei der Verarbeitung von Chilischoten in der Küche empfiehlt sich auch das Tragen von Handschuhen. Denn: Durch Händewaschen wird das Capsaicin nicht von den Fingern entfernt.
Beim Auftragen auf die Haut wirkt Capsaicin als hochselektiver Agonist an TRPV1-Rezeptoren (transient receptor potential vanilloid 1), die eine wichtige Rolle bei der Übertragung von Schmerzsignalen spielen. Bei neuropathischen Schmerzen sind sensorische Nervenfasern mit diesen Rezeptoren oft hyperaktiv.
Die topische Anwendung von hochdosiertem Capsaicin führt durch Überstimulation zu einer längerfristigen, reversiblen Deaktivierung dieser Schmerzrezeptoren und sorgt damit für eine effektive Linderung der Schmerzen.
Capsaicin: Welche Unterschiede bestehen zu Wärmepflastern?
In der Apotheke sind auch Wärmepflaster mit Capsaicin erhältlich. Diese weisen einen deutlich niedrigeren Wirkstoffgehalt als Qutenza® auf und sind deshalb in der Selbstmedikation ohne Rezept erhältlich.
Vergleich verschiedener Pflaster mit Capsaicin:
Präparat | Gehalt an Capsaicin insgesamt | Capsaicin pro cm2 Pflaster | Hinweise zur Anwendung |
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Qutenza® | 179 mg | 640 µg |
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Hansaplast ABC® Wärmepflaster | 11 mg | 36 µg |
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Pflaster mit niedrig dosiertem Capsaicin werden zur Linderung von Muskelschmerzen angewendet. Dabei regt das Capsaicin die Durchblutung an und sorgt damit für eine Entspannung der Muskulatur.
Solche Wärmepflaster können bis zu zwölf Stunden auf der Haut verbleiben. Eine erneute Anwendung ist bereits nach einer Wartezeit von zwölf Stunden möglich.
Durch eine hochdosierte dermale Anwendung von Capsaicin – wie in Qutenza® – werden dagegen die Schmerzrezeptoren gezielt überstimuliert und sollen damit über einen längeren Zeitraum desensibilisiert werden.
Das Pflaster darf nur für einen kurzen Zeitraum auf der Haut verweilen – bei einer Behandlung am Fuß 30 Minuten und an anderen Hautstellen 60 Minuten. Zwischen den einzelnen Anwendungen müssen mindestens 90 Tage liegen.
Capsaicin-Pflaster: Welche Nebenwirkungen können auftreten?
Während der Anwendung von Qutenza® gelangen rund 1 % des enthaltenen Wirkstoffs in die Epidermis (äußerste Hautschicht; Oberhaut) und Dermis (Lederhaut; liegt unterhalb der Epidermis), eine relevante systemische Resorption nach dermaler Anwendung ist allerdings nicht zu erwarten.
Bei der Anwendung kommt es jedoch häufig zu lokalen Nebenwirkungen wie Schmerzen und Brennen an der Applikationsstelle. Auch können Rötungen an der betroffenen Hautstelle verbunden mit Juckreiz auftreten.
Diese Schmerzen können kurzfristig so ausgeprägt sein, dass während und kurz nach der Behandlung häufig ein Anstieg des Blutdrucks um durchschnittlich < 8,0 mmHg beobachtet werden kann. Daher sollte während der Behandlung der Blutdruck überwacht werden.
Wie erfolgt die Applikation des Capsaicin-Pflasters?
Aufgrund von Sicherheitsbedenken wird das Pflaster nicht selbst von den Patienten, sondern nur durch einen Arzt oder unter ärztlicher Aufsicht angewendet. Dazu werden die schmerzhaften Hautstellen mit einem Stift auf der Haut markiert, denn zur Anwendung von Capsaicin-Pflastern muss die Haut unverletzt und trocken sein.
Damit das Pflaster gut auf der Haut haftet, müssen vorhandene Haare zuvor abgeschnitten werden. Keinesfalls darf das Pflaster in die Nähe von Augen oder Schleimhäuten gelangen, deshalb ist die Anwendung am Kopf sowie in der Nähe der Augen nicht erlaubt.
Bei der Anwendung des Pflasters kann Capsaicin in die Luft gelangen und zu Husten und Niesen führen, daher wird das Tragen eines Mundschutzes sowie einer Schutzbrille empfohlen. Das Pflaster selbst darf nur mit Handschuhen angefasst werden – diese müssen aus Nitril sein, denn Latexhandschuhe bieten keinen ausreichenden Schutz.
Um die auftretenden Schmerzen während der Anwendung gering zu halten, kann vor dem Aufkleben des Pflasters ein Lokalanästhetikum wie Lidocain 4 % auf die Haut aufgetragen werden. Auch kann der Patient vorab ein orales Analgetikum einnehmen.
Beim Entfernen des Pflasters wird dieses langsam nach innen gerollt und in einem Beutel für medizinischen Abfall entsorgt. Um mögliche Reste an Capsaicin zu entfernen, wird auf die behandelte Haut ein Reinigungsgel aufgetragen, das nach einer Einwirkzeit von einer Minute mit Verbandmull wieder abgewischt wird. Zur Linderung der Schmerzen kann die Hautfläche auch mit einer Kühlkompresse gekühlt werden.
Hinweise bei der Abgabe des Capsaicin-Pflasters
Bei der Abgabe von Qutenza® sind die Patienten darüber zu informiert, dass das Pflaster zu Hause liegend gelagert werden sollte.
Wenn das Capsaicin-Pflaster auf eine behaarte Hautstelle appliziert werden soll, so ist Rasieren bis 48 Stunden vor der Behandlung erlaubt. Um die Haut nicht zu verletzen, sollten die Haare jedoch besser vorsichtig abgeschnitten werden. Am Tag der Behandlung darf die Hautstelle nicht mehr eingecremt werden.
Nach der Anwendung sollte die Applikationsstelle für einige Zeit möglichst nicht berührt werden, da noch enthaltenes Capsaicin austreten kann. Das behandelte Hautareal kann für einige Tage empfindlich gegenüber Hitzeeinwirkungen wie heißes Duschen oder Sonneneinstrahlung reagieren. Quellen:
- https://www.grunenthalhealth.de/de-de/medizinisches-fachpersonal/produkte/qutenza/qutenza-themenspecials-alfa/qutenza-praxis-tipps
- Fachinformation Qutenza 179 mg kutanes Pflaster
- Leitfaden zur Verringerung von Arzneimittel- und Anwendungsrisiken für Angehörige der Heilberufe zu Qutenza® 179 mg kutanes Pflaster
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2010/daz-15-2010/capsaicin-pflaster-neue-option-in-der-schmerztherapie
- Kirchner W.: Arzneiformen richtig anwenden, Deutscher Apotheker Verlage, 4. Auflage, Stuttgart 2016.