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HPV-Impfungen in Deutschland zu gering

Impfstoffflasche gegen HPV, Spritze liegt dahinter
Humane Papillomaviren können die Haut und Schleimhäute infizieren und dort – je nach Subtyp – zu einer ungefährlichen Warzenbildung führen oder bösartige Veränderungen wie Tumoren hervorrufen. | Bild: Sherry Young / AdobeStock

Humane Papillomaviren (HPV) gehören weltweit zu den häufigsten sexuell übertragenen Infektionen. Fast jeder sexuell aktive Mensch infiziert sich nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) mindestens einmal im Leben damit. 

Je nach Virustyp – insgesamt gibt es 200 verschiedene – kann eine Infektion ohne Folgen bleiben. Meistens merken Menschen dann nicht, dass sie infiziert sind, und die Infektion verschwindet wieder.  

In seltenen Fällen kann eine HPV-Infektion jedoch Krebs auslösen. Dazu gehören vor allem Gebärmutterhalskrebs, aber auch Peniskrebs, Analkrebs und Krebs im Mund-Rachen-Bereich. Laut RKI wird weltweit etwa die Hälfte aller infektionsbedingten Krebserkrankungen durch HPV verursacht.

Schutz vor HPV durch Impfung

Die gute Nachricht ist: Es gibt eine Impfung, die laut RKI zu fast 100 Prozent vor bestimmten HPV-Typen schützt. Allerdings nutzen die Vakzine zu wenig Menschen. 

Nachdem kürzlich bereits die Barmer Krankenkasse über unbefriedigende HPV-Impfquoten berichtet hat, legt das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) nach – und verzeichnet anhand vertragsärztlicher Abrechnungsdaten noch mehr Luft nach oben: 

Unter den 14-Jährigen (Jahrgang 2009) ist nur die Hälfte (49,5 Prozent) aller Mädchen und ein Drittel (30,6 Prozent) der Jungen vollständig gegen Humane Papillomviren (HPV) geimpft. Mindestens eine Impfung haben laut Zi-Report von vergangener Woche 62,4 Prozent der Mädchen und 42,2 Prozent der Jungen des Jahrgangs 2009 erhalten. 

In früheren Jahrgängen (2003 bis 2007) sehe man noch eine allmähliche Zunahme der Quote vollständig geimpfter 14-jähriger Mädchen, heißt es weiter. Bei den 14-jährigen Mädchen der Jahrgänge 2008 und 2009 zeigen die GKV-Abrechnungsdaten jedoch „keine weitere Steigerung des vollständigen Impfstatus“ mehr. 

Eine HPV-Impfung für Jungen zwischen neun und 14 Jahren wird erst seit 2018 empfohlen. Nennenswerte Impfquoten zeigen sich daher erst ab dem Jahrgang 2005. Bei den Jungen nehme die Impfquote seitdem kontinuierlich zu, erreiche „aber noch nicht das Niveau der Impfquote bei Mädchen“.

Zur Erinnerung: STIKO-Empfehlung zur HPV-Impfung

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die HPV-Impfung seit 2007 für Mädchen und seit 2018 auch für Jungen im Alter von neun bis 14 Jahren

Für einen Schutz sind zwei Impfungen im Abstand von mindestens fünf Monaten notwendig. Eine verpasste Immunisierung sollte bis zum Alter von 17 Jahren nachgeholt werden.

Niedrige HPV-Impfquoten sind besorgniserregend

„Die geringe Impfquote ist besorgniserregend“, sagte Nobila Ouédraogo, Public-Health-Experte beim Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg.

Vor allem von 2021 auf 2022 hat die Impfaktivität nachgelassen. Das könne unter anderem mit einem Rückgang der Arztbesuche während der Corona-Pandemie zusammenhängen. 

Weitere Erklärungsmöglichkeiten seien mangelnde Aufklärung, eine allgemeine Impfmüdigkeit und das Fehlen von Schulimpfprogrammen.

Auch gehöre das Virus nach wie vor zu den eher unbekannten Erregern, sagte Zi-Vorsitzender Dominik von Stillfried. „Leider sind daher noch immer viel zu wenige Mädchen und Jungen gegen dieses Virus geimpft.“ 

Der Europäische Plan zur Krebsbekämpfung gibt das Ziel vor, bis 2030 bei den Mädchen eine HPV-Impfquote von 90 Prozent zu erreichen und deutlich mehr Jungen zu impfen. Mit lediglich 50 Prozent liegt Deutschland hier deutlich unter der Zielmarke.

Gut zu wissen: Unterscheidung der HPV-Typen und Früherkennung

HP-Viren werden nach Angaben des DKFZ vor allem beim Sex übertragen. Sowohl Frauen als auch Männer können sich infizieren. Je nach HPV-Typ können später unterschiedliche Symptome auftreten. 

Sogenannte Niedrigrisiko-HPV-Typen können zu Hautwarzen an Gesicht, Füßen oder Händen sowie zu Genitalwarzen führen, die zwar eher harmlos, aber zum Teil schmerzhaft sind.

Hochrisiko-HPV-Typen können zu bösartigen Veränderungen wie Krebs führen und verursachen anfangs keine Symptome. Schätzungen zufolge erkranken in Deutschland jährlich etwa 7.700 Menschen aufgrund einer HPV-Infektion an Krebs, wie das DKFZ informiert. 

Für Frauen ab 35 Jahren ist ein HPV-Test daher seit einigen Jahren Teil des Früherkennungsprogramms für Gebärmutterhalskrebs. Frauen zwischen 20 und 34 Jahren erhalten beim Frauenarzt einen Abstrich am Gebärmutterhals, um mögliche Zellveränderungen aufzuspüren. 

Bevor es ein Früherkennungsangebot in Deutschland gab, war das Zervixkarzinom – ein bösartiger Tumor des Gebärmutterhalses – demnach die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Inzwischen sei es wesentlich seltener geworden.

Kondome bieten keinen zuverlässigen Schutz vor HPV

Nach Angaben des DKFZ bieten Kondome keinen absolut zuverlässigen Schutz gegen HPV, daher sei die Impfung am sichersten. Dass diese bereits ab einem Alter von neun Jahren verabreicht werden kann, sei Eltern zum Teil schwer zu vermitteln, sagt die Sprecherin des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ), Tanja Brunnert.  

„Wenn wir das Wort sexuell übertragbare Erkrankungen in den Mund nehmen, ist manchmal eine unheimlich große Hemmung und auch Scham da“, erklärt Brunnert. „Es gibt viele Eltern, die sagen, das muss man doch nicht mit neun machen, das können wir ja so mit zwölf, dreizehn machen.“ Für Brunnert ist das einer der Gründe für die niedrige Impfquote. Dabei sprechen Kinder ihren Angaben zufolge sehr gut auf die Impfung an, wenn sie noch sehr jung sind.

Trotzdem stünden viele Eltern der Impfung sehr kritisch gegenüber. Als der Impfstoff zugelassen wurde, gab es laut Brunnert viele kritische Stimmen, auch aus Fachkreisen. „Das hängt uns tatsächlich nach wie vor nach, obwohl wir um die gute Verträglichkeit und Wirksamkeit der Impfung wissen.“ Umso wichtiger sei, dass Kinderärzte gute Aufklärung betreiben. Und auch wenn das im stressigen Arbeitsalltag nicht immer einfach sei: Jeder Termin müsse genutzt werden, um den Impfstatus zu kontrollieren. Quelle: dpa / Ärztezeitung / vs