PTAheute-Pinnwand KW 46/2023: Mehr psychische Erkrankungen und Einsamkeit
Täglich erreichen uns zahlreiche Meldungen rund um Pharmazie, Gesundheit und Apothekenmarkt. Hier finden Sie eine Übersicht über die News und Pressemeldungen der aktuellen Woche.
Bei Antibiotika-Produktion Abwasser teils stark belastet
Im Kampf gegen zunehmende Antibiotika-Resistenzen sind aus Expertensicht auch zusätzliche Vorgaben bei der Herstellung von Arzneimitteln nötig. Eine Pilotstudie habe eine enorme Belastung von Produktionsabwässern und umliegenden Gewässern mit antibiotischen Wirkstoffen in Indien und Europa gezeigt, teilte die AOK Baden-Württemberg nach einem Projekt mit dem Rheinisch-Westfälischen Institut für Wasserforschung und dem Umweltbundesamt mit.
Notwendig seien Änderungen im EU-Arzneimittelrecht mit verbindlichen Umweltkriterien für Zulassung und Produktion ausgewählter Arzneimittel und besonders von Antibiotika. Gebraucht würden auch einheitliche Kontrollsysteme.
Wenn sich multiresistente Keime über belastetes Abwasser ausbreiten könnten, sei die Wirksamkeit von Antibiotika gefährdet, erläuterten die Projektpartner. Sie stellten Ergebnisse einer 2020 gestarteten Studie zur ökologischen Nachhaltigkeit der Antibiotika-Produktion vor.
Dafür wurden den Angaben zufolge an zehn Standorten in Indien und Europa Messungen gemacht. An 40 Prozent der Produktionsstätten hätten sich teils massive Überschreitungen vertraglich zugesicherter maximaler Wirkstoffkonzentrationen im Produktionsabwasser gezeigt. Quelle: dpa / vs
Kinderuntersuchungsheft mit Stuhlfarbkarte bestellbar
Die Gelben Kinderuntersuchungshefte mit integrierter Stuhlfarbkarte bei der Früherkennungsuntersuchung U2 stehen nun zum Abruf bereit. Kliniken, Kassenärztliche Vereinigungen und Hebammenverbände können sie ab sofort über das Online-Bestellsystem auf der Website des G-BA anfordern. Vertragsärzte erhalten die für ihre Praxis benötigten Kinderuntersuchungshefte über ihre zuständige Kassenärztliche Vereinigung.
Die neue Stuhlfarbkarte ist – anders als der Name vielleicht vermuten lässt – kein herausnehmbares Produkt, sondern wird auf Seite 14 bei der Früherkennungsuntersuchung U2 abgebildet. Das Farbschema gehört zur ärztlichen Aufklärung rund um das Screening auf Gallengangverschluss, der unbehandelt zu einem tödlichen Leberversagen führen kann.
Bislang wurden Eltern bei der U2 und U3 zwar über die Erkrankung informiert, aber ein Farbmuster für zuhause gab es nicht. Das ändert sich nun. Bei einer auffällig blassen Stuhlfarbe ihres Babys können die Eltern vergleichen und sollen einen Verdacht sofort ärztlich abklären lassen. Entsprechende Hinweise sind nun in die Begleittexte zur U2 und U3 aufgenommen. Quelle: G-BA / vs
Neu ab 12/2023: Folio® 2 basic DHA
Die Folio®-Familie erhält Zuwachs: Folio® 2 basic DHA (PZN 18889706) ist ab Dezember 2023 in den Apotheken erhältlich. Das Nahrungsergänzungsmittel kombiniert in einer Hartkapsel die tägliche essenzielle Basisversorgung von Folsäure und Jod, mit L-Methylfolat und ausgewählten Vitaminen sowie Docosahexaensäure (kurz DHA) für Frauen ab der 13. Schwangerschaftswoche bis zum Ende der Stillzeit.
Die Aufnahme von DHA durch die (werdende) Mutter trägt zur normalen Entwicklung des Gehirns und der Sehkraft beim Fötus sowie beim gestillten Säugling bei.
