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Probiotische Vaginalia: Welche sind weiterhin verkehrsfähig?

Vaginale Darreichungsformen; Zäpfchen, Kapseln und Ovula
Durch die Anwendung von probiotischen Vaginalkapseln oder -zäpfchen können die physiologischen Verhältnisse in der Scheide wiederhergestellt werden, die durch Keime aus dem Gleichgewicht geraten sind. | Bild: Alena Kos / AdobeStock

Probiotika mit Milchsäurebakterien dürfen ab Ende Mai nicht mehr als Medizinprodukte in den Verkehr gebracht werden. Denn in einer EU-Verordnung zu Medizinprodukten heißt es dazu, dass diese Verordnung nicht gültig ist für Präparate mit „lebensfähigen biologischen Substanzen oder lebensfähigen Organismen, einschließlich lebender Mikroorganismen, Bakterien, Pilzen oder Viren“.

Probiotische Vaginalia enthalten lebensfähige Bakterien und gehören daher laut dieser Verordnung ab dem 27. Mai 2024 nicht mehr zu den Medizinprodukten. Um weiterhin verkehrsfähig zu bleiben, ist daher eine Zulassung als Arzneimittel nötig.

Zur Erinnerung: Was sind Medizinprodukte?

Bei Medizinprodukten handelt es sich um Produkte mit einer medizinischen Zweckbestimmung, die vom Hersteller für die Anwendung beim Menschen bestimmt sind. Obwohl sich die Anwendung in vielen Fällen ähnelt, gibt es zwischen Arzneimitteln und Medizinprodukten eine klare Abgrenzung.  

Anders als bei Arzneimitteln, die pharmakologisch, immunologisch oder metabolisch wirken, wird die bestimmungsgemäße Hauptwirkung bei Medizinprodukten primär auf physikalischem Weg erreicht.

Medizinprodukte können sein:

  • Hilfsmittel (z. B. Blutzuckermessgeräte)
  • Medizinprodukte mit Arzneicharakter (z. B. NaCl-Nasensprays, Anlage V der Arzneimittel-Richtlinie)
  • Verbandmittel (z. B. Verbandstoffe, Pflaster und auch einige Wundgele, z. B. Draco Wundgel)
  • Teststreifen (z. B. Blutzuckerteststreifen) /vk

Wie sieht es bei den einzelnen Vaginalia mit Milchsäurebakterien aus?

Als bisher einziges Produkt auf dem Markt mit einer Zulassung als Arzneimittel gelten die Vaginalkapseln Vagisan® ProbioFlora der Firma Dr. August Wolff GmbH & Co. KG Arzneimittel. Das Produkt hat bereits im Sommer 2022 eine Zulassung als Arzneimittel vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erhalten. Damals erfolgte auch eine Umbenennung der damaligen Vagisan Milchsäure-Bakterien Vaginalkapseln in den jetzigen Namen. 

Weiter vertrieben werden dürfen auch Vagiflor® Vaginalzäpfchen. Für dieses Medizinprodukt konnte die Firma Sanavita eine Übergangsfrist bis Ende 2028 erreichen. 

Wie es bei den Döderlein Vaginalkapseln längerfristig weitergeht, ist bisher nicht bekannt. Laut Hersteller GlaxoSmithKline können die Kapseln bis zum Ende ihrer jeweiligen Haltbarkeit abverkauft werden. Auch bei den anderen Produkten mit probiotischen Mikroorganismen bleibt abzuwarten, was konkret aus ihnen wird.

