Zum internationalen Männertag am 19. November: Prostata: Wie sinkt das Krebsrisiko?
An der Swedish School of Sport and Health Sciences (GIH) in Stockholm untersuchten Dr. Kate A Bolam und ihr Team, wie sich die kardiorespiratorische Fitness (cardiorespiratory fitness, kurz CRF) auf die Inzidenz und die Mortalität von Prostatakarzinomen (PCa) auswirkt.
Sind Männer mit einer guten Fitness also weniger gefährdet ein Prostatakarzinom zu entwickeln als Sportmuffel?
Kardiorespiratorische Fitness beeinflusst Krebsentstehung
Bekannt ist, dass sich eine gesteigerte CRF positiv auf das Entzündungsgeschehen im Körper auswirkt. Ein kausaler Zusammenhang zwischen chronischen Entzündungsprozessen und Krebsentstehung ist ebenso gut untersucht und belegt.
Bei verschiedenen Krebsarten wurde bisher in mehreren Studien festgestellt, dass deren Auftreten invers mit einer guten CRF verknüpft ist. Sprich: Wer Herz und Lunge fit hält, hat ein geringeres Risiko, an Krebs zu erkranken.
Bei Prostatakarzinomen gab es dazu bisher eine widersprüchliche Studienlage. Bolam und ihr Team fügten entscheidende Parameter in ihr Studiendesign ein, die für Klarheit sorgen.
Gut zu wissen: Was ist CRF?
Die kardiorespiratorische Fitness (CRF) beschreibt die Fähigkeit des Herz-Kreislauf- und des Atmungssystems, den Mitochondrien der Skelettmuskulatur ausreichend Sauerstoff zur Verfügung zu stellen, damit diese bei sportlicher Betätigung die benötigte Energie erzeugen können.
Die kardiorespiratorische Fitness kann durch regelmäßige körperliche Betätigung und Sport gesteigert werden.
Um die CRF zu ermitteln, wird die maximale Sauerstoffaufnahme, die bei größtmöglicher körperlicher Anstrengung aufgenommen werden kann, (VO2max) gemessen. Dies erfolgt z. B. durch Spiroergometrie unter Belastung.
Die absolute VO2max (ml/min) bezieht die körperliche Statur nicht mit ein, deshalb ist es besser, die relative maximale Sauerstoffaufnahme pro Kilogramm Körpergewicht (ml/min)/kg) zu bestimmen.
Prospektive Kohortenstudie mit schwedischen Männern
In die prospektive Beobachtungsstudie wurden insgesamt 57.562 schwedische Männer einbezogen, die sich als Arbeitnehmer einer jährlichen arbeitsmedizinischen Untersuchung unterziehen mussten.
Zu dieser Untersuchung gehörte unter anderem die Bestimmung der VO2max durch ein Fahrradergometer als Indikator für die kardiorespiratorische Fitness der Männer. Die Daten wurden den Forschenden durch das Health Profile Institute (HPI, Stockholm Sweden) zur Verfügung gestellt.
Die Besonderheit bei dieser Studie: Es wurden ausschließlich Männer berücksichtigt, die mindestens zwei Fitnesstests auf diese Weise in einer gewissen Zeit absolviert hatten. Dadurch wurde das Augenmerk vor allem auf die Veränderung und Entwicklung der Fitness im Verlauf des Beobachtungszeitraums (durchschnittlich circa sieben Jahre) gelegt.
Einteilung der Teilnehmer anhand der CRF
Die Teilnehmer wurden anhand ihrer beiden Testergebnisse in drei Gruppen aufgeteilt: Hatte sich die absolute CRF pro Jahr um mehr als 3 % erhöht, ist sie um mehr als 3 % gesunken oder ist sie stabil geblieben (± 3 %).
Ebenso berücksichtigt wurden der Ausgangswert der kardiorespiratorischen Fitness beim ersten Test (niedrige CRF (< 32,4 mL/kg/min), mittelmäßige CRF von (32,4–40,7 mL/kg/min), starke CRF (> 40,7 mL/kg/min)) und Kofaktoren wie Alter, Raucherstatus, BMI, Lebensstil sowie Körpergröße und -gewicht.
Ob, wann und wie viele der Studienteilnehmer im Studienzeitraum ein Prostatakarzinom entwickelten, wurde über die schwedischen Gesundheitsregister ermittelt: 592, also gut 1 % der Teilnehmer, erhielten im Laufe der Studie die Diagnose Prostatakrebs, 46 Männer (0,08 %) starben daran.
Herz-Lungen-Fitness steigern für geringeres Krebsrisiko
Die Forschenden konnten zeigen, dass der größte Effekt bei den Männern auftrat, die ihre CRF um mehr als 3 % gesteigert hatten. Ihr Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken, war im Vergleich zu Teilnehmern mit einer gesunkenen CRF um 35 % erniedrigt (Hazard Ratio 0.65, 95 %-CI 0.49–0.86) und damit statistisch signifikant.
Beurteilt nach der CRF bei der ersten Untersuchung, wurde lediglich in der Gruppe der Männer mit zunächst mittelmäßiger CRF und danach verbesserter CRF ein signifikant verringertes Risiko für die Entwicklung eines Prostatakarzinoms festgestellt (Hazard Ratio 0.85, 95 %-CI 0.75–0.96).
Die Tendenz, dass die kardiorespiratorische Fitness einen günstigen Einfluss auf die Krebsentstehung hat, war zwar in allen Gruppen zu erkennen, eine signifikante Risikoreduktion entsteht aber vor allem bei einer Steigerung der CRF.
Wer also aktiv an seiner Herz-Lungen-Fitness arbeitet, profitiert demnach – hier in Bezug auf Prostatakrebs – am meisten davon. Jedoch konnte dieser günstige Einfluss nicht auf die Mortalität reproduziert werden. Nach Diagnosestellung war der Verlauf und ggf. tödliche Ausgang der Erkrankung durch die Steigerung der CRF nicht erkennbar zu beeinflussen.
Gesunder Lebensstil für Krebsprävention wichtig
Bei aller Klarheit der Ergebnisse, die sich auch in unser jetziges Verständnis von Körper und Krankheitsentstehung einreihen, bleibt zu sagen, dass sich aus prospektiven Beobachtungsstudien keine kausalen Zusammenhänge ableiten lassen.
Genetische Voraussetzungen, die die Entstehung von Karzinomen, aber auch die Ausgangslage der kardiorespiratorischen Fitness maßgeblich beeinflussen, konnten in der Studie nicht abgebildet werden.
Und trotzdem: Die Bedeutung eines gesunden Lebensstils mit ausreichend Bewegung auch in Bezug auf die Krebsprävention wird von den Autoren um Dr. Bolam in ihrer Auswertung noch einmal hervorgehoben. Studien dieser Art sorgen auch in Zukunft für Aufklärung und sollen zur Verbesserung der körperlichen Fitness ermuntern. Quellen:
https://bjsm.bmj.com/content/early/2024/02/26/bjsports-2023-107007#ref-2
https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Sind-Herz-und-Lunge-fit-ist-das-Risiko-fuer-Prostatakrebs-geringer-446709.html
https://flexikon.doccheck.com/de/Kardiorespiratorische_Fitness
https://flexikon.doccheck.com/de/VO2max