Diabetes: Insulin bei Kälte richtig lagern
Patienten, die an einem Typ-1-Diabetes erkrankt sind, müssen mehrmals täglich ihren Glucose-Spiegel im Blut bestimmen und benötigtes Insulin zuführen.
Der überwiegende Anteil insulinpflichtiger Diabetiker benutzt dazu einen Insulinpen, der mit einer Insulinpatrone befüllt ist. Mithilfe einer Dosiervorrichtung kann die gewünschte Insulinmenge eingestellt und über eine Injektionsnadel abgegeben werden.
Damit das Insulin seine gewünschte Wirkung ausüben kann, ist unter anderem die Einhaltung der Lagertemperatur entscheidend.
Warum ist Insulin so empfindlich?
Chemisch gesehen gehört Insulin zu den Proteinen und besteht aus einzelnen miteinander verbundenen Aminosäuren. Für die biologische Funktion eines Proteins ist seine räumliche Struktur entscheidend, denn wird diese zerstört, verliert die Verbindung ihre Wirkung.
Insulin besteht dabei aus zwei miteinander verbundenen Peptidketten. Jede dieser Ketten besitzt ihre eigene Zusammensetzung an Aminosäuren, die in einer bestimmten Reihenfolge angeordnet sind. Diese einzelnen Ketten werden durch Wasserstoffbrückenbindungen zwischen einzelnen Atomen in eine bestimmte Form gebracht.
Durch Wechselwirkungen zwischen einzelnen Resten der Aminosäuren entsteht eine dreidimensionale Struktur. Zu dieser räumlichen Anordnung tragen auch Disulfidbrücken zwischen schwefelhaltigen Aminosäuren bei. Wie jedes Protein besitzt Insulin dabei seine eigene, einzigartige räumliche Anordnung.
Allerdings kann durch äußere Einflüsse, wie niedrige oder hohe Temperaturen, ein veränderter pH-Wert oder UV-Strahlung, diese dreidimensionale Struktur irreversibel zerstört werden. Das Protein ist dann denaturiert und besitzt keine Wirkung mehr.
Lagerbedingungen bei Insulin müssen eingehalten werden
Für die Funktion eines Proteinarzneimittels ist es entscheidend, dass die vorgeschriebene Lagerungstemperatur eingehalten wird. Diese liegt beim Insulin bei einer Temperatur zwischen 2 und 8 °C. Im Sommer, bei hohen Temperaturen, ist es daher wichtig, auch beim Transport die Kühlkette einzuhalten.
Insulin sollte vom Patienten von der Apotheke zu sich nach Hause in einer Kühltasche transportiert werden. Anschließend ist das Insulin bis zum Gebrauch im Kühlschrank zu lagern, dafür eignet sich das Gemüsefach.
Um das Arzneimittel zudem vor Licht zu schützen, ist eine Aufbewahrung in der Originalverpackung empfehlenswert.
Vorsicht: Insulin darf nicht einfrieren!
Niemals darf Insulin ins Gefrierfach gelegt werden. Auch eine Lagerung im hinteren Teil des Kühlschranks sollte nicht erfolgen, da auch hier ein Einfrieren möglich ist.
Bei niedrigen Außentemperaturen wie im Winter muss an diesen Kälteschutz auch bei einem längeren Aufenthalt im Freien gedacht werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Insulinvorräte einfrieren und damit unbrauchbar werden.
Gut zu wissen: Aufgetautes Insulin nicht verwenden
Die kritische Grenze bei der Lagerung von Insulin liegt bei +2 °C, bei niedrigeren Temperaturen kann es einfrieren. Gefrorenes Insulin kann außer an Eiskristallen auch an Ausflockungen und Verfärbungen erkennbar sein.
Nach dem Auftauen kann die Zubereitung im Übrigen wieder ganz normal aussehen, trotzdem ist das Insulin unwirksam und darf keinesfalls mehr benutzt werden.
Insulin vor Kälte schützen: Nah am Körper tragen
An frostigen Tagen sollten Menschen mit Diabetes ihr Insulin daher nah am Körper tragen. Dafür geeignet wäre beispielsweise die Innentasche einer Jacke oder eine Hüfttasche unter der Kleidung.
Insulinvorräte wie Pen-Patronen oder Ampullen können auch in einer Thermoskanne aus Stahl mit breitem Ausguss transportiert werden, zur Polsterung und als zusätzlicher Kälteschutz werden diese noch in ein Tuch oder einen Waschlappen eingewickelt. Auf diese Weise kann Insulin bei längeren Wanderungen auch im Rucksack transportiert werden.
Insulinpumpen mit Schlauch sollten ebenfalls unter warmer Kleidung getragen werden. Dazu sind elastische Bauchgurte erhältlich, die eine spezielle Öffnung für den Schlauch haben. Bei Patch-Pumpen besteht die Gefahr des Auskühlens nicht, diese haften ohnehin direkt auf der Haut und sind automatisch durch die Kleidung geschützt.
Teststreifen und Messgeräte auch vor Kälte geschützt aufbewahren
Auch alle anderen Hilfsmittel, die zur Überprüfung des Glucose-Spiegels benötigt werden, sollten vor niedrigen Temperaturen geschützt werden.
Blutzuckerteststreifen und Messgeräte sind für Temperaturen über +4 °C ausgelegt, bei niedrigeren Werten können diese fehlerhaft sein oder überhaupt nicht messen. Im Notfall kann so wertvolle Zeit verloren gehen, wenn die Hilfsmittel zunächst aufgewärmt werden müssen.
Diabetiker sollten bei eisigen Temperaturen auch immer Handschuhe tragen, denn mit warmen Händen lässt sich der Blutzucker besser messen und Messgeräte können einfacher bedient werden.
Im Gebrauch befindliche Insulinpens müssen nicht in den Kühlschrank
Wie bereits beschrieben, müssen Vorräte an Insulin unbedingt bei Temperaturen zwischen 2 und 8 °C gelagert werden. Bereits im Gebrauch befindliche Insulin-Zubereitungen können dagegen bei Raumtemperatur aufbewahrt werden – eine Lagerung im Kühlschrank ist dann nicht mehr ideal. Warum?
Gekühltes Insulin kann zu Hautirritationen an der Einstichstelle führen. Auch können sich bei kaltem Insulin leichter Luftblasen bilden, wenn die Pen-Nadel auf die Patrone aufgeschraubt wird.
Bereits angebrochenes Insulin kann zwischen 4 und 6 Wochen verwendet werden, genaue Informationen dazu können im Beipackzettel des jeweiligen Präparats nachgelesen werden. Quellen:
- https://www.diabetiker.info/schutz_vor_kaelte/
- https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/diabetes/blutzucker/insulin-bei-kaelte-richtig-lagern-1029565.html
- https://www.embl.org/ells/wp-content/uploads/2015/01/insulin_germ.pdf
- https://de.khanacademy.org/science/biology/macromolecules/proteins-and-amino-acids/a/orders-of-protein-structure
- https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-502011/sensibel-und-stressanfaellig/
- Kirchner W.: Arzneiformen richtig anwenden, Deutscher Apotheker Verlage, 4. Auflage, Stuttgart 2016.