Eine Packung enthält 90 Hartkapseln, diese sind vegan, glutenfrei sowie frei von Laktose, Fruktose, Konservierungsstoffen, Farbstoffen und Aromastoffen. Quelle: Pressemitteilung / vs
Psychische Erkrankungen bei Jugendlichen weiterhin hoch
Psychische Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen in Deutschland sind im vergangenen Jahr einer neuen Analyse zufolge auf einem hohen Niveau geblieben. Nach Anstiegen seit der Corona-Pandemie gab es 2022 im Vergleich zu 2021 zwar leichte Rückgänge in den ambulanten und stationären Behandlungszahlen, wie eine Auswertung der Krankenkasse DAK-Gesundheit unter ihren Versicherten ergab.
So erhielten 2022 elf Prozent weniger jugendliche Mädchen eine Neu-Diagnose in diesem Bereich als 2021. Bei Jungen gebe es einen Rückgang von fünf Prozent. Trotzdem seien immer noch mehr Jugendliche betroffen als vor der Corona-Pandemie – insbesondere bei den Mädchen. Hier gab es 2022 im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 ein Plus von sechs Prozent. Insgesamt wurde 2022 bei rund 110.000 jugendlichen Mädchen eine psychische Erkrankung oder Verhaltensstörung neu diagnostiziert. Den Daten zufolge leiden jugendliche Mädchen am stärksten unter Depressionen, Angststörungen und Essstörungen.
Große Unterschiede gibt es dem Bericht nach zwischen Arm und Reich: Jugendliche Mädchen aus armen Haushalten würden seltener bei psychischen Erkrankungen behandelt als Mädchen aus reichen Haushalten. So sank die Diagnose Depression bei sozial benachteiligten Mädchen 2022 nahezu wieder auf das Vor-Pandemie-Niveau. Bei Mädchen aus der Mittel- und Oberschicht gab es hingegen ein Plus von 29 und 28 Prozent. Quelle: dpa / vs
Augenmittel Eylea: Bayer erhält EU-Zulassungsempfehlung für höhere Dosierung
Bayer ist bei der erhofften EU-Zulassung einer höheren Dosierung des Augenmedikaments Eylea einen wichtigen Schritt weiter. Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) habe die 8-Milligramm-Dosierung bei zwei häufigen Netzhauterkrankungen empfohlen, teilte der Pharma- und Agrarchemiekonzern mit. Die Empfehlung ist zwar kein Zulassungsgarant, in der Regel folgt die Europäische Kommission ihr aber.
Der Zulassungsantrag basierte auf Studiendaten, die gezeigt hatten, dass Patienten mit einer neovaskulären (feuchten) altersbedingten Makuladegeneration (nAMD) sowie dem diabetischen Makulaödem (DMÖ) mit der 8-Milligramm-Dosierung auch mit größeren Abständen zwischen den Behandlungen erfolgreich therapiert werden können. Bayer spricht aktuell von verlängerten Behandlungsintervallen von bis zu fünf Monaten. Quelle: dpa / vs
Kondom löst Pille als Verhütungsmittel Nummer eins ab
Das Kondom hat in Deutschland die Pille als Verhütungsmittel Nummer eins abgelöst. Das ergab eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Köln. Mehr als die Hälfte der Befragten (53 Prozent) gab demnach an, Kondome zur Verhütung einzusetzen. Nur 38 Prozent nannten die Pille. Im Jahr 2007 war das Verhältnis noch nahezu umgekehrt: Damals verwendeten 55 Prozent die Pille und nur 36 Prozent Kondome.
Andere Verhütungsmethoden wie Spirale, Sterilisation und Kalendermethode spielen aktuell dagegen nur eine geringe Rolle. Für die repräsentative Studie hat die BZgA im August und September 1001 sexuell aktive Erwachsene zwischen 18 und 49 Jahren befragt.
Der Untersuchung zufolge nimmt eine ablehnende Haltung gegenüber hormoneller Verhütung zu. 61 Prozent der Frauen und Männer stimmen der Aussage zu, dass Verhütung mit Hormonen „negative Auswirkungen auf Körper und Seele“ hat – im Jahr 2018 stimmten dem lediglich 48 Prozent zu.
