Lecanemab: Keine EU-Zulassung für Alzheimer-Antikörper
Nachdem der Humanarzneimittelausschuss der EMA (CHMP) aufgrund von widersprüchlichen Studienergebnissen und Sicherheitsbedenken (Hirnschwellungen und Blutungen) Ende 2021 in Europa von einer Zulassungsempfehlung für den Anti-Amyloid-Antikörper Aducanumab (Aduhelm™) abgesehen hatte, ruhten die Hoffnungen für einen Fortschritt in der Alzheimer-Behandlung auf einer möglichen Zulassung von Lecanemab (Leqembi™).
Positive Phase-III-Ergebnisse Anfang 2023 machten Hoffnung auf eine Zulassung des Antikörpers, der wie Aducanumab die Ablagerung von Beta-Amyloid im Zentralnervensystem (ZNS) verhindern soll. Doch nun hat sich jüngst der CHMPEMA: "Meeting highlights from the Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) 22-25 July 2024" auch gegen die Zulassung von Lecanemab (Leqembi™) ausgesprochen.
Lecanemab: Erhöhtes Risiko von Schwellungen und Blutungen im Gehirn
Die Risiken von Lecanemab sollen den geringen Nutzen des Antikörpers überwiegen – wieder ging es dabei um Schwellungen und Blutungen im Gehirn, sogenannte ARIA (amyloid-related imaging abnormalities = amyloidbedingte bildgebende Anomalien).
Dabei hebt der CHMP hervor, dass das ARIA-RisikoQuelle: European Medicines Agency: "Leqembi" ausgerechnet bei Personen, mit zwei Kopien des Gens für Apolipoprotein E4 erhöht ist, die wahrscheinlich für eine Behandlung mit Lecanemab infrage gekommen wären.
Lecanemab-Anbieter Eisai kann nun noch eine erneute Prüfung der Zulassung beantragen.
DGN: Befürchtung einer Zwei-Klassen-Medizin
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) bedauert in einer Stellungnahme, dass in Europa für Lecanemab keine Empfehlung zur Zulassung erteilt wurde. Zwar betont auch die DGN, dass eine Lecanemab-Therapie Alzheimer nicht heilen oder zum Stillstand bringen kann, sondern lediglich das Fortschreiten der Erkrankung bei Betroffenen im Alzheimer-Frühstadium verlangsamen kann.
Zudem gebe es viele praktische Limitationen der Therapie wie „ein sehr frühes Zeitfenster für die Therapieinitiierung, mangelnde Refinanzierung der erforderlichen Frühdiagnostik, fehlende Versorgungsstrukturen, Nebenwirkungen“.
Die Fachgesellschaft befürchtet aber nun, dass, wer es sich leisten könne, Lecanemab über internationale Apotheken beziehen werde und so eine Zwei-Klassen-Medizin gefördert wird.
USA: Dritter Antikörper gegen Alzheimer zugelassen
In den USA wurde mit Donanemab (Kisunla) währenddessen bereits der dritte Alzheimer-Antikörper zugelassen – nach Aducanumab und Lecanemab. Aducanumab (Aduhelm) wird in den USA allerdings nicht mehr vermarktet.
Auch bei Donanemab wird in den Fachinformationen vor dem ARIA-Risiko gewarnt. Bei der EMA soll bereits ein Zulassungsantrag für Donanemab von Eli Lilly gestellt worden sein.