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Bei Bluthochdruck: Weniger Epilepsie unter Sartanen

Mann hält Tabletten in der Hand, Blutdruckmessgerät liegt auf dem Tisch
Bei Bluthochdruck kommen häufig Sartane (AT1-Rezeptorantagonist) zum Einsatz. | Bild: anatoliycherkas / AdobeStock

Epilepsie kann durch Hirnverletzungen, wie zum Beispiel einen Schlaganfall, verursacht werden. Eine arterielle Hypertonie ist eine Komorbidität, die mit dem Auftreten von Epilepsie in Verbindung gebracht wird – wobei das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System als zentral vermittelnder Signalweg zu fungieren scheint –, auch wenn die Ursachen einer Epilepsie heterogen sind. 

Könnten Blutdrucksenker das Risiko für eine Epilepsie senken?

Zur Erinnerung: Was ist das Renin-Angiotensin-System?

Das Renin-Angiotensin-System, auch bekannt als Renin-Angiotensin-Aldosteron-System kurz RAAS –, ist ein Regelkreis aus verschiedenen Hormonen und Enzymen. Es reguliert den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt des Körpers und wirkt damit entscheidend auf den Blutdruck. 

Als Renin-Angiotensin-Hemmstoffe (kurz RAS-Hemmer) bezeichnet man blutdrucksenkende Arzneimittel der Wirkstoffklassen ACE-Hemmer (z. B. Enalapril, Ramipril), AT1-Antagonisten (kurz Sartane, z. B. Candesartan oder Valsartan) und Renininhibitoren (z. B. Aliskiren). /vs

Studie in 2022 untersuchte bereits Sartane bei Bluthochdruck-Patienten mit Epilepsie

In der Tat konnten unter anderem Wissenschaftler vom Zentralklinikum Bremen in Zusammenarbeit mit IQVIA bereits 2022 in einer KohortenstudieJAMA Neurology: „Association Between Angiotensin Receptor Blocker Therapy and Incidence of Epilepsy in Patients With Hypertension“  mit 168.612 erwachsenen Bluthochdruck-Patienten Hinweise finden, dass bei Patienten mit Hypertonie unter Therapie mit Sartanen (Angiotensin-II-Rezeptorblocker) signifikant seltener eine Epilepsie auftrat. 

Am häufigsten beobachteten die Forschenden damals eine Epilepsie bei Bluthochdruck-Patienten, die 

  • Betablocker oder
  • Calciumkanalblocker

erhalten hatten. 

Dies war lediglich eine Beobachtung, die Studie bewies nicht, dass Sartane ursächlich für weniger Epilepsie bei Hypertonikern verantwortlich zeichnen.

Erneut: Sartane mit weniger Epilepsie assoziiert

Nun stützen neue Daten, veröffentlicht im Fachjournal „JAMA Neurology“JAMA Neurology: „Angiotensin Receptor Blockers for Hypertension and Risk of Epilepsy“ , an über zwei Millionen Hypertonikern aus den Vereinigten Staaten diese frühere Beobachtung: 2.261.964 Bluthochdruckpatienten – mittleres Alter 61,7 Jahre, 49,5 Prozent weiblich – nahmen 

  • ein Sartan, 
  • einen ACE-Hemmer, 
  • einen Betablocker oder 
  • Calciumkanalblocker 

zur Blutdruckkontrolle ein. Die Wissenschaftler von der Hochschule für Pharmazie (Universität Rhode Island), der Brown University und der Stanford University (USA) beobachteten ein signifikant – das heißt: nicht allein durch Zufall erklärbar – selteneres Auftreten von Epilepsie bei Hypertonikern unter Sartanen verglichen mit den Bluthochdruck-Patienten, die einen ACE-Hemmer oder einen Betablocker angewendet hatten. 

Im Vergleich zu den Patienten unter Calciumkanalblockern war das Risiko jedoch nicht signifikant kleiner. 

Bei den Sartanen fiel vor allem Losartan auf: Losartan erwies sich als einziger Wirkstoff innerhalb der Sartangruppe, unter dem eine durchgängig niedrige Epilepsie-Inzidenz auftrat.

Gut zu wissen: Wie „schützt“ Losartan vor einer Epilepsie?

In Tierstudien konnte bereits gezeigt werden, dass die antiepileptische Wirkung von Losartan auf die „Unterdrückung der Albumin-induzierten-transforming-Growth-Factor-β-Signalkaskade zurückzuführen ist“, erklären die Autoren der im Fachjournal „JAMA Neurology“JAMA Neurology: „Angiotensin Receptor Blockers for Hypertension and Risk of Epilepsy“  veröffentlichten Studie. Dadurch werde die Astrozytenaktivierung reduziert und verhindert, dass die Blut-Hirn-Schranke permeabel werde. 

Astrozyten zählen zu den Gliazellen, die im Zentralnervensystem (ZNS) das Nervengewebe stützen und die Blut-Hirn-Schranke mit bilden. Charakteristisch sind ihre langen Zellfortsätze, die wie Strahlen aussehen, und denen die Astrozyten auch ihren Namen verdanken.

Weitere Untersuchungen sind notwendig

Nach Subgruppen – Alter, Geschlecht, kardiovaskuläre Erkrankung oder Schlaganfall in der Anamnese – ausgewertet, konnten die Wissenschaftler keine Unterschiede zwischen der Einnahme von Sartanen und der Epilepsieinzidenz herausfinden. Damit scheinen nicht bestimmte Hypertoniepatienten besonders von Sartanen zu profitieren. 

Eine Ausnahme gab es jedoch: Frauen mit Sartanen hatten verglichen mit weiblichen ACE-Hemmer-Anwenderinnen ein um 34 Prozent niedrigeres Risiko für eine Epilepsie. Dennoch sind weitere klinische Studien erforderlich, die das möglicherweise antiepileptogene Potenzial von blutdrucksenkenden Arzneimitteln aus der Gruppe der Sartane bestätigen.