Vergleich verschiedener probiotischer Vaginalia, die auch weiterhin verkehrsfähig sindStand 06.05.2024 :

PräparatProduktstatusZusammensetzungLagerung
Vagisan® ProbioFlora Milchsäure-BakterienArzneimittel

1 Hartkapsel zur vaginalen Anwendung enthält:  

Mindestens 108 KBE (Koloniebildende Einheiten) Lactobacillus gasseri und 108 KBE Lactobacillus rhamnosus

Nicht über 25 °C lagern.
Vagiflor® VaginalzäpfchenMedizinprodukt (verkehrsfähig bis Ende 2028)

1 Vaginalzäpfchen enthält:  

Lactobacillus acidophilus mit einem Gehalt von > 107 lebensfähigen Keimen/g

Im Kühlschrank bei 2 bis 8 °C. Während der Anwendung ist eine Aufbewahrung bei Raumtemperatur möglich.
Döderlein VaginalkapselnMedizinprodukt (Abverkauf bis zum Ende der Haltbarkeit möglich)

1 Vaginalkapsel enthält:

Lebensfähige, gefriergetrocknete Kulturen von Lactobacillus gasseri mit 2 x 108 bis 2 x 109 KBE

Nicht über 20 °C lagern.

Was versteht man unter einer gesunden Scheidenflora?

Um Keime erfolgreich abzuwehren, ist eine intakte Vaginalflora äußerst wichtig. Einen entscheidenden Anteil daran haben Milchsäurebakterien. Diese sogenannten Laktobazillen besiedeln die Vaginalschleimhaut und sorgen für einen pH-Wert im Bereich um pH 4. 

Dieses leicht saure Milieu schützt vor dem Befall von Krankheitserregern. Vor allem nach einer Behandlung mit Antibiotika, aber auch bei einem Östrogenmangel, falscher Intimhygiene und während einer Schwangerschaft kann dieses Gleichgewicht der gesunden Vaginalflora gestört sein. 

Folglich werden die Milchsäurebakterien von anderen Bakterien verdrängt, der Bereich des vaginalen pH-Werts steigt an und wird für Keime anfälliger. Daraus können sich dann Entzündungen und Infektionen in der Scheide entwickeln, die sich durch typische Beschwerden wie Juckreiz, Brennen oder veränderten Ausfluss bemerkbar machen.

Was können probiotische Vaginalia bewirken?

Probiotische Vaginalkapseln oder -zäpfchen enthalten verschiedene lebende Lactobacillus-Stämme. Durch ihre Anwendung können die physiologischen Verhältnisse in der Scheide wiederhergestellt werden. 

Die Milchsäurebakterien vermehren sich in der Scheidenflüssigkeit und verdrängen somit andere Bakterien. Zudem bilden probiotische Vaginalia beim Abbau von Kohlenhydraten als Endprodukt Milchsäure und sorgen so für eine Absenkung des pH-Wertes. 

Durch diese Anreicherung mit Laktobazillen wird folglich das vaginale Abwehrsystem wieder gestärkt und vor Keimen geschützt.

Wie werden probiotische Vaginalia angewendet?

Die Präparate werden üblicherweise einmal täglich am Abend vor dem Schlafengehen appliziert. Dazu wird, nach gründlichem Waschen der Hände, eine Kapsel oder ein Zäpfchen tief in die Scheide eingeführt. Nach dem Auflösen werden die enthaltenen Laktobazillen freigesetzt. 

Nach einer Behandlung mit Antibiotika erfolgt die Anwendung meist über sechs bis acht Tage. Zur Aufrechterhaltung einer normalen Vaginalflora bei häufigen Scheideninfektionen sollten die probiotischen Vaginalia meist direkt nach der Monatsblutung für vier bis sechs Tage angewendet werden. 

Grundsätzlich muss eine Anwendung in der Schwangerschaft zuerst mit dem behandelnden Gynäkologen besprochen werden.

Und was ist mit Milchsäure-Zäpfchen?

Neben den vorgestellten Präparaten mit lebenden Milchsäurebakterien gibt es auch Vaginalzäpfchen, die ein Gemisch aus Milchsäure und Natriumlactat enthalten (z. B. Vagisan® Milchsäure). Da diese keine lebenden Organismen enthalten, gehören sie weiterhin zu den Medizinprodukten. 

Die Präparate sind dann sinnvoll, wenn in der Vagina noch ausreichend Milchsäurebakterien vorhanden sind und diese durch Ansäuerung unterstützt werden sollen. Quellen:
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2024/04/17/was-passiert-mit-doederlein-kijimea-und-co
- https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32017R0745
- https://www.vagisan.com
- https://vagiflor.de/produkte/vaginalzaepfchen/