Bei der Frage nach den wichtigsten Kriterien für die Wahl des Verhütungsmittels nannten 39 Prozent der Befragten Zuverlässigkeit, 30 Prozent eine einfache Anwendung und 25 Prozent eine gute Verträglichkeit. Quelle: dpa / vs
LINDA Apotheken unterstützen schwerkranke Kinder zu Weihnachten
Besonders für Kinder ist die Weihnachtszeit eine ganz besondere im Jahr. Doch die Vorfreude auf das Fest kann trüben, wenn Sorgen diese überschatten. Rund 50.000 Kinder in Deutschland sind laut Bundesverband Kinderhospiz e. V. (BVKH) lebensverkürzend erkrankt. Weil Kinder den LINDA Apotheken besonders am Herzen liegen, kooperieren sie im Rahmen der Weihnachtskampagne 2023 zum dritten Mal in Folge mit dem BVKH.
„Gerade zur Weihnachtszeit senden wir durch unsere Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Kinderhospiz ein wichtiges Zeichen in die Gesellschaft. Mit einer Spendenaktion sowie einer Mal- und Bastelaktion für Kinder unterstützen wir zum einen die Arbeit des Verbands, sensibilisieren aber auch die Kundschaft unserer Mitgliedsapotheken für dieses Thema“ erklärt LINDA AG Vorstandssprecher Volker Karg.
Als Mal- und Bastelvorlage erhalten die Kinder eine Weihnachtskugel, die sie bunt bemalt zurück in ihre LINDA Apotheke bringen können. Dort schmückt sie zusammen mit anderen Kugeln die Schaufenster, um ein Zeichen der Solidarität für schwerkranke Kinder zu setzen. Auf der Vorlage befindet sich außerdem ein Hinweis zu einem Gewinnspiel für ein LINDANI Kinder-Überraschungspaket.
Zusätzlich werden die Eltern auf Spendenmöglichkeiten hingewiesen. Diese Spenden richten sich gezielt an wichtige Leistungen des Bundesverbands. Quelle: PM LINDA Apotheken
E-Rezepte in der Heimversorgung: Lösung für Verblisterer gefunden
Das E-Rezept schien die Verblisterung unmöglich zu machen. Durch eine Vereinbarung zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem Deutschen Apothekerverband (DAV) wurde die Übermittlung der Charge des abgegebenen Medikamentes bei der Belieferung von E-Rezepten verpflichtend (§ 2 Nr. 11 der Anlage 1 der Abrechnungsvereinbarung gemäß § 300 Absatz 3 SGB V).
Bei Muster-16-Verordnungen gab es so etwas noch nicht. Dies mag bei der „normalen“ Arzneimittelabgabe noch möglich sein, wenn die Charge beim Securpharm-Scan miterfasst wird – auch wenn sich hier ärgerliche neue Retaxgründe auftun können. Wenn jedoch für die Heimversorgung verblistert wird, gibt es praktische Grenzen. Schließlich landet eine Packung nicht 1:1 in einem patientenindividuell hergestellten Blister. Betroffene Apotheken schlagen daher seit geraumer Zeit Alarm und fordern eine Lösung.
Nach Informationen der Deutschen Apotheker Zeitung ist diese nun gefunden. Gebohrt haben offenbar vor allem die Johanniter Seniorenhäuser sowie die E-Rezept-Enthusiasten. Doch nicht GKV-Spitzenverband und DAV haben sich einvernehmlich geeinigt – das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat letztlich den Weg gewiesen. Nachdem es sich mit allen beteiligten Akteuren ausgetauscht und mögliche Lösungen ausgelotet hat, sollen DAV und GKV-Spitzenverband jetzt ihre Bereitschaft für folgenden Weg signalisiert haben:
Sie setzen die Verpflichtung zur Chargendokumentation für verifizierungspflichtige Arzneimittel, die für Heimbewohner verblistert werden, aus. Die Apotheken sollen künftig vielmehr eine Musterchargennummer angeben – dadurch wird für die Krankenkassen dokumentiert, dass es sich um eine entsprechende Verblisterung handelt. Quelle: daz.online / ks
WHO will gegen Einsamkeit als Gesundheitsrisiko vorgehen
Einsamkeit hat negative Folgen für die Gesundheit. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) untersucht nun, wie Sozialkontakte als Beitrag zu guter Gesundheit gefördert werden können. Sie setzte dazu eine Kommission ein.
