Aktuelles

In der Apotheke werden PTA mit den unterschiedlichsten Themen konfrontiert. Lesen Sie hier die tagesaktuellen News aus den Bereichen Pharmazie, Forschung, Ernährung, Gesundheit und vielem mehr. Bleiben Sie informiert, um Ihre Kunden stets kompetent zu beraten.

4 min merken gemerkt Artikel drucken

Bei Bluthochdruck: Weniger Epilepsie unter Sartanen

Mann hält Tabletten in der Hand, Blutdruckmessgerät liegt auf dem Tisch
Bei Bluthochdruck kommen häufig Sartane (AT1-Rezeptorantagonist) zum Einsatz. | Bild: anatoliycherkas / AdobeStock

Epilepsie kann durch Hirnverletzungen, wie zum Beispiel einen Schlaganfall, verursacht werden. Eine arterielle Hypertonie ist eine Komorbidität, die mit dem Auftreten von Epilepsie in Verbindung gebracht wird – wobei das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System als zentral vermittelnder Signalweg zu fungieren scheint –, auch wenn die Ursachen einer Epilepsie heterogen sind. 

Könnten Blutdrucksenker das Risiko für eine Epilepsie senken?

Zur Erinnerung: Was ist das Renin-Angiotensin-System?

Das Renin-Angiotensin-System, auch bekannt als Renin-Angiotensin-Aldosteron-System kurz RAAS –, ist ein Regelkreis aus verschiedenen Hormonen und Enzymen. Es reguliert den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt des Körpers und wirkt damit entscheidend auf den Blutdruck. 

Als Renin-Angiotensin-Hemmstoffe (kurz RAS-Hemmer) bezeichnet man blutdrucksenkende Arzneimittel der Wirkstoffklassen ACE-Hemmer (z. B. Enalapril, Ramipril), AT1-Antagonisten (kurz Sartane, z. B. Candesartan oder Valsartan) und Renininhibitoren (z. B. Aliskiren). /vs

Studie in 2022 untersuchte bereits Sartane bei Bluthochdruck-Patienten mit Epilepsie

In der Tat konnten unter anderem Wissenschaftler vom Zentralklinikum Bremen in Zusammenarbeit mit IQVIA bereits 2022 in einer KohortenstudieJAMA Neurology: „Association Between Angiotensin Receptor Blocker Therapy and Incidence of Epilepsy in Patients With Hypertension“  mit 168.612 erwachsenen Bluthochdruck-Patienten Hinweise finden, dass bei Patienten mit Hypertonie unter Therapie mit Sartanen (Angiotensin-II-Rezeptorblocker) signifikant seltener eine Epilepsie auftrat. 

Am häufigsten beobachteten die Forschenden damals eine Epilepsie bei Bluthochdruck-Patienten, die 

  • Betablocker oder
  • Calciumkanalblocker

erhalten hatten. 

Dies war lediglich eine Beobachtung, die Studie bewies nicht, dass Sartane ursächlich für weniger Epilepsie bei Hypertonikern verantwortlich zeichnen.

Erneut: Sartane mit weniger Epilepsie assoziiert

Nun stützen neue Daten, veröffentlicht im Fachjournal „JAMA Neurology“JAMA Neurology: „Angiotensin Receptor Blockers for Hypertension and Risk of Epilepsy“ , an über zwei Millionen Hypertonikern aus den Vereinigten Staaten diese frühere Beobachtung: 2.261.964 Bluthochdruckpatienten – mittleres Alter 61,7 Jahre, 49,5 Prozent weiblich – nahmen 

  • ein Sartan, 
  • einen ACE-Hemmer, 
  • einen Betablocker oder 
  • Calciumkanalblocker 

zur Blutdruckkontrolle ein. Die Wissenschaftler von der Hochschule für Pharmazie (Universität Rhode Island), der Brown University und der Stanford University (USA) beobachteten ein signifikant – das heißt: nicht allein durch Zufall erklärbar – selteneres Auftreten von Epilepsie bei Hypertonikern unter Sartanen verglichen mit den Bluthochdruck-Patienten, die einen ACE-Hemmer oder einen Betablocker angewendet hatten. 

Im Vergleich zu den Patienten unter Calciumkanalblockern war das Risiko jedoch nicht signifikant kleiner. 

Bei den Sartanen fiel vor allem Losartan auf: Losartan erwies sich als einziger Wirkstoff innerhalb der Sartangruppe, unter dem eine durchgängig niedrige Epilepsie-Inzidenz auftrat.

Gut zu wissen: Wie „schützt“ Losartan vor einer Epilepsie?

In Tierstudien konnte bereits gezeigt werden, dass die antiepileptische Wirkung von Losartan auf die „Unterdrückung der Albumin-induzierten-transforming-Growth-Factor-β-Signalkaskade zurückzuführen ist“, erklären die Autoren der im Fachjournal „JAMA Neurology“JAMA Neurology: „Angiotensin Receptor Blockers for Hypertension and Risk of Epilepsy“  veröffentlichten Studie. Dadurch werde die Astrozytenaktivierung reduziert und verhindert, dass die Blut-Hirn-Schranke permeabel werde. 

Astrozyten zählen zu den Gliazellen, die im Zentralnervensystem (ZNS) das Nervengewebe stützen und die Blut-Hirn-Schranke mit bilden. Charakteristisch sind ihre langen Zellfortsätze, die wie Strahlen aussehen, und denen die Astrozyten auch ihren Namen verdanken.

Weitere Untersuchungen sind notwendig

Nach Subgruppen – Alter, Geschlecht, kardiovaskuläre Erkrankung oder Schlaganfall in der Anamnese – ausgewertet, konnten die Wissenschaftler keine Unterschiede zwischen der Einnahme von Sartanen und der Epilepsieinzidenz herausfinden. Damit scheinen nicht bestimmte Hypertoniepatienten besonders von Sartanen zu profitieren. 

Eine Ausnahme gab es jedoch: Frauen mit Sartanen hatten verglichen mit weiblichen ACE-Hemmer-Anwenderinnen ein um 34 Prozent niedrigeres Risiko für eine Epilepsie. Dennoch sind weitere klinische Studien erforderlich, die das möglicherweise antiepileptogene Potenzial von blutdrucksenkenden Arzneimitteln aus der Gruppe der Sartane bestätigen.