Menschen ohne starke soziale Kontakte seien einem höheren Risiko von Schlaganfällen, Angststörungen, Demenz, Depressionen und Suizid ausgesetzt, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Das Risiko eines vorzeitigen Todes sei für einsame Menschen so hoch wie oder höher als das Todesrisiko durch Tabakkonsum, Fettleibigkeit oder Luftverschmutzung.
Soziale Isolation sei nicht nur ein Phänomen unter Älteren in reichen Ländern, berichtete die WHO. Menschen aller Altersstufen in vielen Ländern litten darunter, wenig Kontakt mit Freunden und Verwandten zu haben. Unter Heranwachsenden seien nach Studien weltweit 5 bis 15 Prozent betroffen, unter den älteren Menschen ein Viertel. Diese Schätzungen seien vermutlich noch zu niedrig.
Die neue Kommission soll in den kommenden drei Jahren Pläne dazu entwickeln, wie in Ländern aller Einkommensstufen Sozialkontakte gefördert werden können. Sie soll auch den Einfluss guter Sozialbindungen auf die wirtschaftliche und soziale Entwicklung von Gesellschaften untersuchen. Quelle: dpa / vs
US-Chirurgen transplantieren vollständiges Auge
Einem US-amerikanischen Chirurgenteam ist eigenen Angaben zufolge die erste vollständige Augentransplantation weltweit gelungen. Ob der Patient mit dem gespendeten Auge jemals sehen kann, ist aber noch unklar, wie das medizinische Zentrum NYU Langone Health mitteilte. Der direkte Blutfluss zur Retina, also dem Bereich, der Licht empfängt und damit Bilder an das Gehirn sendet, sei aber ein gutes Zeichen. Allgemein habe sich das Auge seit der Operation im Mai 2023 gut entwickelt.
Der 46-Jährige Patient Aaron James hatte während seiner Arbeit an einer Hochspannungsleitung durch einen Elektroschock sein gesamtes linkes Auge und Teile seines Gesichts verloren, wie das Zentrum weiter mitteilte.
Der 21-stündige Eingriff wurde den Angaben zufolge von mehr als 140 Chirurgen, Pflegekräften und anderen Gesundheitsfachleuten rund um den plastischen Chirurgen Eduardo Rodriguez vorgenommen. Möglich war die Transplantation, weil bei der Entfernung von James linkem Auge der Sehnerv so nah wie möglich am Augapfel durchtrennt wurde, wie Rodriguez erklärte. Je größer die Nervenlänge sei, desto besser stünden die Chancen auf eine spätere Transplantation, teilte das NYU Langone Health weiter mit. Quelle: dpa / vs
Verordnungen von Antibiotika nehmen zu
Verschreibungen von Antibiotika in Schleswig-Holstein haben einer Krankenkasse zufolge stark zugenommen. Im ersten Halbjahr 2023 wurden nach einer Auswertung der AOK NordWest 523.000 Rezepte über Antibiotika für die gesetzlich Krankenversicherten ausgestellt. Das seien 56,7 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2022. Auch das Niveau vor der Corona-Pandemie im ersten Halbjahr 2019 mit 509.000 Verordnungen wurde übertroffen, wie die AOK mitteilte.
„Richtig eingesetzt, kann ein Antibiotikum Leben retten. Unnötig verabreicht und unsachgemäß eingenommen, besteht jedoch die Gefahr, dass das lebenswichtige Medikament in Zukunft seine Wirkung verliert“, betonte der AOK-Vorstandsvorsitzende Tom Ackermann. Bei Kratzen im Hals, laufender Nase und leichtem Fieber seien meist Viren die Ursache.
Antibiotika wirkten aber nur gegen bakterielle Infektionen und seien unwirksam, wenn Viren Ursache einer Erkältung seien. Teetrinken und Auskurieren seien in diesen Fällen manchmal die bessere Wahl, betonte die AOK. Quelle: dpa / vs